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Der Weiße Riese und die Politik der verbrannten Erde der RAG

In den Massenmedien kursieren seit mehr als zehn Jahren die „Weißen Riesen“ als „Problem“-Hochäuser. Am Sonntag wurde mit TV-Übertragung das dritte Hochhaus von ehemals sechs Wohnkomplexen im Wohnpark Hochheide (Duisburg-Homberg) gesprengt. In Duisburg kannte man die Hochhäuser als „Weiße Riesen“. Ihre ganze Geschichte ist ein Mahnmal der Politik der verbrannten Erde der RAG.

Von wr
Der Weiße Riese und die Politik der verbrannten Erde der RAG
Zur Beseitigung der Weißen Riesen rückte der Sprengmeister an (foto: David Domjahn¹ (CC BY-SA 4.0))

Für dieses Bild wird mit verteilten Rolle aus Medien und Politik ein ganzes Horrorszenario entfaltet: Bröckelnde Fassaden, Müll, Ungeziefer, Drogendealer, „Kindergeldbetrüger“ unter den Bewohnern (natürlich vor allem die Migranten aus Südosteuropa!?). Laufend Randale und Polizeieinsätze, Postbeamte trauen sich nicht mehr, die Häuser zu betreten… usw. All das dient als Steilvorlage zur Rechtfertigung der reaktionären Migrantenpolitik seitens rechter Politiker und faschistischer Parteien.

 

Ja, es gibt nicht wenig Probleme! Nur die wahren Verursacher zeigen mit den Fingern auf die sogenannten „illegalen“ Migranten, unter anderem Sinti und Roma vornehmlich aus Balkanländern. In die Kerbe haute auch der SPD-Oberbürgermeister Sören Link, indem er von „zügelloser Armutszuwanderung“ faselt. Dabei wurden viele der Bewohner durch die Untergrabung des Asylrechts zu „Illegalen“ und durch den Abbau sozialer Rechte zu „Armutszuwanderern“ gemacht. Natürlich ist nicht zu rechtfertigen, wenn Menschen in ihrer Not andere Notleidende beklauen, betrügen oder gar ausbeuten. Doch alles Elend hat seine Geschichte und nur wer sie kennt, kann ein objektives Urteil fällen und richtige Schlussfolgerungen ziehen.

 

Schon die Entstehung der Weißen Riesen war ein Verbrechen an der Bevölkerung. Dafür ist die Ruhrkohle AG (RAG) verantwortlich. Für Planung und Bau der Weißen Riesen wurden große Teile der Bergarbeitersiedlung „Rheinpreußen“ zerstört. Durch aktiven Widerstand über Jahre haben die Kumpel und ihre Familien gegen Polizeieinsätze und Gerichtsurteile etwa 600 Zechenhäuser gerettet. Ihr Kampf – vor allem der Bergarbeiterfrauen mit Hungerstreiks und Barrikaden – ermutigte viele Anwohner von anderen Zechensiedlungen im Ruhrgebiet, denen ein ähnliches Schicksal zugedacht wurde.


Die Siedlung war einst im Besitz des ehemaligen Zecheneigentümers Deutsche Erdöl AG (DEA). Diese brachte 1970 ihre Bergbausparte in die Gründung der RAG ein. Und die verkaufte die ganze Siedlung schon vorab an einen Baulöwen namens Josef Kun. Die RAG macht mit dem Verkauf ordentlich Profit und stieß die für sie nicht maximalprofitbringenden Immobilien ab. Baulöwe Kun hatte beste Beziehungen zu kommunalen Amtsträgern und bekam über diese die Rechte auf Auftragsvergabe und Auftragsdurchführung des Abrisses und für den Neubau der Weißen Riesen. Dafür bekam er auch Fördermittel vom Land Nordrhein-Westfalen.


Das Geschäft blühte. Zuerst für Kun, dann für weitere Spekulanten. Mit der Flüchtlingskrise machten sie unerhörten Reibach. Sie steckten kein Geld in die laufende Sanierung der Wohnungen, dafür steckten aber etliche Eigentümer in diese viele Flüchtlinge hinein und kassierten darüber reichlich Wohngeld. Wobei man sagen muss, dass nicht alle Besitzer ihre Eigentumswohnungen auf diese Weise missbrauchen.

Das andere Leben: selbstorganisierte Solidarität

Wer diese Bewohner sind, wie es ihnen geht und wie sich das Leben in der Siedlung abspielt liest man in den Lokalmedien im Ruhrgebiet nicht. Da muss Frau Kerstin Lottritz, eine Redakteurin aus München, kommen, um sich und den Lesern in der Süddeutschen Zeitung vom 24.07.25 ein einigermaßen objektives Bild zu machen. Sie trifft dort auf die Bewohnerin Manuela Spitzwieser. „In der Betonburg ist sie bekannt als eine Art Ruhrgebietsmatrone, eine die sich um andere kümmert. Die weißen Haare zu einem Zopf gebunden, die vom Zigarettenrauch dunkle Stimme laut und energisch… Wenn die Nachbarin, die kaum Deutsch spricht, bei ihr klingelt, weil sie Kakerlaken in der Wohnung entdeckt hat, hilft sie ihr, einen Brief an den Vermieter zu schreiben…“

 

Inzwischen hat sich eine Bürgerinitiative „Hochheide fresh“gebildet. Sie hat eine Gartengruppe zur Verschönerung der Grünflächen und bietet gut besuchte Deutschkurse oder Computerkurse für Ältere an. „Generell hat sich die Situation am Weißen Riesen schon deutlich verbessert“, berichtet ein Mitglied der Bürgerinitiative der Süddeutschen Zeitung, die in ihrer Freizeit ehrenamtlich Sprachunterricht gibt. Wenn jetzt die bürgerlichen Parteien sich aber das bei der Kommunalwahl als ihre Eigenleistung ans Revers heften wollen, sollten die Wähler ganz genau auf den Wahlzettel schauen, wer wirklich auf der Seite der Massen steht.

Das Revier will leben!

 

Die Wählergemeinschaft AUF-Ruhr (Wahl zum Ruhrparlament) führt gemeinsam mit zahlreichen kommunalpolitischen Personenwahlbündnissen, weiteren Organisationen und zahlreichen Einzelpersonen ein lebendiges Wochenende gegen die Politik der vebrannten Erde der RAG im Ruhrgebiet durch. Eine Revue "Die Geschichte des Ruhrgebiets" wird am Abend des 23.8. vom Jugendverband REBELL aufgeführt verbunden mit einem lebendigen Kulturfest. Am 24.8. gibt es dann ein Tribunal gegen die Politik der verbrannten Erde der RAG.