Böblingen
Denkmal "Gesichter des Bauernkriegs" - Grund zur Niederlagenstimmung?
Zum 500. Jahrestag der württembergischen Entscheidungsschlacht des Bauernkrieges am 12. Mai 1525 in Böblingen wurde das Denkmal des Künstlers Peter Lenk „Gesichter des Bauernkriegs“ am Oberen See in Böblingen enthüllt.
Das Denkmal ist eine fast 10 Meter hohe, nach oben hin zulaufende fünfseitige Säule, mit Reliefs, Figuren und historischen Abbildungen versehen, oben eine Krone mit einer mannshohen Figur, die den Truchsess von Waldburg-Zeil darstellt.
Sehr plastisch und eindrucksvoll stellen die Reliefs die harten Lebensbedingungen, Armut und brutale Unterdrückung der leibeigenen Bauern dar, aber auch, wie die damals herrschende Klasse – Adel und Klerus – den von den Bauern produzierten Reichtum verprassten. Die Wut der Bauern wird lebendig in der Darstellung der Hinrichtung des brutalen Grafen von Helferstein. Der Betrachter solidarisiert sich mit den Aufständischen, ist gleichzeitig entsetzt von der Grausamkeit, mit der sie zu Tausenden niedergemetzelt und bestraft wurden.
Und über allem thront – zwei prall gefüllte Geldsäcke unter den Armen – der Truchsess auf einem Schädelhaufen, der von ihm als Anführer des „Schwäbischen Bundes“ und seinen Landsknechten ermordeten. Das lässt einen doch mit Ratlosigkeit und einem schalen Gefühl zurück. Was sollen wir daraus für Schlussfolgerungen ziehen? Der „kleine Mann“ rennt blind, kaum bewaffnet, zerstritten und unorganisiert, in sein Verderben beziehungsweise die Falle, die ihm das überlegene Heer stellt? Und am Ende siegen immer die Herrschenden?
Mitnichten, Herr Lenk, das hätten die Herren gerne so! So war es auch nicht, die Tatsachen erzählen uns eine andere Geschichte: Die Bauern hatten ein gemeinsames Ziel, die 12 Artikel – dank der modernen Drucktechnik landesweit verbreitet – waren ihr Manifest, das sie gemeinsam, in einem demokratischen Prozess, erstellt hatten. Sie waren gut organisiert, wählten ihre Anführer und viele waren der Waffentechnik kundig, da sie zum Teil als Landsknechte gekämpft hatten. Sie erbeuteten in den ersten erfolgreichen Kämpfen auch Kanonen, die sie gerade auch in Böblingen zur Verfügung hatten. Die Aufstellung der Truppen und der Bauernhaufen kann man in einem 3D-Panorama im Bauernkriegsmuseum Böblingen sehen. Zudem waren sie den Truppen des Schwäbischen Bundes zahlenmäßig überlegen. Ganz zu schweigen von der Kampfmoral!
Natürlich waren die ausgebildeten Soldaten in der Waffentechnik überlegen, vor allem setzten sie auch das kurz vorher entwickelte Schießpulver professionell ein. Mit entscheidend für die Niederlage war jedoch auch der Verrat der Böblinger Stadtväter, die trotz gegenteiliger Zusagen die Truppen des Schwäbischen Bundes in die Stadt ließen. Die Geschichte lehrt uns, dass der deutsche Bauernkrieg vor 500 Jahren der erste Aufstand der unterdrückten Klassen für Freiheit und Gleichberechtigung war, auf den wir stolz sein können. „Die Enkel fechten’s besser aus!“ heißt es im bekannten Lied „Des Geyers schwarzer Haufen“.
Es lohnt sich, das Denkmal zu besuchen und darüber zu diskutieren. Bei meinem Besuch traf ich drei junge Mädchen im Alter von zehn bis dreizehn, die das Denkmal interessiert betrachteten, aber nicht verstanden, worum es geht. Nach meiner Erklärung fragten sie gespannt: „Und haben sie gewonnen?“ Das musste ich verneinen und ich sagte ihnen: „Sie haben uns aber einen Auftrag gegeben, dass wir den Kampf ausfechten, gegen Unterdrückung, Ausbeutung und Krieg.“ Das beeindruckte die drei Mädchen und sie fanden das sehr wichtig.