Diskussion um Lenin-Denkmäler
„Der Rote Platz“
Wolfgang Richter, der im Ferienpark Thüringer Wald in Truckenthal lebt, stellt ein Kapitel aus seinem in der Entstehung befindlichen Buch für Rote Fahne News zur Verfügung.
Er bezieht sich auf den Rote-Fahne-News-Artikel vom 4. September: „Wer fühlt sich ‚verletzt‘ von einem Lenin-Denkmal?“
Das siebte Kapitel mit dem Titel 'Der Rote Platz' stelle ich euch im Rahmen der Denkmaldiskussion zur Verfügung. Die dort geschilderte Situation hat sich genau so zugetragen. Das Buch, welches in Kürze fertig ist, soll durch seine Einnahmen Kindern die Teilnahme am Sommercamp von Rotfüchsen und REBELL in Truckenthal ermöglichen. Abzüglich der Produktionskosten gehen die Einnahmen zu 100 Prozent auf das neu gegründete Sozialkonto für mittellose Kinder, um ihnen diesen Urlaub zu ermöglichen.
Mit solidarischen Grüßen“
Kapitel 7 – Der Rote Platz
Schon bei meinem ersten unverbindlichen Besuch zum Kennenlernen des Platzes fiel er mir ins Auge: Der große Kopf von Lenin – genauer gesagt von Wladimir Iljitsch Uljanow, genannt Lenin. Er war der Vater des ersten sozialistischen Staates der Welt, entstanden in der Großen Sozialistischen Oktoberrevolution 1917 und gestählt in einem brutalen Bürgerkrieg gegen mehr als zehn Invasionsarmeen. Dass diese Idee stark war und dieses hoffnungsvolle Experiment Bestand hatte, bewies die Tatsache, dass die Sowjetunion – genauer gesagt die UdSSR, die Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken – bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges als einziger sozialistischer Staat existierte und dabei bemerkenswerte Resultate erzielte. Und genau dieser Lenin stand nun als Büste hier in Truckenthal. Doch wie war er eigentlich an diesen Ort gelangt?
Auch das ist eine kleine, abenteuerliche Geschichte. Alles begann in der Hansestadt Hamburg, wo Schrotthändler die Büste unter Bergen von Altmetall fanden und sie vor der Zerstörung bewahrten. Durch verschiedene Kanäle gelangte sie schließlich zu unserem Platz. Man fragte hier an, ob es Interesse und Platz für diese Büste gäbe. Die Platzbesitzer mussten nicht lange überlegen – sie entschieden sich, dieses historisch wertvolle Stück zu übernehmen. Die Händler schenkten sie uns, lediglich die Transportkosten waren zu tragen. Mithilfe von Spenden aus der Bevölkerung wurde die Büste umfassend restauriert und in einem feierlichen Festakt offiziell übergeben. Natürlich rief das nicht nur positive Reaktionen hervor, sondern auch heftigen politischen Widerstand. Doch die Platzherren blieben standhaft – und deshalb steht Lenin heute hier, im Ferienpark von Truckenthal.
Mich beeindruckte das so sehr, dass ich mich entschloss, eine rote Fahne zu kaufen und sie Arthur mit den Worten zu übergeben: „Da, wo Lenin steht, darf eine rote Fahne nicht fehlen.“ Er sah mich an, lächelte und sagte: „Komm, wir legen ihm auch ein Halstuch um.“
Das taten wir – und seitdem trägt Lenin ein rotes Halstuch. Ich finde, es steht ihm gut. Fast täglich machen Besucherinnen und Besucher des Ferienparks Selfies mit Lenin. Er ist zu einem kleinen Magneten geworden. Bei meinem ersten Einkauf in Schalkau kam ich mit zwei Kunden ins Gespräch, vermutlich Einwohner der Stadt. Als ich erzählte, dass ich Dauercamper im Ferienpark sei, antworteten sie: „Was, auf dem Roten Platz? Das sind doch alles Kommunisten dort.“ – „Roter Platz“, dachte ich, was für ein schöner Name! Kommunisten? Warum nicht – für mich ist es eine Ehre, so bezeichnet zu werden. Ich bin ein Kommunist.