EU-Verordnung
Textilmüll – Endlich Recycling?
Ab Januar 2025 dürfen nach einer EU-Vorschrift Altkleider nicht mehr über den Restmüll entsorgt werden. Sie müssen getrennt von anderen Abfällen gesammelt werden. Das verkündete Ziel: Mehr Wiederverwendung und Recycling!
Seit 2000 hat sich die weltweite Menge an entsorgten Textilien auf 92 Millionen Tonnen pro Jahr verdoppelt. Der Großteil landete in Afrika, Asien, Südamerika, Indien und der Ukraine. Dort wurden sie deponiert oder verbrannt. Nur etwa 0,5 Prozent werden recycelt. Angesichts der kapitalistischen Realität entpuppt sich die schön klingende Verordnung aber als Luftnummer und Greenwashing.
Rechnung ohne den Wirt gemacht
In den meisten Städten sammeln und sortieren private Wiederverkäufer und Wohltätigkeitsorganisationen die Alttextilien. Stadtverwaltungen drücken sich meist um die Aufgabe und stellen lediglich Flächen zur Verfügung oder vergeben Lizenzen. Der Geschäftsführer vom Dachverband gemeinnütziger Sammelstellen, Thomas Ahlmann, appellierte, dass jetzt nicht alle Textilien in die Altcontainer gesteckt werden: „Das würde das System zum Einsturz bringen.“ Überhaupt fehlt ein Recycling-System. Verschmutzte, kaputte, auch gute Kleidung wird also weiter im Restmüll landen.
Neben der Abgabe an Bedürftige (10 Prozent) wird ein Teil der gesammelten Kleidung im stark gewachsenen Secondhand-Sektor verkauft. Der ist inzwischen sehr profitabel für Firmen wie H&M. Die Menge an Ultra-Fast-Fashion („Extrem schnelle Mode“) mit ihrer schlechten Qualität hat sich aber verdreifacht und verstopft die Altkleidercontainer.1 Die MLPD fordert die Verpflichtung zur Langlebigkeit und zum Recycling aller Produkte durch die Hersteller. Notwendig sind auch (Über)staatliche Programme der Sammlung und Sortierung.
Schaffung künstlicher Bedürfnisse als Treiber
Die Größe des Textilmarktes wird im Jahr 2024 auf 748 Milliarden US-Dollar geschätzt und soll bis 2029 889,24 Milliarden US-Dollar erreichen, was einem jährlichen Wachstum von 3,52 % im Prognosezeitraum (2024–2029) entspricht.2 Wurde früher Kleidung intensiv gepflegt, geflickt und sehr lange getragen, wurde mit der Neuorganisation der internationalen Produktion von den Monopolen eine „ex und hopp Mentalität“ gefördert. „Um dem tendenziellen Fall der Profitrate unter den Bedingungen der chronischen Überakkumulation entgegenzuwirken, sind die internationalen Übermonopole zu neuen Methoden gezwungen, die insbesondere in ihrem Umfang und ihrer Wechselwirkung die Zerstörung der Umwelt aufs Äußerste beschleunigen.“3
Mit der Propagierung einer verschwenderischen bürgerlichen Lebensweise werden künstliche Bedürfnisse geschaffen, während es einem wachsenden Teil der Menschheit am Nötigsten fehlt. In zunehmenden Ausmaß wird Ramsch auf den Markt geworfen und die Lebensdauer der Produkte ist absichtlich begrenzt, um das Kaufbedürfnis künstlich zu steigern. Pro Kopf werden so in Deutschland jährlich ungefähr 18 kg Kleidung gekauft – weltweit sind es 8 kg pro Person und Jahr.
Das Moderad dreht immer schneller
Immer mehr „Ultra-Fast-Fashion“ wird zu niedrigen Preisen verkauft. Haupttreiber sind chinesische Monopole wie „Shein“ und „Temu“. Dort gibt es T-Shirts schon für zwei Euro. Rund 6 000 neue Artikel bietet Shein an, täglich kommen 1 000 dazu. Der Wert von Shein wurde Anfang 2022 auf 86 Milliarden Euro geschätzt, sein Umsatz 2021 auf knapp 14 Mrd. Euro. Für Shein und Temu zu arbeiten, bedeutet über 75 Arbeitsstunden pro Woche zu schuften und das für Stücklöhne, ohne Arbeitsvertrag und Sozialleistungen.4 Billig geht nur wegen der extremen Ausbeutung der Arbeiterklasse, einer verheerenden Umweltbilanz und miesen Qualität. Mit einer extrem stylischen Mode wird die Zielgruppe der 15- bis 25-Jährigen angelockt.
Mit ihren Apps mit manipulativen Bannern, Dutzenden Rabatten und Spielelementen verleiten sie zu Impulskäufen. Die Shein-App verzeichnete von Januar bis Oktober 2023 weltweit rund 208 Millionen App-Downloads. Artikel von Shein und Temu gibt es fast ausschließlich im Internet, kaum in Geschäften mit Umkleiden. Über 40 Prozent der Bestellungen bei allen Internetshops werden zu Retouren, die aus Profitgründen gleich entsorgt werden. Welch eine Vergeudung!
Problem grundlegend lösen
„Es gehört zum Klassen- und Umweltbewusstsein, eine bewusste Lebensweise in Einheit mit der Natur zu fördern und sich selbst danach zu verhalten, soweit es die gesellschaftlichen Verhältnisse ermöglichen.“5 Mit der „Wegwerfproduktion“ vergeudet die kapitalistische Produktions- und Konsumptionsweise die menschliche Arbeitskraft und natürliche Ressourcen in wachsenden Umfang. Zugleich sind mit der Industrialisierung der Textilbranche mit modernen Anlagen und der Internationalisierung der Produktion alle materiellen Voraussetzungen herangereift, so zu produzieren, dass die Natur geschont wird und alle Bedürfnisse der Massen befriedigt werden können. Dafür muss die Profitwirtschaft „entsorgt“ und der Sozialismus erkämpft werden.