Vielfältiger Protest im Arbeiter- und Migrantenviertel
Essen-Kray: Antifaschistischer Widerstand wächst
Am 11. Juli war es wieder so weit: Seit mehreren Monaten formiert sich der vielfältige Protest gegen die Landeszentrale der Partei „Die Heimat“ in Essen-Kray als Basis für die militante Neonazi-Szene.
Hier treffen sich Faschisten aus ganz Deutschland. Nicht, wie sie sich selbst geben, um „ganz normale Parteiveranstaltungen“ durchzuführen. Hier wird beraten und organisiert, wie Angriffe auf CSDs gemacht werden; um in die faschistischen Jugendgruppen aufgenommen zu werden, muss man Brandanschläge auf Geflüchtetenheime oder ähnliches machen und dokumentieren, wie WDR oder RBB berichteten.
Kritisiert wurde darum die Berichterstattung in den FunkeMedien, die nur Anwohner zitiert, welche die antifaschistischen Gegendemonstranten als „Störenfriede“ darstellt. Und keinesfalls migrantisch aussehende Anwohner, die aufs Übelste beleidigt und bedroht werden. Damit wird zur Verharmlosung der Faschisten beigetragen. In zahlreichen Gesprächen wurde deutlich, dass viele Anwohner sehr wohl begrüßen, dass sie sich nicht unwidersprochen breit machen können. Es gibt aber auch Angst, sich an den Protesten zu beteiligen. Und auch eine starke Unterschätzung der faschistischen Gefahr.
Sehr erfreulich war, dass der antifaschistische Widerstand am 11. Juli wuchs, während die Beteiligung bei den Faschisten deutlich zurück ging. Sie wurden diesmal von beiden Seiten beschallt: Neben der Kundgebung von Essen-stellt-sich-quer fand eine Kundgebung der antifaschistischen Anwohnerinitiative und weiterer Gruppen statt. Nach dem breiten Protest gegen die brutale Polizeiattacke auf den antifaschistischen und revolutionären Rechtsanwalt und Anwohner Roland Meister geriet die Polizeiführung offenbar in die Defensive, so dass die angemeldete Gegenkundgebung diesmal an der gewünschten Stellen entlang der Aufzugstrecke der Faschisten stattfinden konnte. Hier versammelten sich im Laufe des Abends ca. 150 Demonstrierende, von jung bis alt und verschiedenster Herkunft. Da klar war, dass es ein langer Abend wird, hatten Anwohner leckere Brötchen und Kekse mitgebracht. Außerdem gab es einen Infotisch der beteiligten Organisationen. Es waren Fahnen der MLPD, des Jugendverbands REBELL, von BirKar, dem Solidaritätsnetzwerk, der Internationalen Jugend und des Kommunistischen Aufbaus zu sehen.
Moderiert wurde die Kundgebung von Roland Meister und einem Mitglied des Jugendverbands REBELL. Es gab einen Mix aus Redebeträgen, Live-Musik und Parolen. Am offenen Mikrofon kamen alle gleichberechtigt zu Wort. Sie richtete sich auch bewusst an die Anwohner:innen und Besucher der gegenüber liegenden Kneipe. In den Redebeiträgen wurde klar gesagt, was die Faschisten in ihrem Zentrum machen, und dass rassistische Spaltung und faschistische Propaganda keinen Platz in diesem international geprägten Arbeiterviertel haben.
Gabi Fechtner, Parteivorsitzende der MLPD, spann den Bogen von Essen-Kray zur reaktionären Wende der Bundesregierung und der Entwicklung international. Sie warb für eine verstärkte Diskussion um die gesellschaftliche Perspektive des echten Sozialismus und den Kampf dafür, um dem Faschismus den Boden zu entziehen.
Die Polizei Essen machte ihrem negativen Ruf wieder alle Ehre. Nachdem am 13. Juni Roland Meister ein Opfer von Polizeigewalt wurde, wurden dieselben Beamten in die vorderste Reihe gestellt. Es gab ein großes Polizeiaufgebot, was sich nur mit den Antifaschisten und Antifaschistinnen beschäftigte. Die etwa 50 Faschisten konnten über längere Zeit eine zentrale Straße mit ihrer Kundgebung blockieren. Beobachter berichteten, dass sie von Sprache, Form und Inhalt her in einem offen faschistischen, aggressiven Stil durchgeführt wurde. Das allein wäre Grund genug gewesen, es zu unterbinden. Die antifaschistische Kundgebung kritisierte das in aller Deutlichkeit.
Trotz mehrfacher Aufforderung wurde auch das provokative Filmen von Antifaschisten durch einen faschistischen Youtuber durch die Polizei nicht unterbunden. Im Gegenteil, als er mit lauten Trillerpfeifen und Vuvuzelas von Antifaschisten gestört wurde, griff die Polizei sich aggressiv einen älteren Herren heraus und nahm in kurzzeitig fest, um eine Anzeige wegen Körperverletzung gegen ihn aufzunehmen. Dagegen meldeten die Antifaschisten eine Spontankundgebung an und blieben solidarisch so lange vor Ort, bis er wieder auf freiem Fuß war. Es wurde klar gemacht, dass dieses Verhalten der Polizei nicht akzeptiert wird und ein Nachspiel hat. Es wurde vereinbart, am 8. August mit noch mehr Antifaschist:innen, insbesondere aus den Gewerkschaften, wieder zu kommen. Die Aktion ging dann am späten Abend sehr passend mit dem alten Arbeiterlied „Keiner schiebt uns weg!“ zu Ende.