Altmunition im Meer

Altmunition im Meer

Im Angesicht der Weltkriegsgefahr

Noch immer liegen geschätzte 1,6 Millionen Tonnen Altmunition auf dem Meeresboden der deutschen Nord- und Ostseeküsten. Ergebnis von Kampfhandlungen gegen Schiffe und Flugzeuge während der Weltkriege.

Von einer Korrespondentin aus Stralsund
Im Angesicht der Weltkriegsgefahr
Alte Seeminen am Strand der estnischen Insel Naissaar (foto: Siim Sepp (CC BY-SA 3.0))

Das ist vor allem eine Folge der Versenkung von überzähliger Munition nach dem Zweiten Weltkrieg. Zwischen 1969 und 1971 wurden erstmals Untersuchungen hinsichtlich chemischer Kampfstoffe in Versenkungsgebieten getätigt. Da man aber nicht wusste, wie sie zu bergen sind, beließ man sie vor Ort!


Von Juli 1945 bis Januar 2016 sind 418 Todesfälle und 720 Verletzte, mit Bezug auf das Thema Altlastmunition an den deutschen Küsten, bekannt geworden. Nach mehr als 70 Jahren am Meeresboden treten die in der Munition enthaltenen giftigen Substanzen aus. TNT, Quecksilber, Blei und andere, oft erst im Kontakt mit Wasser und Luft entstehende unkontrollierbare unbekannte Stoffverbindungen. 1993 erschien der erste offizielle Bericht von staatlicher Seite. Doch erst seit 2009 (!) gibt es kontinuierliche Untersuchungen und Nachweise über Funde und Sprengungen.


Dank der Mitarbeiter der UNI Kiel/ GEOMAR wird seit 2011 der Munitionsbelastungsbericht der deutschen Gewässer jährlich herausgegeben. In diesem werden alle Funde an der deutschen Nord- und Ostseeküste registriert und der Verbleib dokumentiert. „Forschungen haben gezeigt, dass sich sprengstofftypische Verbindungen auch über die Versenkungsgebiete hinaus im Wasser ausbreiten. Diese Belastung wird mit fortschreitender Korrosion noch zunehmen und Risiken weiter steigen, wenn die Altlasten nicht geborgen werden. Steigende Temperaturen und zunehmende Stürme beschleunigen den Zerfall der Munition im Zuge des Klimawandels.“¹


Die seit 2019 gestarteten verschiedenen Forschungsprojekte, die meisten sind 2024 ausgelaufen, wurden mit weniger als 10 Millionen Euro von der Bundesregierung finanziert, denn Altlastmunition ist Ländersache. Nur die Sicherheit der Bundeswasserstraßen liegt im Muss einer Finanzierung durch die Bundesregierung.

 

Die Bundesregierung wollte bis 2025, im Rahmen des Koalitionsvertrages, als Sofortprogramm für Munitionsfindung und -bergung im Meer, 100 Millionen Euro zur Verfügung stellen. (Ob dieses erfolgte, konnte durch den Verfasser nicht recherchiert werden.) Die am GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel seit 2016 erfolgte Forschung in Projekten wie BASTA, ExPloTect oder CONMAR, haben neue Erkenntnisse in Sachen Ortung, Kartierung und Analyse der chemischen Wasserproben hervorgebracht.


„Offen blieb bislang die letzte und entscheidende Phase: die endgültige Räumung und Entsorgung von schlecht handhabbaren Munitionsobjekten in einem industriellen Maßstab. Hier setzt das Projekt CAMMera an. An dem vom GEOMAR koordinierten Projekt wirken Industriepartner aus mehreren Ländern in Europa mit.“²


Angesicht der Masse, alleine an den deutschen Meeresküsten vor sich hin korrodierender Altlastmunition, angesichts der wissenschaftlich nachgewiesenen Vergiftung der maritimen Flora und Fauna grenzübergreifend, angesichts der steigenden Gefahrenlage durch noch nicht kartografierter Munitionsaltlast für Urlauber, Techniker und Arbeiter im maritimen Bauwesen, Tauchern usw., frage ich mich, wozu Milliarden an Euro, Dollar, Rubel, Yen, Lire … ausgegeben werden, um noch mehr Waffen und Munition zu produzieren, die noch größere Vernichtung und Umweltschädigungen verursachen.


Zudem werden diese Gelder, aus denen herausgepresst werden, die der Schädigungen durch Waffen ausgesetzt werden, der Bevölkerung. Die Meere kennen keine Grenzen! So muss statt Aufrüstung eine länderübergreifende Koordinierung und Forschung, eine grenzüberschreitende Bergung und Vernichtung der Altlastmunition erfolgen. Altlastmunition ist ein Teil der gesamtschädigenden Einflüsse auf das Öko-System Meer. Umweltschutz muss dringend auch Teil der Friedensbewegung sein!