Wuppertal
Bergisches Land: Unternehmerhäuptlinge auf dem Kriegspfad
Da beschließt die Bundesregierung – Friedenspfeifen hin oder her - den größten Rüstungstetat der Nachkriegszeit. Und passend dazu dröhnen in der bürgerlichen Presse die Umfragetrommeln: “Junge Deutsche wollen die Atombombe“ (t-online 26.06.2025). Und zwei Tage später legte die Westdeutsche Zeitung (WZ) nach: „Mehrheit für höhere Verteidigungsausgaben“.
Und schon gibt es im NRW-Wirtschaftsministerium ein neues Referat für Verteidigung, Defense und Luft- und und Raumfahrtthemen, auch als Schnittstelle für militärische Systemlieferanten.
Und so musste auch den Leuten im Bergischen Land doch endlich mal von der IHK (Industrie und Handelskammer) gesagt werden, dass die „Rüstungsindustrie“ auch „eine große Chance zur Beschäftigungssicherung in schwierigen Zeiten der Automobilindustrie bedeuten könnte“. „Vorbildlich“ arbeiten schon heute 9,6% der hiesigen Firmen für die Rüstung; schon seit Jahren neben dem Werkzeughersteller Stahlwille in Wuppertal vor allem KNDS Deutschland Tracks in Remscheid. KNDS produziert Ketten für Leopard-Panzer 1 und 2, für Marder, Wiesel die Panzerhaubitze 2000 und den Puma (WZ 24. März 2025). Allesamt Rückgrat der Streitkräfte, die ohne die Panzerketten aus Remscheid nicht laufen würden.
Angesichts der weltweiten Kriegsszenarien muss freilich auch per IHK wehrunwilligen Jugendlichen beigebogen werden, dass die Bundeswehr doch zu den Guten gehört und nur für hehre Ziele eingesetzt wird. Und flugs verkündete im Mai 2025 der Wuppertaler IHK-Chef Henner Pasch, auch Chef eines IT-Unternehmens, in der WZ, er habe sich als einstiger Wehrdienstverweigerer nun auch zum Dienst beim Bund gemeldet. Er könne „im Ernstfall von erheblichem Nutzen sein ... Wenn wir angegriffen werden, kann ich mit meiner Führungserfahrung und mit meinen 10.000 Kontakten im Handy helfen, den Heimatschutz im Bergischen zu organisieren“. Ein Schelm der Böses dabei denkt! Unter Heimatschutzkommando versteht man heute landläufig meist die Hilfe im Kampf gegen Hochwasser, Waldbrände usw. Es ist jedoch vor allem auch für den Fall gedacht, wenn für die Herrschenden und ihr Profitsystem der „Ernstfall“ eintritt. Dann geht es beim Heimatschutz gegen den Feind im Innern, um Niederschlagung von Unruhen, Massenprotesten gegen den Krieg und revolutionäre Erhebungen.
Das Tam-Tam der Unternehmerhäuptlinge folgte auf dem Fuße. Ende Juni tagte die Mitgliederversammlung des Arbeitgeber- und Wirtschaftsverbands Großhandel-Außenhandel-Dienstleistung Bergisch Land. Carlo Masala, Prof. an der Bundeswehr-Uni und Autor des Buches „Wenn Russland gewinnt – ein Szenario“, betätigte sich geradezu als beschwörender Medizinmann. In seinem Vortrag brachte er die 100 Teilnehmer so richtig in Trance bzw. auf Kurs. Er machte „fundiert deutlich, dass die Welt gerade neu geordnet wird“. Und wie es sich für die bürgerliche Presse gehört, brachte die WZ gleich drei Tage später, am 2. Juli, ein ganzseitiges Interview mit diesem Professor der krisengeschüttelten bürgerlichen Wissenschaft. Böse Zungen behaupten, die WZ würde bald zeitgemäß wieder in den früheren Namen geändert, in: „Generalanzeiger".
Und wieder zwei Tage später hatte die IHK zu einer Info-Veranstaltung geladen wegen „Zukunftsmarkt Verteidigung“. Es „sei bei dem Thema Tempo gefordert. Experten rechnen im schlimmsten Fall 2029 mit dem NATO Bündnisfall.“ Damit sich die Unternehmen strategisch aufstellen, gab es praxisnahe Einblicke in die Bedarfe und Erwartungen potentieller Auftraggeber. Der Geschäftsführer der KNDS sprach über die aktuellen Herausforderungen der Rüstungsindustrie. Und tiefen Einblick in den Beschaffungsprozess gab Brigadegeneral a.D. Tomas Czirwitzky, wie sich potentielle Partner auf die staatliche Zusammenarbeit einstellen können. Nicht fehlen durfte bei dem erlauchten Treffen auch die NRW.Bank. Sie stellte ihr Förderprogramm Invest-Zukunft vor, das gezielt „Investitionsvorhaben im Transformationsprozess“ unterstützt. Und mit treuherzigem Blick versicherte der IHK-Vizepräsident Andreas Groß: “Wir haben zur Kenntnis genommen, dass wir eine andere Realität haben und uns keine Naivität leisten können. Wir wollen damit natürlich keinen Krieg schüren, sondern wollen Demokratie schützen.“
Wir Arbeiter können uns erst recht nicht die Naivität leisten, die Diktatur der Monopole für Demokratie zu halten oder in die Friedfertigkeit des deutschen Imperialismus vertrauen, der schon zwei Weltkriege angezettelt hat.