Mülheim/Ruhr
Gelungene antifaschistische Aktionseinheit gegen AfD-Kundgebung
Am Samstag führte der Landesverband NRW der faschistischen AfD auf dem Mülheimer Rathausmarkt von 12 bis 18 Uhr eine als „Großveranstaltung" angekündigte Wahlkampfkundgebung durch.
Drei AfD-Bundestagsabgeordnete, darunter der als besonders übler Hetzer und Pöbler bekannte Stephan Brandner, waren unter anderem als Redner aufgeboten.
Das antifaschistische Bündnis „Mülheim stellt sich quer" (MHSSQ) organisierte dagegen eine Protestkundgebung unter den Arkaden auf der anderen Straßenseite. Mit über 500 Teilnehmern kamen fast doppelt so viele Antifaschistinnen und Antifaschisten wie das Häuflein AfD-Anhänger, das sich vor der Bühne versammelt hatte.
Nach halbstündigem „Warm-up" mit offenem Mikrofon auf der Schlossstraße beteiligten wir von der MLPD Essen-Mülheim uns an der Protestkundgebung von MHSSQ. Anders als bei früheren Aktionen des Bündnisses gab es diesmal ebenfalls ein offenes Mikrofon und ein breites Spektrum von Religion bis Revolution beteiligte sich mit Rede- und kulturellen Beiträgen: Zwei Gewerkschafter von IG Bau und IG Metall überbrachten solidarische Grüße, Kay Shanghai von „Die Partei" protestierte musikalisch, ein Chor der Evangelischen Kirche sang „We shall overcome" und andere Lieder.
Großen Beifall erhielt Gabi Fechtner von der MLPD, die sich in ihrem Redebeitrag bei den Organisatoren der Kundgebung bedankte und Stephan Brandner als faschistischen Volksverhetzer brandmarkte: Er war Initiator einer widerlichen Aktion, bei der Gummibärchen als „süße Abschiebeflugzeuge" vor Schulen verteilt wurden.
Sie wies auf die Erfahrungen im Thüringer Wahlkampf hin, wo die MLPD plakatiert hatte "wer AfD wählt, wählt Faschismus" um der verbreiteten Verharmlosung der AfD entgegen zu treten. Dass wir mitten rein sind, in Gera, wo Brandner gewählt wurde, demonstriert haben und sich dort zahlreiche Menschen dafür bedankt hatten. Dass man also nie das Vertrauen in die Massen verlieren darf entgegen der Stimmung "im Osten sind alle rechts".
Sie ging auf die notwendige breite antifaschistische Front ein. Dabei muss man Vorbehalte überwinden, auch wenn man sich nicht in allem einig ist. Sie sehe den Kapitalismus als Quelle des Faschismus und halte es für nötig dass wieder massenhaft über den Sozialismus diskutiert wird. Dass die MLPD die Erfahrung gemacht hat, dass der Antikommunismus mit seiner Legende, dass der Sozialismus gescheitert und ein Verbrechen, den Weg eröffnet, die AfD - also den Faschismus - als letzte Alternative zu verkaufen.
Dazu gehört, dass man aus Errungenschaften, aber auch Fehlern im sozialistischen Aufbau lernen muss. Auch die MLPD hat die gemeinsame antifaschistische Arbeit längere Zeit tendenziell gering geschätzt und auch Fehler gemacht. Aber auch andere müssen antikommunistische Vorbehalte überwinden, sonst wird es keinen wirksamen gesellschaftlichen Kampf gegen die akute Gefahr des Faschismus geben.
Einige Teilnehmer kamen anschließend zu Gabi und sagten, ihre Rede habe ihnen Mut gemacht. Man merkte, welch großes Bedürfnis die überparteiliche Zusammenarbeit gegen Faschismus für viele ist.
Viel Beifall auch für Mirze Edis, Bundestagsabgeordnete der Linkspartei. Er deckte auf, wie die AfD im Bundestag permanent gegen alle sozialen Forderungen wie Erhöhung des Mindestlohns, Mietpreisdeckelung usw. gestimmt hat. Daniela von MHSSQ berichtete von ihren Erfahrungen, als sie persönlich Leute aus ihrem Umfeld und Passanten auf der Straße für die Teilnahme an dieser Kundgebung mobilisierte. Weitere Redebeiträge kamen u.a. von einer Vertreterin der AWO und – wenn auch recht kurz – von der OB-Kandidatin der SPD, Nadia Khalaf, als Mitbegründerin von MHSSQ.
Lautstark ertönte immer wieder der Slogan „Eins-zwei-drei – Mülheim nazifrei!" Insgesamt ein gelungenes Beispiel einer breiten antifaschistischen Aktionseinheit ohne antikommunistische Ausgrenzungsversuche. Auch ein offensichtlich von Faschisten verübter feiger Anschlag mit Buttersäure, der zu zeitweise bestialischem Gestank unter den Arkaden führte, tat der guten Stimmung keinen Abbruch.