Vermögenssteuer

Vermögenssteuer

Das soll Klassenkampf sein?

Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) hat im ZDF-Sommerinterview eine schwarz-weißblaue Linie überschritten: "Da wird keine Option vom Tisch genommen", so sagte er auf die Frage, ob er sich höhere Steuern für die Reichsten im Land vorstellen könne. Damit hat er natürlich nur gesagt, dass er es nicht ausschließt – nicht einmal, dass es so käme. Für die Union dennoch Grund genug, ihm Klassenkampf vorzuwerfen.

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Der Unions-Fraktionsgeschäftsführer Steffen Rudi Bilger (CDU, dort übrigens auch im Bundesvorstand) erklärte im WELT-Interview: „Eine gerechte Steuerpolitik darf kein Klassenkampf sein, sondern muss Fleiß und Leistung wertschätzen.“ Steuererhöhungen „schaden dem Rückgrat unseres Mittelstandes, gefährden Investitionsfähigkeit und Arbeitsplätze.“

 

Klassenkampf? Klingbeil hat nicht mehr gesagt, als dass – eventuell! - auch Reiche und Superreiche einen (keinesfalls etwa gerechten, sondern nur leidlich größeren) Anteil an dem Staatshaushalt leisten sollten, aus dem sie sich sonst so reichlich und gewohnheitsmäßig bedienen: Das ist vielmehr Klassenkampf von Seiten des Kapitals: Arbeiter und Natur ausbeuten und unterdrücken und sich aus den öffentlichen Haushalten noch zusätzlich zu bereichern. Klassenkampf heißt für die Arbeiterklasse, gegen die Herrschaft der Monopole mit dem Ziel zu kämpfen, sie zu überwinden und eine sozialistische Gesellschaft frei von Ausbeutung und Unterdrückung aufzubauen!

 

Dabei muss man, um hinter diese platten Lügen zu blicken, ja nicht einmal Marxist sein. Auch die Referentin für Steuerrecht und Steuerpolitik des „Netzwerks Steuergerechtigkeit“ (schon der Name ist idealistisch, wenn auch der Anspruch ehrbar), Julia Jirmann, kann das ganz vorzüglich, obwohl sie Wirtschaftsrecht an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg sowie Volks- und Betriebswirtschaftslehre an der Universität Leipzig studierte. Dass eine Vermögenssteuer Arbeitsplätze koste „ist ein Mythos. Wir haben große Unternehmen, die seit Jahren kaum noch in den Standort Deutschland investieren, sondern ihre Gewinne ansparen, am Finanz- und Immobilienmarkt anlegen oder im Ausland. (…) Heute wäre schon viel gewonnen, wenn wir bei den Superreichen anfangen würden. Das betrifft gerade einmal 5.000 Steuerfälle.“ Die wirklich Reichen zahlen meistens dagegen nicht einmal Erbschaftssteuer, wie sie zu Recht anprangert: „Wer große Unternehmen oder Unternehmensanteile erbt oder geschenkt bekommt, ist weitgehend von der Erbschaftsteuer ausgenommen.“

 

Was will die Union eigentlich stattdessen? Bilger erläutert, dass eine Anhebung der Einkommensgrenze für den Spitzensteuersatz seit Langem eine zentrale Forderung der Union sei, „darüber sprechen wir gerne mit dem Koalitionspartner“. Statt also Vermögende stärker zu belasten, sollen weniger von ihnen den Spitzensteuersatz zahlen müssen!