Thyssenkrupp Steel Europe

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Auswirkungen der Lopez-Pläne in Duisburg

In Duisburg schlägt ein Herz aus Stahl und in seinen Adern pulsierte einst die Steinkohle. Duisburg ist das Herz der deutschen Stahlindustrie. Die Zechen wurden längst platt gemacht und der Duisburger Herzschlag ist schwer aus dem Takt geraten.

Von einem Korrespondenten
Auswirkungen der Lopez-Pläne in Duisburg
(foto: shutterstock_766375789)

Es hat mit der Schließung der Kruppwerke in Rheinhausen 1987 begonnen, als die Arbeiter in einen selbstständigen Streik traten und die Brücke, die heute noch den Namen „Brücke der Solidarität“ trägt, besetzten. Der Streik hatte Erfolg, auch wenn er mit einem faulen Kompromiss beigelegt wurde.

 

Doch der Klassengegner hat seine Hausaufgabe gemacht und dazugelernt. Die Kahlschlagpläne des TKSE-Vorstands mit der Vernichtung von 11.000 Arbeitsplätzen, keine Übernahmegarantie der Auszubildenden und die komplette Schließung von HKM sollen knallhart und mit Lug und Trug durchgeführt werden. Die Kollegen und Kolleginnen stehen vor großen Herausforderungen, müssen durchblicken, verarbeiten und klären. Kämpfen oder den individuellen Ausweg suchen?

 

Auch in der Bevölkerung ist eine gewisse Verwirrung zu spüren. Woran liegt das? Immer wieder höre ich in Gesprächen auf der Straße eine Verwunderung heraus, was die Kahlschlagspläne nicht nur bei TKSE und HKM bedeuten, sondern auch für Duisburg, das Revier und weit darüber hinaus. In den Medien wird nur das berichtet, was den Herrschenden von Nutzen ist. Das Volk soll nicht wirklich wissen, was die Konzerne und Monopole mit der Regierung mauschelt, um ihre perfide Kriegstreiberei voran zubringen und dem Volke schmackhaft zu machen.

 

Hier also ein paar Fakten aus einer Studie, die von der Stadt Duisburg in Auftrag geben wurde:

 

Abhängig von den Duisburger Stahlkochern sind weitere Stahlhersteller und Metallverarbeiter, Automobilindustrie, Chemieindustrie, Lebensmittelindustrie und die Energieindustrie. Werden die Kahlschlagspläne durchgedrückt, hat dies fatale Folgen. An den 11.000 Arbeitsplätzen bei TKSE hängen weitere 2.150 Arbeitsplätze in Duisburg und 55.000 Arbeitsplätze in der gesamten Bundesrepublik. 300 Millionen Euro gehen den Energieversorgern verloren.

 

Die fehlende Steuerzahlung der Duisburger Stahlindustrie und ihrer vor- und nachgelagerten Wertschöpfungskette führt zu einem deutschlandweiten jährlichen Verlust von 773 Millionen Euro an Steuereinnahmen. Dieser Verlust verteilt sich auf Duisburg 30 Millionen Euro, Land NRW 132 Millionen Euro, weitere Gemeinden und Bundesländer 296 Millionen Euro und den Bund mit 315 Millionen Euro. Der größte Anteil des Rückgangs ist mit 420 Millionen Euro dem Lohnsteueraufkommen zuzuschreiben.

 

Diese Zahlen machen deutlich, welche fatalen Auswirkungen Kahlschlagspläne bei TKSE und HKM zur Folge haben.

 

In unzähligen Gesprächen mit den Leuten auf der Straße, in der Bahn, an der Supermarktkasse oder auch am Stand und auch mit den Kollegen am Werkstor treffen die verschiedensten Meinungen aufeinander. Oft dringt der Satz, die Skepsis durch „da kannst du eh nichts mehr machen“, „das Ding ist gelaufen“, „was nützt denn ein Streik?“, und oft genug kommt „die machen doch eh mit uns was sie wollen“. Doch, wenn man das Gespräch vertieft und die Zusammenhänge klärt, werden viele Menschen nachdenklich. Dann rückt die Frage nach einer Zukunftsperspektive der Jugend in den Vordergrund.

 

Erscheint es nicht wie ein Hohn, dass die Azubis nicht übernommen werden und ihnen Arbeitslosigkeit droht, während gleichzeitig die Bundeswehr an Schulen und in Fitnessstudios Eigenwerbung macht? Sollen die jungen Arbeitslosen mit vielversprechenden Karriereaussichten und guter Bezahlung in den Wehrdienst gelockt werden? Nur um dann als Kanonenfutter für den Krieg der Imperialisten zu enden? Die meisten Leute wollen keinen Krieg, haben doch Angst vor einem Überfall und finden es wichtig, dass Deutschland sich verteidigen können muss.

 

Den Menschen geht vieles durch den Kopf, sie müssen mit den verzerrten Wahrnehmungen durch die Medien fertig werden. Aber es ist nicht hoffnungslos, auch und gerade hier nicht, in Duisburg – die Stadt, in dem ein Herz aus Stahl schlägt. So höre ich an den Toren immer wieder die Kollegen das Wort Streik sagen ... manche noch zögerlich leise, andere jedoch sagen es geradeheraus. "Rheinhausen 2.0" ist in aller Munde. Gefühlt jeder zweite Kollege sagt mir, er wäre für den Streik, fügt aber sogleich an, dass ja keiner mitmacht. „Komisch, das erzählt mir jeder zweite Kollege. Sagt es nicht nur mir, sondern redet miteinander und schließt euch zusammen. Ihr müsst euch vertrauen, denn nur im gemeinsamen Kampf werdet ihr etwas bewirken.“

 

Auch mit den Leuten auf der Straße lassen sich ähnliche Gespräche führen. Die Menschen müssen für dieses Thema sensibilisiert werden und für Solidarität mit den streikenden Stahlarbeitern gewonnen werden. Der Streik der Kruppianer in Rheinhausen erfuhr eine breite Welle der Solidarität, nicht nur aus der Bevölkerung, sondern auch aus anderen Betrieben und auch international. Die Kruppwerke wurden fünf Jahre länger betrieben, kein Arbeiter fiel in Arbeitslosigkeit. Es war ein Erfolg für die Arbeiterklasse, denn sie hatten gezeigt, welche Kraft und Macht in ihnen steckt, wenn sie entschlossen für ihre Rechte nach vorne gehen und kämpfen.

 

Und wie schon die Alten sungen (und wir es heute aktualisiert singen): „Der Kampf den wir begonnen, geht weiter, bis wir ihn gewonnen, Stahlarbeiter gehen nach vorn!"