Kürzung EU-Agrarhaushalt

Kürzung EU-Agrarhaushalt

Auf Kosten der Umwelt und der bäuerlichen Familienbetriebe!

Seit Wochen kursiert in Brüssel die Gerüchteküche: Der Agrarhaushalt soll erheblich gekürzt werden. Nun ließ die EU-Kommission ihren Vorschlag für die kommenden Jahre aus dem Sack.

Von wr
Auf Kosten der Umwelt und der bäuerlichen Familienbetriebe!
Urteilsspruch beim Tribunal gegen die "Großkopferten" am 13. Juli in Huglfing (rf-foto)

Von einer 20-Prozent-Kürzung ist die Rede. Im Gegensatz dazu soll der ganze EU-Haushalt um 66 Prozent steigen. Am Dienstag fuhr eine 600-Mannstarke Delegation von Bauernverbandsfunktionären mehrerer europäischer Länder zum Protest nach Brüssel. Als „EU-Reformhammer" und „mindestens drei große Nackenschläge für Bauern“ bezeichnet das Bayerische Landwirtschaftliche Wochenblatt die Vorlage aus dem Haus von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Und die Bildzeitung orakelt mit böser Ahnung: „Kommt jetzt der große Bauernaufstand?“ In heller Empörung malen die Bauernverbandspräsidenten den Untergang der deutschen Landwirtschaft an die Wand.

 

Alle sieben Jahre wird in den sogenannten GAP¹-Verhandlungen der mehrjährige Finanzrahmen für Agrarsubventionen erstellt. Für 2028 bis 2034 wird er jetzt von der Europäischen Kommission vorgeschlagen, bevor er von den EU-Staaten und dem Europaparlament diskutiert, dann beschlossen und in nationales Recht umgesetzt wird. Nach ersten Verlautbarungen aus Brüssel ist eine Flut von Wohltaten für die Umwelt und die Bauern zu erwarten. Die 27 Mitgliedsstaaten könnten den jährlichen Betrag der flächenbezogenen Gelder ab einer bestimmten Grenze deckeln. Dafür könnten kleine Betriebe ebenso wie Jungbauern profitieren und mehr unterstützt werden. Regionale Umweltförderungen könnten zielgenauer eingesetzt werden. Kleinlandwirte könnten künftig ohne Antrag bis zu 3.000 Euro Pauschalzahlungen bekommen. Könnten, könnten, könnten…!? Die Frage, was und wie da alles verwirklicht werden soll, lässt erhebliche Zweifel aufkommen.

Für die Großen kleine Abstriche - für die Kleinen große Abzüge

Die Kommission will künftig die Auszahlungen im Finanzrahmen der „Gemeinsamen Agrarpolitik der Europäischen Union“ (GAP) vereinfachen. Bisher werden landwirtschaftliche Aktivitäten aus sehr vielen Töpfen gefördert. Schon die GAP ist in zwei Säulen unterteilt: Direktzahlungen an Landwirte und Förderungen für ländliche Entwicklung. Die Höhe der Direktzahlungen (Hektarprämie) richtet sich bisher nach der Größe der landwirtschaftlichen Fläche. Die soll nun herunter gestaffelt werden. Dabei können aber die großen Agrarkonzerne auch gut ohne diese auskommen. Aber nicht die kleineren Betriebe, für die dieser Anteil existenziell notwendig ist.

 

Ab 2027 sollen EU-Gelder der zweiten Säule für freiwillige Umweltleistungen eingestellt werden. Dazu gehören Kulturlandschaftspflegeprogramme (KULAP). Diese erhalten Landwirte für umweltschonende Praktiken, die sie über gesetzliche Vorgaben hinaus erbringen. Z.B. erhalten von schützenswerten Naturflächen und Arten usw. Bayern hat bereits erklärt, im Fall der Streichung durch die EU die Mittel im eigenen Haushalt nicht mehr aufbringen zu können.

EU-Haushalt wird auf „Kriegstüchtigkeit umgekrempelt

Scheinbar trägt die EU-Kommission der wachsenden Kritik an der Subventionspolitik zu Gunsten der Großen auf Kosten der Kleinen Rechnung. Sogar Experten können in dem komplizierten Regelwerk kaum noch durchblicken. Die Kommission will unter dem Stichwort „Bürokratieabbau“ den Agrarhaushalt, den Kohäsionsfonds (zur Strukturförderung für wirtschaftlich schwach entwickelte Regionen, um ökonomische und soziale Unterschiede auszugleichen) und den Wettbewerbsfonds in einen Topf zusammen führen. Aus diesem sollen auch EU-Einrichtungen für Zivilschutz, die Grenzschutzagentur Frontex und die Polizeibehörde Europol ihr Geld bekommen. Dafür können andere Posten gekürzt werden. "Wir brauchen mehr Spielraum für das Unvorhergesehene, um schneller auf neue Prioritäten und Krisen antworten zu können", sagte der polnische EU-Haushalts-Kommissar Pjotr Serafin. Und diese Prioritäten heißen Aufrüstung und Abwälzung der Krisenlasten auf die Massen zugunsten der internationalen Konkurrenz und Vernichtungsschlacht der Monopole!

 

Bei allen GAP-Verhandlungen seit 1962 wurde zu jedem „Reformvorschlag“ der Kommission ein bunter Strauß von Verbesserungen für die Masse der Bauern in Aussicht gestellt. Diese werden erfahrungsgemäß im Verfahrensprozess weich gespült, dass davon am Ende kaum etwas bis gar nichts übrig bleibt. Wachsamkeit ist angesagt!

Beachtenswertes Tribunal gegen die Agrarkonzerne

Das hat auch das Tribunal mit Milchbauern anlässlich des Gedenkens an 500 Jahre Bauernkrieg im oberbayerischen Huglfing letztes Wochenende unterstrichen. In der Pressemeldung heißt es u.a.:

 

„Wo erlebt man heute, dass Bauern Gericht halten über diejenigen, die sie ausbeuten, schikanieren und ihrer Existenz berauben? Es war eine besondere Veranstaltung gegen die 'Großkopferten' im Gasthaus Moosmühle, wie das Weilheimer Tagblatt zwei Tage vorher ankündigte ...

 

Romuald Schaber aus dem Allgäu und Gerd Zitzner aus Essen trugen die zehn Anklagepunkte vor. Zu allen Punkten gab es 35 Zeugenaussagen und nochmal 25 Beiträge vom Ankläger und Beisitzer. Die ganze Veranstaltung prägte eine große Übereinstimmung mit der Anklage ...

 

Das angeklagte internationale Finanzkapital und seine Handlanger in den Regierungen wurden in allen Punkten für vorsätzlich schuldig erklärt. Dem stimmte die gesamte Versammlung einstimmig ohne Enthaltung zu! Ebenso einheitlich wurde der Vorschlag angenommen, sich für die Vorbereitung einer Weltbauernkonferenz in absehbarer Zeit einzusetzen.“

 

Wenn die Bauern für ihre Produkte höhere Erzeugerpreise auf kostendeckender Basis vom Groß- und Einzelhandel erhielten, wären Subventionen gar nicht nötig. Diese sind keine Hilfe, sondern eine Form der modernen Versklavung, um die Masse der Bauern immer tiefer in Abhängigkeit vom Finanzkapital zu bringen.