Auf unbestimmte Zeit vertagt
Plastikkonferenz endet chaotisch
Seit drei Jahren verhandelt die UN über ein Abkommen gegen die Plastikflut. Jetzt endete die fünfte Verhandlungsrunde in Genf chaotisch, wurde abgebrochen und auf unbekannte Zeit vertagt.
Das angekündigte Ziel eines Vertrages mit Regelungen von der Rohstoffgewinnung über Produktdesign und Chemikalienzusätze bis hin zur Abfallentsorgung blieb eine Fata Morgana. Wie bei den Klima- und Meereskonferenzen erwies sich das imperialistische Weltsystem als unfähig, grundlegende Probleme der Menschheit zu lösen.
Das Problem wird immer dringlicher
Weltweit wurden laut UN-Umweltprogramm (Unep) vergangenes Jahr fast 500 Millionen Tonnen Plastik produziert, doppelt soviel wie vor 25 Jahren. 400 Millionen davon enden als Müll. 150 Millionen Tonnen Plastikmüll verseuchen die Meere und jährlich kommen 12,7 Millionen Tonnen dazu. Fünf riesige Müllstrudel entstanden in Äquatornähe, allein der Nordpazifische Müllstrudel wird auf 15 Millionen Quadratkilometer geschätzt. Die Vermüllung und Vergiftung beschleunigt das Umkippen und Absterben der Meere. Tiere verschlucken den Plastikmüll, verwechseln ihn mit Nahrung und verhungern, ihre Lebensräume werden zerstört. (1)
Plastik verschärft die globale Gesundheitskrise
Besonders gefährlich sind Partikel kleiner als fünf Millimeter. Sie entstehen durch Abrieb von Reifen, Fahrbahnmarkierungen, Schuhsohlen, Kunststoffverpackungen und Freisetzung von kleinsten Faserteilen beim Waschen synthetischer Textilien. Sie werden in Kosmetika, Reinigungsmitteln und Farben zugesetzt. Nanopartikel (Millionstel Millimeter) aus Polyethylenterephthalat (PET), Polystyrol (PS) und Polyvinylchlorid (PVC) stammen von Kunststoffen in Ein- und Mehrwegflaschen, Folien, Einwegtrinkbechern und -bestecken. Plastik wird in Blut und Urin, in der Lunge, im Gehirn, in Hoden, in Muttermilch, der Plazenta nachgewiesen. Immer mehr verdichten sich die Belege, dass sie das Immunsystem, den Stoffwechsel und die Fortpflanzung stören; Krebs, Diabetes und Schlaganfälle fördern.
Öl-Monopole als Hauptbremser
Wie bei Weltklimakonferenzen verteidigen Öl-, Gas- und Chemiemonopole ihre Profite aggressiv. So sitzen in den Konferenzen oft mehr Monopolvertreter als Delegierte und steuern diese in ihrem Interesse. Nach einschlägigen Prognosen wird die Nutzung von Öl und Gas im Verkehr und Hausheizung zurückgehen. Als Rohstoff für Plastik wollen die Monopole die Produktion möglichst hochtreiben, vor allem für möglichst viel Einwegplastik. Das Angebot von Saudi-Arabien, China, Iran, Russland und den USA, Recycling und Abfallmanagement zu fördern, wenn die Plastikproduktion nicht begrenzt wird, ist eine Farce. Die umweltschädliche Gewinnung von Öl und Gas geht weiter. Die Produktion und Entsorgung von Plastik verursacht allein schon pro Tonne Kunststoff etwa 5 Tonnen CO2, eine unverantwortliche Vertiefung der Klimakatastrophe. Der angekündigte Bau von 100 geplanten Projekten für chemisches Recycling in Pressemitteilungen von BASF, Bayer und Co ist verlogen. Nur wenige wurden gebaut, Pyrolyseverfahren wie bei BP in Gelsenkirchen sind kein wirkliches stoffliches Recycling, umweltbelastend und damit Etikettenschwindel. Die MLPD und das Kommunalwahlbündnis AUF fordern stattdessen das Kryorecycling von Plastikabfällen.
„Ambitionierte Mehrheit“?
„Wir verhandeln hier nicht über Paragrafen, wir verhandeln über die Lebensgrundlagen von Millionen Menschen“, so eine Vertreterin aus Palau stellvertretend für viele betroffene Länder. Forderungen nach Verbot von Einwegplastik, nach Kreislaufwirtschaft, nach internationaler Hilfe für arme Länder zum Abfallmanagement sind richtig. Doch Vorsicht vor falschen Freunden, die sich umweltbewusst geben. Zur sogenannten „High Ambition Coaltion“, also zum Zusammenschluss von 100 Ländern mit ehrgeizigen Zielen, zählt auch die EU. Längst hätte sie konsequente Maßnahmen beschließen können. Doch zu mehr als kosmetische Plastiktüten- und Plastikstrohhalmverbot hat es bisher nicht gereicht. Und die Festlegung einer Produktionsobergrenzen ab 2040 heißt nochmals Verdoppelung der Müllmenge. Auch die EU kuscht vor den Monopolinteressen.
Greenwashing statt konsequenter Maßnahmen
Im Ergänzungsband zum Buch "Katastrophenalarm!" der MLPD heißt es im Sofort- und Kampfprogramm:
- Einschränkung der Kunststoffproduktion. Verbot giftiger Zusatzstoffe in Kunststoffen. Verbot bewusster Verschleißproduktion, Verpflichtung zur Langlebigkeit und zum Recycling aller Produkte durch die Hersteller.
- Flächendeckende Einführung von Kryorecycling, IMK-Verfahren, Recarbonatisierung usw. und dafür schnellstmögliche Abschaffung von Müllverbrennungsanlagen.
- (Über)staatliche Programme der Müllsammlung und -sortierung.
Wirksame Maßnahmen müssen gegen die Verursacher auf Kosten ihrer Profite erkämpft werden. Eine grundlegende Änderung gibt es erst in der politischen Ökonomie des Sozialismus mit einem vergesellschafteten Eigentum an Produktionsmitteln und einer internationalisierten sozialistischen Plan- und Kreislaufwirtschaft in Einheit von Mensch und Natur.
Siehe auch Rote-Fahne-News-Artikel zum gescheiterten UN-Plastikgipfel letztes Jahr