Gehalt deutlich höher als die Fachkompetenz

Gehalt deutlich höher als die Fachkompetenz

Rausschmiss von Bahn-Chef Richard Lutz

Lutz ist seit 2017 DB-Chef. Seither ist die Pünktlichkeit von 78,5 5 auf 62,5 % abgestürzt. Das Schienennetz ist marode, Stellwerke und Leittechnik hoffnungslos veraltet, Weichen defekt, 3.800 Bahnhöfe verrotten.

Von ha/Stuttgart
Rausschmiss von Bahn-Chef Richard Lutz
(foto: Louis Bafrance (CC BY-SA 3.0))

Bei der Fußball-EM 2024 in Deutschland sorgte die Deutsche Bahn für Spott und Hohn. Züge kamen zu spät oder fielen aus, englische Fans steckten in Gelsenkirchen fest, österreichische Fans strandeten in Bayern wegen einer Baustelle.

 

CDU-Verkehrsminister Schleider fordert jetzt eine Neuaufstellung der Bahn, mehr Fachkompetenz und eine Verschlankung. Das ist wohl der Witz auf Rädern: War da nicht die Bahnreform 1993, die den Niedergang der DB seit den 1950er Jahren und die Reichsbahn retten sollten? Privatisierung war das Zauberwort, die Bahn sollte für Investoren und schließlich für die Börse auf Profit getrimmt werden.

 

Privat kommt vom lateinischen „privare“ = berauben. Da wurde die Bahn um 120.000 Stellen „verschlankt“, das Schienennetz um 12 % verringert und es wurden 13.000 Km Schiene und 7.500 Gleisanschlüsse der Industrie ganz abgebaut. Konzern-Manager kamen in die Führung, als erster Heinz Dürr, Fabrikant für Lackieranlagen für die Autoindustrie, AEG und dann Daimler-Manager. Außer Ludewig waren die Nachfolger, Mehdorn und Grube ebenfalls Daimler-Manager. Ihre „Fachkompetenz“ war Kapitalverkehr, aber nicht Bahnverkehr. Kapitalisten können's ja besser als ein Staatskonzern, so die neue Doktrin.

 

Mit der Bahnreform wurde aber auch die Finanzierung des Personennahverkehrs an die Länder übertragen. Dadurch hat dieser zwar um 70 % zugenommen, doch gegenüber dem explodierenden Autoverkehr nur gering. Der Güterverkehr auf der Schiene hat sich fast verdoppelt, aber gegenüber dem ausufernden und stark umweltschädlichen LKW-Verkehr nur wenig erhöht. Die insgesamt viel höhere Verkehrsleistung auf reduziertem Schienennetz führte zu ungeheurer Überlastung und riesigem Verschleiß. Die Infrastruktur wurde Dank der „Fachkompetenz Kapital und Börse“ der Manager heruntergewirtschaftet.

 

Abgesehen von schädlichen Prestige- und Immobilienprojekten wie Stuttgart 21. Da kommen jetzt nochmal 8 Milliarden für die Mehrkosten bei den Schulden der Bahn oben drauf. Aufwärts ging's auch mit den Manager-Bezügen: Dürr startete noch mit 290.000 DM, Lutz erhiehlt 2,1 Millionen Euro 2024. Deutschland investiert so wenig wie kaum ein anderes Land in den Schienenverkehr: 2022 ganze 114 Euro pro Kopf gegenüber der Schweiz mit 413 Euro pro Kopf. Die Schweizer Bahn ist ein Vorbild an Pünktlichkeit, Verlässlichkeit und Vertaktung bis ins hinterste Alpendorf. Wie das möglich wurde? Dazu sagte der frühere Schweizer Bahnchef: Man muss Geld, Geld und nochmal Geld reinstecken. Doch die Diktatur der Monopole sorgt in Deutschland dafür, dass immer noch ein Vielfaches für die Autoindustrie in den Straßenverkehr gesteckt wird. Die Beseitigung des Desasters Bahn bleibt unter diesem Diktat Zukunftsmusik.

 

Nun ist die nächste Runde der "Verschlankung" geplant: 30.000 Menschen sollen ihren Job bei der DB-AG verlieren. Wie damit die Bahn besser funktionieren soll, bleibt das Geheimnis der Privatisierung-Manager. Mein Vorschlag: Vielleicht sollte die Bahn alle Toiletten in den ICEs ganz stilllegen. Das spart die ständigen Reparatur- und Reinigungskosten.

 

Der Projektleiter des Bahnprojekts Stuttgart 21 Olaf Drescher hat ebenfalls ganz neue Ideen: Im Südwestrundfunk forderte er einen "radikalen Kurswechsel: Privatisierung könnte die Lösung sein".