Eine neue Weltunordnung
Treffen der SOZ propagiert „Gegenmodell“ zu Trumps Weltherrschaftsplänen
An Freundlichkeiten, Festbanketten und Händeschütteln mangelte es nicht. Mehr als 20 Staats- und Regierungschefs fanden sich für drei Tage in der chinesischen Hafenstadt Tjianjin zu einem Treffen der seit 2001 bestehenden Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ/engl SCO) zusammen.
Unübersehbar der rote Teppich, der für den russischen Präsidenten Vladimir Putin ausgerollt wurde. Große Aufmerksamkeit aber auch für den indischen Ministerpräsidenten Narendra Modi. Mit ihm wurden nach sieben Jahren Eiszeit gegenüber Peking gravierende Streitigkeiten beiseite geschoben. Dazu zählt der erst jüngst wieder aufgeflammte kriegerische Konflikt mit Pakistan, dessen Unterstützer in Peking sitzen.
Beiseite geschoben wird offenbar aber auch das Buhlen um Indien seitens europäischer, auch der deutschen Regierung, nachdem Trump das Land mit 50-prozentigen Zöllen für russische Ölimporte abstrafen wollte. Mit scheinbaren Freundlichkeiten und auf leisen Sohlen reagiert die chinesische Führung um Xi Jinping auf den unberechenbaren Poltergeist aus Washington, der die traditionellen Bündnisse von Nato und UNO mit immer neuen Attacken infragestellt.
In den Ländern des Shanghai-Bündnisses, das von neuimperialistischen Staaten geprägt ist, leben 40 Prozent der Weltbevölkerung. Neben den bevölkerungsreichsten Ländern der Welt, China und Indien, gehört Russland dazu, der Iran, Kasachstan, Kirgisistan, Pakistan, Tadschikistan, Usbekistan und seit 2024 auch Belarus. Auch die Türkei stellte einen Aufnahmeantrag; Erdogan durfte am Treffen teilnehmen.
Es gibt revisionistische Kräfte – nicht zuletzt in der DKP - , die in diesem „Gegenmodell“ zu den westlichen Imperialisten um die USA, EU und Nato eine Friedenshoffnung sehen wollen. „Um in Zeiten von Donald Trump die Solidarität des globalen Südens eindrucksvoll zu demonstrieren“, verteilte die Nachrichtenagentur Reuters schon im Vorfeld Lorbeeren. (1)
Chinesische Staatsmedien sprechen gar von einer „neuen Weltordnung“, die bei dem Treffen verkündet werden soll. Rein zufällig findet unmittelbar nach dem Treffen in Peking eine gigantische Militärparade statt – wie es hieß im Gedenken an das Ende des Zweiten Weltkriegs, der ja in Asien erst nach den Atombombenabwürfen auf Hiroshima und Nagasaki mit der japanischen Kapitulation endete. So demonstriert das SOZ-Bündnis als „Friedensgeste“ eine schnell wachsende auch militärische Gegenmacht.
Aber was soll das für eine Weltordnung sein, die vom wirtschaftlich und militärisch mächtigsten Bündnisteilnehmer China angeführt wird, das mit seinem weltweiten Feldzug zur Ausplünderung von Mensch und Natur keinerlei Skrupel kennt. Was sollen wir uns unter der „Friedensmacht“ eines hindufaschistischen Modi vorstellen, der immer wieder Massaker an muslimischen Gemeinschaften vom Zaun bricht und das benachbarte Nepal mit Gebietsansprüchen attackiert? Wird nun auch das russische Putin-Regime mit seinem ungeheuren Zertörungswerk nach dem Einmarsch in die Ukraine zum „friedfertigen globalen Süden“ dazu gerechnet? Und wie steht es mit den Friedensplänen des iranischen religiös-faschistischen Regimes, was sollen die tausenden politischer Gefangenen in Erdogans Gefängnissen davon halten?
Wenn sich in mörderischer Rivalität zu den bestehenden westlichen imperialistischen Bündnissen ein neuer Zusammenschluss unter chinesischer Führung formiert – dann wird die Welt keineswegs friedlicher, sondern die Gefahr eines Dritten Weltkriegs wird drängender denn je.