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77 % Zustimmung zum Sanierungstarifvertrag bei thyssenkrupp Steel, trotz breiter Kritik

Heute um Mitternacht endete die Abstimmung der IG-Metall-Mitglieder über den Sanierungstarifvertrag an allen Standorten von thyssenkrupp Steel. Bei einer Beteiligung von 62% der Mitglieder und 77% Zustimmung ist also knapp die Hälfte dafür.

Korrespondenz

Knut Gießler, Bezirksleiter der IG Metall Nordrhein-Westfalen: „Danke für die große Zustimmung, das ist besser als ich gerechnet habe. Die Mitglieder haben hier Verantwortung übernommen!“ Dabei sind die meisten Kollegen gar nicht einverstanden mit dem Lohn- und Gehaltsverzicht, Kürzung des Jubiläumsgelds und Nichtübernahme der Azubis einverstanden. Die Mehrheit wollte richtig kämpfen und damit Verantwortung für die Zukunft der Jugend übernehmen.

 

Viele haben dem Sanierungstarifvertrag trotzdem zugestimmt, weil sie ihn als alternativlos sahen. Es gibt noch Hoffnungen, dass es nicht so schlimm kommt. Zudem hat die IG-Metall-Führung in den Betrieben verbreitet, wenn der Vertrag nicht zustande kommt, geht der ganze Stahlbereich insolvent. Das hatte seine Wirkung. Eine klare und bewusste Ablehnung gab es bei den Kollegen, die aktiv bei den selbständigen und gewerkschaftlichen Streiks mitgemacht und sie organisiert haben. Das muss jetzt weiter verarbeitet werden; und die Belegschaft ihre Konsequenzen ziehen.

 

Der Stahlvorstand hat schon begonnen, seine Pläne umzusetzen. Er kennt dabei keine Tabus. Ganze Bereiche sollen ausgegliedert werden, auch die zur unmittelbaren Produktion gehören. Ältere Kollegen sollen rausgedrängt und die Azubis, die nächsten Sommer auslernen, nicht mehr unbefristet übernommen werden. Die Zahl der Auszubildenden wird gesenkt.

 

Es beginnt auch ein regelrechtes Mobbing und schärferes Vorgehen. Kollegen, die nach einem Unfall zu lange krank sind - "zu lange" in den Augen des Vorstands - ,sollen überprüft werden. Jeder, der mehr als 90 Tage in drei Jahren krank ist, soll ein Gespräch bekommen. Kollegen mit Einschränkungen werden auf einmal unbezahlt von der Arbeit freigestellt. Maßregelung für kämpferische Kollegen und Betriebsräte. Das ist eine schärfere Gangart des Vorstandes.

 

Gießler betonte, dass der Tarifvertrag erst unterschrieben wird, wenn der Vorstand des thyssenkrupp Konzerns eine Finanzierungszusage gibt. Das „muss bis spätestens Anfang Oktober“ geschehen, so Gießler. Daran ist es schon im letzten Jahr gescheitert; der alte Vorstand wurde rausgeschmissen. Konzernchef Miguel Lopez will den Stahlbereich so billig wie möglich halbieren und loswerden. Gleichzeitig haben die gewerkschaftlichen und selbständigen Streikaktionen beim Vorstand die Frage ausgeworfen, ob sie den offenen Angriff durchziehen können. Das zeigt die Stärke der Stahlarbeiter. Diese Auseinandersetzung ist noch längst nicht zu Ende.

 

Wichtig ist, dass die Stahlarbeiter und ihre Familien diesen Kahlschlag nicht akzeptieren können. Verantwortung übernehmen, das bedeutet auch, dem Übel an die Wurzel zu gehen. Viele kritisieren den Kapitalismus, in dem solch ein Vorgehen alternativlos erscheint. Jetzt ist die Zeit, sich in der MLPD mit ihrer sozialistischen Perspektive zu organisieren für eine neue Runde im Kampf um eine lebenswerte Zukunft.