Reutlingen
Paukenschlag bei Bosch
Der erste Paukenschlag: Am 22. Juli verkündete der Bereichsvorstand von Bosch Mobility-Electronics per Video der Belegschaft, dass Bosch bis Ende 2029 in Reutlingen 1100 Stellen im Steuergerätebereich streicht. Der Vorstand jammerte über „sinkende Stückzahlen und zunehmenden Wettbewerbs- und Preisdruck".
Der zweite Paukenschlag am nächsten Tag, 23. Juli: die Betriebsversammlung. Die Stadthalle war überfüllt. Schon den Vortrag des Bereichsvorstandes haben die Kolleginnen und Kollegen mit lauten Buhrufen quittiert. Worte wie „Der erforderliche Stellenabbau fällt uns nicht leicht“ wurden mit hämischem „Oooohhh …“ begleitet. Und dann der Auftritt von Kolleginnen und Kollegen: Über 15 haben gesprochen – und wie! Eine Kollegin postierte sich auf der Bühne selbstbewusst zwischen den Vorständen: „Jetzt machen wir ein Gedankenexperiment und denken uns in das Jahr 2030. Da stehen wir wieder hier und was sind dann die Botschaften?“ Geschwafel als Antwort! Es ist die Erfahrung der letzten Jahre, dass mit jeder Arbeitsplatzvernichtung eine glänzende Zukunft versprochen wird, um dann nach zwei Jahren dieselbe Leier wiederzuhören.
Die Azubis, deren unbefristete Übernahme nur bis Ende 2025 garantiert ist, kamen mit dem Transparent „Übernahme für alle“ und „Die Krise gehört euch – die Zukunft gehört uns!“ auf die Bühne. Und schwupp – sie drehten sich um. Auf dem Rücken ihrer T-Shirts stand „KAMPFBEREIT“ und zwei Boxhandschuhe waren abgebildet. Die Azubis bekamen tosenden Beifall.
Vor vier Wochen hatte Bosch verkündet, dass die Jubiläumsleistungen gestrichen sind. Das waren ein zusätzlicher Monatslohn nach 25 Jahren und zwei Monatslöhne nach 40 Jahren plus Sonderurlaub. Die Reutlinger Belegschaft hatte sofort nach der Verkündung mit spontanen Arbeitsniederlegungen protestiert. Ein Kollege: Es sollten elf Manager gehen, dann ist so viel eingespart wie mit 1100 Kollegen.
Die Stimmung war kämpferisch und aufgewühlt. Bei den Sprechchören „Stoppt die Jobkiller“ hat die Stadthalle gebebt. Der Gedanke an Streik ist lebendig: „Wir sollten unsere Macht demonstrieren“. Der Betriebsrat hat dann die Betriebsversammlung nur unterbrochen, nicht beendet!
Bosch hat seit Ende 2023 die Vernichtung von weltweit 14 000 Stellen angekündigt, hauptsächlich in Deutschland. Gleichzeitig erhält Bosch Milliarden Euro an Subventionen aus unseren Steuergeldern von der EU und den Regierungen, egal ob Rot/Grün oder Schwarz/Rot. Bosch hat über 3 Milliarden Euro in die Fertigung von Elektronikchips gesteckt und will 8 Milliarden Euro in den Ausbau von Wärmepumpen und Klimaanlagen stecken. Dann klagt Bosch, er mache zu wenig Gewinn.
Die Boschler in Reutlingen spüren, dass Bosch seine Profitoffensive trotz Absatzproblemen aus ihnen herauspressen will und dafür 1100 Arbeitsplätze über die Klinge springen sollen. Absatzkrisen sind die Krisen des Kapitalismus. Passt doch der Spruch der Azubis „Die Krise gehört euch – die Zukunft gehört uns!“. Ein harter Kampf um jeden Ausbildungs- und Arbeitsplatz steht an - die Betriebsversammlung war ein kämpferischer Schritt hierzu.