Filmtipp

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Wer ist „Das Deutsche Volk“?

Morgen startet ein aufwühlender und sehr wichtiger Dokumentarfilm in den deutschen Kinos. So unüblich es mittlerweile ist, dass es eine Dokumentation auf die große Leinwand schafft, so wichtig ist ihr Anliegen in Zeiten von Rechtsentwicklung und Gefahr des Faschismus.

Von ffz

„Das Deutsche Volk“ des Frankfurter Regisseurs Marcin Wierzchowski beschäftigt sich mit den Folgen des faschistischen Terroranschlags vom 19. Februar 2020 in Hanau. Damals hatte der Faschist Tobias Rathjen neun junge Menschen getötet, weil er sie nicht als Deutsche ansah. Aber wer ist "das deutsche Volk"? Alle Opfer waren migrantischen Ursprungs, aber in Deutschland geboren, aufgewachsen, hatten hier ihren Lebensmittelpunkt und fühlten sich auch als Deutsche. So Vili Viorel Paun, der den Mörder mit dem Auto verfolgte und mehrfach verzweifelt versuchte, die Polizei telefonisch zu erreichen, bevor Rathjen ihn bemerkte und mit mehreren Schüssen exekutierte; oder Ferhat Unvar, der gerade seine Ausbildung als Heizungsinstallateur beendet hatte, als ihn die Kugeln des Faschisten aus dem Leben rissen.

 

In seinem widerwärtigen rassistischen „Manifest“, das der Mörder Rathjen im Internet verbreitet hatte, und das er an „das deutsche Volk“ adressierte, hetzte er, dass ganze Volksgruppen aus Deutschland auszuweisen seien, da ihre Existenz „an sich ein grundsätzlicher Fehler“ sei. Weiter schrieb er eiskalt, dass andere Völker „komplett vernichtet“ werden müssten. Er offenbarte damit seine ganze menschenfeindliche, rassistische Weltanschauung. Es gibt keine nach „Rassen“ aufgeteilten Völker, von denen einige mehr wert sind als andere. Das ist die Spaltung, die die Herrschenden wollen, um die Massen weltweit gegeneinander aufzubringen und sie von der Lösung der Probleme, der Überwindung der Teilung der Menschen in kapitalistische Unterdrücker und Unterdrückte, abzuhalten. Es gibt auf der Welt sicher Klassenschranken, aber keine Rassenschranken!


Der Film begleitet die Angehörigen der Opfer und zeigt, wie sie nicht nur den Tod ihrer Kinder verkraften müssen, sondern dass sie über viele Jahre, trotz Trauer und Ohnmacht, einen Kampf um Gerechtigkeit führen mussten. Ohne ihr Engagement hätte es keinerlei Aufklärung des Verbrechens gegeben. Die Polizei erklärte, der Mörder, der sich durch Suizid seiner Strafe entzog – weshalb es auch keinerlei Gerichtsprozess gab – sei psychisch krank gewesen, und verwischte damit seine faschistische, rassistische Gesinnung. Weiter kam heraus, dass Beamte des beteiligten Sondereinsatzkommandos Teil eines faschistischen Netzwerks waren. Nicht zuletzt darf der Vater von Tobias Rathjen, ebenfalls ein Faschist, die Eltern der Opfer bis heute öffentlich verhöhnen und belästigen. All das zeigt der Film in bedrückenden Schwarzweißbildern, die eines mehr und mehr deutlich machen: In Zeiten, in denen die herrschenden Monopole mehr und mehr auf Rechtsentwicklung setzen, in denen es eine faschistische Gefahr gibt und in der Alice Weidel, die Co-Vorsitzende der AfD, öffentlich die Remigration von Menschen fordern kann, ist es nicht mehr weit von dieser Forderung hin zum Tod dieser Menschen.

 

Ein wichtiger Film, den nicht nur jede Antifaschistin und jeder Antifaschist sowie jeder fortschrittliche Mensch gesehen haben sollte, sondern gerade diejenigen, die meinen, mit der Wahl oder Unterstützung der faschistischen AfD eine wie auch immer geartete Alternative zu wählen. Der Film macht deutlich, wohin das führen wird.

 

Ab dem 4. September in den Kinos

 

Hier geht es zu einem Interview, dass die Rote Fahne Redaktion damals mit Metin Unvar, dem Vater des getöteten Ferhat Unvar geführt hat.