Der Marsch zum Flughafen Halle-Leipzig
Kein Transport für Völkermord!
Das Bündnis marchtoairport.leipzig hat aufgerufen, als Zeichen des Protests am Wochenende 23./24. August 2025 zum Flughafen Leipzig-Halle zu marschieren. Er ist ein Drehkreuz für Waffenexporte nach Israel. Am Willy-Brandt-Platz gegenüber dem Hauptbahnhof Leipzig sammeln sich die Demonstranten und Demonstrantinnen.
Nach der Begrüßung spricht ein Verdi-Kollege vom Flughafen. Er berichtet, dass es unter seinen Kollegen viel Kritik an den Waffenlieferungen nach Israel gibt. Am Ende seines Beitrags die Parole: „Kein Transport für Völkermord!“ Es sprechen noch andere, dann ziehen wir los.
Den Völkermord in Gaza aufzuhalten, das bewegt die 700 bis 800 Demonstrantinnen und Demonstranten. Ich spreche mit Menschen aus Berlin, Dresden, Jena, Magdeburg, Halle und Leipzig. Wir ziehen über Stunden durch die Wohngebiete von Leipzig. Der Wind ist kräftig, es flattern viele Palästina-Fahnen, auch Fahnen der LINKEN, der MLPD, von MERA 25 und der DKP, von Verdi und dem Jugendverband REBELL.
Wir haben ein Transparent dabei „Unterstützt die Al-Awda Krankenhäuser in Gaza!“ Die Stangen biegen sich im Wind. Wir haben viel Hilfe. Eine Zeit lang tragen es Palästinenser. Einer erzählt mir, er hat 22 Familienangehörige in Gaza. „Es ist sehr schwer. …“ Auch Betty aus Dresden hilft, lange trägt es Alex, ein Azubi aus Jena, auch Freunde aus Leipzig und Magdeburg beteiligen sich.
Wir sind schon drei Stunden unterwegs. An Kundgebungsplätzen gibt es eine kurze Rast, Wasser und Bananen werden verteilt. Endlich kommen wir aus Leipzig raus, die Lautsprecher informieren die Anwohner: „Anwohner von Lützschena, wir sind den ganzen Weg gelaufen, um gegen die Waffenlieferungen zu protestieren, über unseren Köpfen. Kommt mit!“ Unterwegs weitere Infos vom Lautsprecher: „Die Recherchegruppe hat eine krasse Arbeit gemacht. Sie sind zum Spionageprozess nach Dresden gefahren. So haben sie konkrete Infos zu Waffenlieferungen erhalten.“ Es ist schon nach 19:00 Uhr, als wir das Camp in Schkeuditz erreichen. Eine Demonstrantin meint: „Es war wirklich so gut organisiert. Es war außerdem so friedlich, und ich freue mich über das Durchhaltevermögen von allen. Die 15 Km merke ich heute schon in den Beinen.“
Wir kippen die Spendendosen aus und zählen 416,07 € für die Al-Awda Krankenhäuser. Der Völkermord in Gaza berührt viele Passanten, viele schauen und winken aus den Fenstern, einige kommen runter und so gibt es einige Scheine in die Dose, wenn sie überzeugt werden, dass das Geld in Gaza ankommt. Wir kommen auch durch Gebiete mit hohem AfD-Wähleranteil mit feindlicher Haltung gegenüber der Demo und eisiger Ablehnung von Spenden. Dagegen haben Kinder und Jugendliche den Demozug mit großer Freude verfolgt und ziehen ihr letztes Taschengeld aus der Hose, stecken es in die Dose und schließen sich an.
Wir bauen unsere Zelte auf und werden mit einer leckeren Suppe liebevoll versorgt. Selbstorganisiert gegen Spende. Ein Vortrag zur Militarisierung des Flughafens Leipzig/Halle macht deutlich, dass das ein strategischer Umschlagplatz von Militärgütern ist und eine Herausforderung für die Beschäftigten. Das fordert zur Diskussion raus: Entgegen dem Vortrag, dass es seither nur „bürgerliche Proteste“ gegen den nächtlichen Fluglärm für ein Nachtflugverbot gab, wurde lebendig von vielen jahrelangen Initiativen, sowohl für ein Nachtflugverbot wie gegen die militärische Nutzung des Flughafens berichtet.
Ein vor kurzem gekündigter Ver.di-Vertrauensmann erzählte von seinem Redebeitrag auf einer Betriebsversammlung, wo er das zum Thema machte und das wohl mit zu seiner politisch motivierten Kündigung führte. Er forderte auf „selbst Arbeiter zu werden“. Dass es auf die Arbeiter als die führende Kraft ankommt sind sich viele einig. Kontrovers wird die Arbeit in den Gewerkschaften diskutiert.
Der Ordnerdienst ist gut organisiert und die Polizei hält sich zurück. Ein ortsansässiger Nazi stört kurz mit Rufen, „Remigration – Remigration!“ Er bekommt eine Anzeige, - ein geforderter Platzverweis wird von der Polizei abgelehnt, - er würde ja in der Nachbarschaft wohnen. Am Morgen wird Kaffee gekocht, es werden Brote mit leckeren Aufstrichen, frisches Obst ausgegeben. Der Tag beginnt in bester Stimmung. Ein Vortrag zur Rüstungsproduktion in Ulm, wo der israelische Rüstungskonzern „Elbit“ das ehemalige Telefunkenwerk übernommen hat, zeigt die enge Verflechtung von deutschem und israelischem Imperialismus auf. Die Gruppe versucht, den Widerstand gegen Rüstungsexporte zu organisieren. Beispiele, wie dies in Genua, Piräus, Marseille gelang, werden aufgezeigt.
Diskutiert wird, dass der Zusammenschluss für den Widerstand gegen Faschismus und imperialistische Kriege nötig ist. Gelegenheit ist dazu am Antikriegstag mit breiten Bündnissen!
Dann geht es zur Demo zum Schichtwechsel bei DHL, diszipliniert und kämpferisch. Ein Transparent von DHL-Kollegen, Palästinafahnen, von verdi, SDS, MLPD, Rebell wehen im Wind. Mit Ansprachen, dass wir hier gegen den Völkermord in Gaza demonstrieren und die meisten Kollegen, wie über 80% der Bevölkerung auch gegen Waffenlieferungen nach Israel sind, werden Flyer an die Kollegen verteilt. Sie werden aufgefordert, gegen diese Lieferungen aktiv zu werden. Die meisten nehmen die Flyer, vor allem von ihrem bekannten Vertrauensmann. Einzelne schauen auch weg.
Eine mexikanische Studierende war die ganzen zwei Tage dabei. Sie fand das Wochende "mega". Und weiter: "Ich bin das erste Mal bei einem solchen Camp. Es ist etwas anderes als 'nur' eine Demo. Man demonstriert nicht nur zusammen, man isst zusammen und diskutiert natürlich viel. Man wächst viel enger zusammen. Man hat sein Wochenende wirklich sinnvoll erlebt."
Die Broschüre der MLPD zur Perspektive des palästinensischen Befreiungskampf kannte sie noch nicht und kaufte sie gerne. Ein paar Rote Fahne-Exemplare werden gekauft, Adressen ausgetauscht. Diskussionen über die Perspektive des palästinensischen Befreiungskampf weitergeführt mit dem Kauf der Broschüre. Der Verantwortliche für den Ordnerdienst zieht eine positive Bilanz des Wochenendes: "Alles hat wirklich geklappt und war gut organisiert. Es ist kein Problem, Leute für den Ordnerdienst zu finden, weil es so viele Menschen gibt, die solidarisch und hilfsbereit sind. Und das, obwohl die Ordner nicht selten als erstes mit der Polizei in Konfrontation kommen. Aber wir haben inzwischen auch seit drei Jahren Erfahrungen gesammelt und können das schon ganz gut"
Das sagt der junge Palästinenser mit einem Lächeln hinter seinem Mund-Nase-Schutz.