Grundsatzbeitrag von Gabi Fechtner
Der Amtsantritt des Faschisten Donald Trump – eine Zäsur in der Nachkriegsgeschichte
In einem Grundsatzbeitrag behandelt Gabi Fechtner, Vorsitzende der MLPD, den rasanten Umbau der USA zu einer faschistischen Diktatur, was das Geschehen weltweit beeinflusst. Diese Analyse ist zuerst am 23. Mai im Rote Fahne Magazin 11 / 2025 erschienen.
Der Amtsantritt des Faschisten Donald Trump bedeutet eine Zäsur in der Nachkriegsgeschichte, die das Geschehen weltweit beeinflusst. Trump baut die USA seit 100 Tagen im Sinne einer faschistischen Diktatur um, wobei wesentliche Merkmale sind:
1. Trump geht zu einer faschistischen, aggressiv-imperialistisch-kolonialen Außenpolitik über: So will er Kanada und Grönland annektieren, fordert die Oberhoheit über den Panama-Kanal.
2. Auch ökonomisch wird knallhart „America first“ durchgesetzt.
3. Faschistische und rassistische Flüchtlingspolitik: Trump plant, „Millionen und Abermillionen“ abzuschieben. An der Grenze zu Mexiko wurde mit Amtsantritt der Notstand ausgerufen, das Militär wirkt massiv an Abschiebungen mit.
4. Einrichtung von KZ-ähnlichen Gefängnissen, zunächst für Flüchtlinge: Guantánamo wird ein solches Lager für 30 000 Flüchtlinge. 150 venezolanische Migranten wurden bereits in das faschistische CECOT-Gefängnis nach El Salvador deportiert, teils entgegen Urteilen von US-Richtern. Heimatschutzministerin Noem ließ sich wie eine KZ-Wärterin vor in Käfigen kahlrasiert zusammengepferchten Häftlingen ablichten.
5. Aufhebung der bürgerlich-demokratischen Gewaltenteilung und Unterordnung aller staatlichen Entscheidungen unter den faschistischen Präsidenten: So erließ Trump in feudal-monarchischer Manier in den ersten 100 Tagen seiner Amtszeit 143 Dekrete, also 1,5 pro Tag. Die Sprecherin des Weißen Hauses, Karoline Leavitt, stellte klar, dass nach Ansicht Trumps Bundesgerichte „keine Jurisdiktion über die Außenpolitik eines US-Präsidenten“ haben.¹ Viele Staatsanwälte, die an Verfahren gegen Trump beteiligt waren, zwang die US-Administration, ihre Ämter aufzugeben.
6. Massensäuberungen im Staatsapparat, um demokratische und kritische Kräfte auszuschalten.
7. Übergang zu einer rassistischen Auslegung der Staatsbürgerschaft entsprechend der faschistischen Theorie des „Ethno-Pluralismus“, nach dem ein Volk an seiner Ethnie, nicht nach der Staatsbürgerschaft festgemacht wird. Trump hat verfassungswidrig das Geburtsortsprinzip im Staatsangehörigenrecht abgeschafft.
8. Trump hat dekretiert, die Todesstrafen auszuweiten, und eine Hinrichtungswelle in den USA droht. Er wies Justizministerin Pam Bondi – die auch höchste Staatsanwältin ist – an, die Todesstrafe zu verlangen, wenn „ein illegal in den USA lebender Migrant ein ‚Staatsverbrechen‘ begeht“.² Zu Staatsverbrechen zählen auch Cyberangriffe, Geldwäsche, Rauschgifthandel, Steuerhinterziehung.
9. Aufhebung der Rechte von queeren Menschen.
10. Umfassende Faschisierung der bürgerlichen Ideologie. Kern seines ideologischen Kampfs ist der aggressive Antikommunismus: Im Wahlkampf bezeichnete Trump Kamala Harris als „Marxistin, Kommunistin, Faschistin“, die eine „Regierung im kommunistischen Stil“ errichten wolle. Die kleinbürgerlich-antikommunistische Denkweise wird in die faschistische Demagogie integriert. Gezielt wurde diese in der Latino-Bevölkerung mobilisiert, die aus bürokratisch-kapitalistischen Ländern wie Kuba oder Venezuela geflohen ist. Nutzung der Sprache als aggressives Kampfmittel: So wies er US-Behörden an, 200 Begriffe nicht mehr zu verwenden, wie „Rassismus“ und „Klimakrise“. Eine weitere Methode ist die Schaffung von Feindbildern und aggressive Hetze gegen Migranten, queere Menschen, Demokraten und Sozialisten. Die Religion wird faschistoid instrumentalisiert.
11. Schrittweise offene Gleichschaltung der Medien: heftige Drohungen gegenüber Journalisten und Medien, die kritisch über Trump berichten. Ins Weiße Haus haben nur noch Trump-freundliche Medien Zugang. Verschiedene Medien sind nur noch faschistische Propaganda-Maschinen der Trump-Regierung.
12. Angriff auf die bürgerlich-demokratische Wissenschaft: Weil sich die Harvard University nicht dem Diktat Trumps beugen will, werden ihr Milliarden Gelder gestrichen.
13. Menschenverachtende Einstellung humanitärer Hilfe und Zerschlagung bisheriger multilateraler internationaler Organisationsformen: Der Ausstieg der USA aus der WHO oder USAID treibt einerseits die Verelendung breiterer Massen auf der Welt voran, fordert andererseits auch ihre Rebellion heraus.
14. Dramatische Angriffe auf die natürliche Umwelt: Trump will die fossilen Energien „entfesseln“ und alle Klimavorschriften seit 1970 streichen, ohne minimalste Rücksicht auf das Überleben der Menschheit.
Der begonnene Wechsel zur faschistischen Herrschaftsform in den USA beflügelt Faschisten auf der ganzen Welt. Sie sind angetreten, den Massen den modernen Faschismus als Ausweg aus dem Dilemma zu präsentieren. Dabei wird vor allem die kleinbürgerlich-antikommunistische Denkweise mobilisiert, nach der die linke Alternative, der Sozialismus, gescheitert sei.
Dabei wird geschickt genutzt, dass die bisher bürgerlich-demokratischen Herrschenden das System der kleinbürgerlichen Denkweise in einer scheinbar fortschrittlichen Variante nutzen. So kann man Kritik an der Regierung als Kritik am links-grünen Mainstream und sozialistischer Wirtschaftspolitik deklarieren.
Ob der qualitative Sprung zur Errichtung der faschistischen Diktatur aber ausreift, hängt wesentlich davon ab, wie die Arbeiterklasse und Volksmassen sich verhalten. Trump hat bereits deutliche Einbußen bei seiner Massenbasis. 51 Prozent der Bevölkerung lehnen mittlerweile seine „Handlungen“ ab, in Bezug auf den Handel sind es 56 Prozent, zur Inflation 62 Prozent.³
Trump wurde von vielen Arbeitern gewählt, weil sie sich eine Linderung sozialer Probleme und der Inflation erhofft hatten. Er erklärte kurz nach Amtsantritt, die Inflation sei gelöst, während sie zwischen 2,8 und 4 Prozent schwankt. Er versprach einen „Trump-Boom“ an den Börsen – und erreichte die schlechteste 100 Tages-Bilanz aller US-Präsidenten seit 1945, von Nixon abgesehen. Er hat es auch fertig gebracht, die schlechtesten 100-Tage-Umfragewerte aller Präsidenten seit 70 Jahren zu erreichen.
Der schreiende Widerspruch zwischen narzisstisch-größenwahnsinniger Selbstbeweihräucherung und der Realität dürfte einerseits für Trump ein wachsendes Problem werden. Denn: Je höher die eigene Aufwertung, umso tiefer der Fall, den man ihm von Herzen wünscht! Andererseits werden die Trump‘schen Narrative und Fake News systematisch in verschiedenen Medien verbreitet, die keinerlei andere Auffassungen mehr erwähnen. Diese faschistischen Propagandamethoden darf man nicht unterschätzen.
Die Arbeiter- und Volksbewegung der USA hat begonnen, sich aus ihrer Paralysierung zu lösen. Am 19. April 2025 gab es den zweiten landesweiten Protesttag mit Aktivitäten in 700 Städten. Mittlerweile stellen sich fortschrittliche Kulturschaffende mit an die Spitze der Bewegung, was diese deutlich verbreitert. Auch am 1. Mai gab es Massendemonstrationen, was in den USA nicht unbedingt üblich ist. Die Situation fordert massenhaft Leute heraus, „wieder politisch aktiv zu werden“, wie ntv analysiert. Es wird festgestellt, dass eine „neue linke Generation“⁴ in den USA entsteht. Sie protestiert gegen die „Oligarchie“ in den USA. 2024 hatte bereits ein Viertel aller jungen Erwachsenen einen positiven Blick auf den Kommunismus.⁵ In den USA gehen Widersprüche weit in den Staatsapparat und demokratische Richter stoppen zunehmend Trumps Dekrete.
Man muss sich auf neue, teils überraschende Entwicklungen einstellen. So ist absehbar, dass sich die Demokraten, die mehr Dachorganisation verschiedenster Strömungen als Partei sind, spalten. Hier spitzt sich der Linienkampf zu. Es ist ein Flügel mit sozialistischem Anspruch entstanden, der auch gegen den Reaktionär Biden Sturm läuft.
Weltweit entwickeln sich mutige antifaschistisch-demokratische Proteste wie in Argentinien oder Serbien, in der Türkei sogar der Übergang zu einer demokratisch-antifaschistischen revolutionären Gärung. Die Wahl des Liberalen Carney in Kanada ist nicht nur eine Absage an Trumps Annexionsdrohungen, sondern die Massen haben auch ihre Erfahrungen mit den ersten Monaten der faschistischen Trump-Administration gemacht.
Die modernen Faschisten agieren zu Beginn meist noch nicht mit offenem Terror gegen die Arbeiterbewegung. Früher oder später müssen und werden sie zu offenem Terror übergehen, wenn die Mittel des Betrugs an Wirkung verlieren.