Leserbrief

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Bürgerliche Medienberichte und offizielle Statistiken gründlich hinterfragen

Der Artikel vom letzten Dienstag* qualifiziert die Internationale Automobilausstellung (IAA) in München treffend als Riesenspektakel und beleuchtet die Hintergründe mit konkreten Zahlen. Zu letzteren hätte ich einen Hinweis:

Von fb

*Deutsche Automonopole blasen zum Angriff - auf Konkurrenz, Belegschaften und Umwelt

 

Seit Wochen geistert von Bild-Zeitung bis ARD-Tagesschau der Satz durch die Medien: „In einem Jahr wurden 51.500 Arbeitsplätze in der deutschen Automobilindustrie vernichtet.“ Nun also auch in den Rote Fahne News!

 

Dabei steckt in dem Satz nur die halbe Wahrheit, obwohl es sich um die amtlichen Zahlen des Statischen Bundesamt „destatis“ handelt. Das Amt hatte für Juni 2024 in der Automobilindustrie insgesamt 773.454 Beschäftigte gezählt, und ein Jahr später im Juni 2025 nur noch 721.808. Also tatsächlich innerhalb eines Jahres konkret 51.646 Beschäftigte weniger.

 

So weit so gut. Aber was hat das Statische Bundesamt tatsächlich gezählt? Das erfährt man, wenn man das Glossar – die Begriffserklärung - liest, die das Statistische Bundesamt zu jeder ihrer Statistiken liefern muss. So auch in diesem Fall. In einer ellenlangen Abhandlung ist detailliert aufgeführt, wer zu den Beschäftigten zählt. Unter vielen anderen zum Beispiel Monteure im Ausland, Erkrankte, Urlauber sowie Personen, die Übungen bei der Bundeswehr ableisten, Kurzarbeiter und selbst Streikende. Bedeutsam ist der letzte Satz: „Nicht zu den Beschäftigten rechnen Arbeitskräfte, die von anderen Unternehmen gegen Entgelt zur Arbeitsleistung gemäß dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz überlassen werden (Leiharbeitnehmer).“

 

Im Herbst letzten Jahres wurden im Düsseldorfer Sprinter-Werk von Mercedes Benz auf einen Schlag 1.200 Leiharbeiter gefeuert. Mit eine der aktuell größten Massenentlassungen der Automobilindustrie, das aber interessiert das Statistische Bundesamt bei seiner Zählweise überhaupt nicht. Hierin zeigt sich aber eine neue Qualität der Arbeitsplatzvernichtung in der Automobilindustrie. Gezählt werden nur noch die vernichteten sogenannten Stammarbeitsplätze. Der verlogene Mythos, Leiharbeiter würden Stammarbeitsplätze sichern, ist endgültig geplatzt.