Zwickau
Sehenswerte Ausstellung der Wismut-Kunst
Die Ausstellung „Sonnensucher! Kunst und Bergbau der Wismut“ gibt es nur, weil der moderne Antikommunismus an Wirkung verloren hat. 1991 – als die „alte“ Wismut AG der DDR ihren Förderbetrieb einstellte – interessierte sich kein Mensch des bürgerlichen Kulturbetriebs für die dort über die Jahrzehnte angesammelte bildende Kunst. Etwa 10.000 Bilder und zusätzliche Fotografien soll es gegeben haben.
Heute sind etwa 4000 davon erhalten, katalogisiert und professionell aufbewahrt. 400 davon werden in der Ausstellung in Zwickau im Rahmen des Programms von „Chemnitz – Kulturhauptstadt Europas“ gezeigt. Und die Leute an der Kasse und die Sachverständigen, die durch die Ausstellung führen, sind mächtig stolz auf diese von und für die Kumpel der Wismut geschaffene Kunst.
An einigen Stellen werden zentrale weltanschauliche Auseinandersetzungen mit dem modernen Antikommunismus ausgetragen, zum Beispiel mit der Diffamierung als „Auftragskunst“. „Waren Sie schon mal im Vatikan?“, fragte unser Guide, „und haben die dortigen Kunstwerke bewundert? Alles vom Papst gekauft! Aber das soll moralisch okay sein und die Maler unter Tage seien korrupt?"
Die Ausstellung ist absolut sehenswert. Natürlich ist sie auch widersprüchlich – wie die Entwicklung der DDR in ihrer Entstehung, dem Verrat am Sozialismus und dem Niedergang des bürokratischen Kapitalismus war. Sich immer zu orientieren, ist nicht einfach. Einerseits sieht man beeindruckende Bilder über die Stärke der Kollektive, der Arbeitsbrigaden unter Tage, des Zusammenhalts und des Optimismus der Kumpel; andererseits zeigt sich in den frühen 1980er-Jahren ein Zerfall, ein gesellschaftlicher Stillstand und wirtschaftliche Rückständigkeit, die sich die Massen noch nicht erklären konnten.
Inzwischen ging es nicht mehr um den Aufbau des Sozialismus, sondern um ein bürokratisch-kapitalistisches Wirtschaftssystem. Einerseits wurden noch sozialistisch klingende Phrasen im Überfluss verwendet, andererseits diente die Arbeit der Wismut-Kumpel dazu, die neokoloniale Abhängigkeit der DDR von der sozialimperialistischen Sowjetunion zu begleichen.
In diesen Widersprüchen bewegen sich die Bilder der Ausstellung. Sie streift auch nur die Problematik der Umweltzerstörung durch den Wismut-Bergbau und das Problem der radioaktiven Verseuchung, das kriminell vernachlässigt wurde.
„SONNENSUCHER“ wurde in Erinnerung an einen bekannten Film von Konrad Wolf zum Titel der Ausstellung und als ihr Logo wurde das großformatige Bild „Friedliche Nutzung der Atomkraft“ gewählt – allerdings hatten damit die neuen Herrschenden der DDR die Gefahren für Mensch und Natur geradezu kriminell vertuscht. Die Ausstellung wurde verlängert. Sie ist bis zum 26. Oktober 2025 in der Alten Baumwollspinnerei in Zwickau geöffnet.
Literatur-Tipp:
Die Krise der bürgerlichen Gesellschaftswissenschaften, der Religion und der Kultur
202 Seiten
19 €