Flüchtlingspolitik
10 Jahre nach "Wir schaffen das"
Fast zehn Jahre ist es her, dass die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) diesen Satz, eigentlich eher nebenher, während der Bundespressekonferenz am 31. August 2015 äußerte, als es um die Aufnahme von Geflüchteten in Not ging. Dieses kleine Jubiläum nutzen bürgerliche Medien und Politiker für einen kaum objektiven Rückblick auf die Flüchtlingspolitik zur Rechtfertigung ihrer unmenschlichen Politik.
So sind die Medien voll von Einzelbeispielen, vielen negativen, aber natürlich auch einigen positiven - allesamt, naturgemäß, anekdotisch. Mit sowas lässt sich vortrefflich "Meinung machen", wenn man mit Zahlen spielt: "Seit 2015 sind 6,5 Millionen Menschen zu uns gekommen und weniger als die Hälfte ist heute in Arbeit. Ich finde das, gelinde gesagt, nicht zufriedenstellend", sagte CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann der "Neuen Osnabrücker Zeitung".
Aus heute veröffentlichten Zahlen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) geht allerdings hervor, dass 64 Prozent aller Geflüchteten, die 2015 Schutz in Deutschland suchten (unabhängig von Alter oder Geschlecht), heute eine Arbeit haben. Weitere fünf Prozent arbeiten als Selbstständige. Das wären dann 71 Prozent - und das, obwohl das Asylrecht mit seinen Arbeitsverboten und weiteren Auflagen es den Menschen ausdrücklich erschwert, eine Arbeit anzunehmen. Wäre es Linnemann ernst, er würde wohl eher die Aufhebung dieser Regelungen - das Arbeitsverbot zuallererst - fordern müssen. So aber liefern sie einen Vorwand für seine Hetze: Erst verbietet man den Asylsuchenden in Deutschland, zu arbeiten, um ihnen dann vermeintliche Faulheit, einen "Zuzug in unser Sozialsystem" zu unterstellen. Es ist beeindruckend, dass die Beschäftigungsquote dieser Gruppe damit über dem Bundesdurchschnitt liegt - trotz aller Steine, die von Menschen wie Linnemann in ihren Weg geworfen werden.
Dass der Bund alles in seiner Macht Stehende tun würde, hatte sich jedenfalls nicht bewahrheitet - besonders mit Blick auf die Kommunen, auf die der Bund die Probleme seither schon und immer noch abwälzt. Merkel steht übrigens zumindest wieder zu ihrer "Wir-schaffen das"-Aussage von damals, auch wenn sie sie zwischen 2016 und 2018 immer wieder selbst in Zweifel gezogen hatte. Das erklärte sie in einem aktuellen Interview gegenüber der ARD für eine Dokumentation über die Flüchtlingskrise 2015.