Hamburg
Wir alle sind Sandra
Tarifkampf 2022 der Seehäfen: Tausende Hafenarbeiterinnen und Hafenarbeiter demonstrierten kämpferisch und machtvoll durch Hamburg.
Die Polizei war zwar präsent, griff aber nicht ein - bis zum Abschlusskundgebungsort. Dort wurden durch einen Polizeiangriff mehrere Kollegen verletzt. Das war keinen Prozess wert. Jetzt, nach drei Jahren, das umgedrehte Bild: Wegen Kickens einer leeren Getränkedose aus Wut über die damalige Eskalation einer friedlichen Demo, stand eine Kollegin gestern vor Gericht.
Bereits eine Stunde vor Prozessbeginn versammelten sich über 40 Kolleginnen und Kollegen und erwiesen ihr große Solidarität. „Wir sind alle Sandra“, konnte man auf einem großen Transparent und vielen kleinen Schildern lesen. Mit kurzen Grußbotschaften wurde Sandra Mut zugesprochen. Sichtlich gerührt bedankte sie sich.
Der kleine Gerichtssaal war rappelvoll. Was sich dann bot, war mehr als eine Farce. Der entscheidende Polizist der Anklage ist mittlerweile aus dem Dienst ausgeschieden. Er glänzte mit unentschuldigter Abwesenheit. Das sogenannte Beweisvideo ließ auch bei mehrmaliger Betrachtung nicht erkennen, dass die Dose, keine 10 Gramm schwer, gezielt in Richtung eines Polizisten gekickt wurde. Was blieb, war eine hypothetische Annahme: Der Polizist hätte getroffen und verletzt werden können.
Auf dieser dünnen Grundlage versuchte der Richter zu vermitteln. Ob man den Prozess nicht einstellen könne, allerdings bei Übernahme der Prozesskosten und anderer Leistungen durch die Angeklagte, worauf der Staatsanwalt beharrte. Damit waren Sandra und ihre Rechtsanwältin nicht einverstanden. Also wurde der Prozess auf den 1. September, 13 Uhr, vertagt.