Lars Klingbeil abgestraft

Lars Klingbeil abgestraft

SPD-Parteitag: Spagat missglückt - Krise schwelt weiter

Am Sonntag ging der Parteitag der SPD zu Ende, der eigentlich das Desaster bei der Bundestagswahl aufarbeiten sollte.

Von lm
SPD-Parteitag: Spagat missglückt - Krise schwelt weiter
Bei der Abstimmung über die Prüfung eines AfD-Verbots-Verfahrens

Sie hatte gerade einmal 16,4 % der Stimmen erhalten. In Umfragen liegt sie inzwischen nur noch bei 15 %. Ist dieser Parteitag nun das Aufbruchsignal für eine neue Zukunft als Volkspartei?

 

Die Frage kann klar mit Nein beantwortet werden. Unmittelbar vor dem Parteitag hatte die Mindestlohnkommission schon das SPD-Wahlversprechen mit Erhöhung des Mindestlohns auf 15 € in 2026 zerlegt. Das Herzensanliegen der SPD mit dem Bürgergeld als Ersatz für das verhasste Hartz IV – es wurde schon in den Koalitionsverhandlungen mit der CDU geopfert.

 

Gegen den Hochrüstungskurs der Regierung und die Festlegung auf das NATO-Ziel, den Rüstungsetat auf 5% des Bruttoinlandsproduktes zu erhöhen, hatte sich innerparteilicher Widerstand geregt. Ein Manifest prominenter SPD-Mitglieder (u.a. Ralf Stegner) mit Kritik daran, dass nur noch über Aufrüstung und nicht über Diplomatie gesprochen wird, war vom Parteichef Klingbeil und SPD-Kriegsminister Pistorius brutal abgekanzelt worden.

 

Tief getroffen schlug ein Mitverfasser, der frühere Fraktionsvorsitzende Mützenich, die Einladung zum Parteitag aus und verzichtete auf heuchlerische Ehrungen. In dem Manifest kommt der Wunsch vieler Sozialdemokraten zum Ausdruck, Teil der Friedensbewegung wie in den 80er Jahren zu sein. „In der Parteitagshalle zeigen sich etliche SPD-Mitglieder in roten T-shirts mit der Aufschrift >Abrüsten, irgendwann ist jetzt<“¹

 

Die Jusos hatten vor dem Parteitag jede Wehrpflicht abgelehnt. Beschlossen wurde ein Bekenntnis zum neuen Wehrdienst, welcher demnächst auf Initiative von Pistorius beschlossen werden soll. Sein Gesetz betont „Freiwilligkeit“, die aber wieder aufgehoben wird, wenn - wie zu erwarten ist – sich keine 60 000 zusätzlichen Soldaten freiwillig melden. Für seinen Kurs zur uferlosen Hochrüstung und dem Abbau sozialer Rechte wurde Lars Klingbeil von nur 64,9 % der Parteitagsdelegierten wiedergewählt. Sicher war das auch eine Quittung dafür, dass er bereits in den Koalitionsverhandlungen viele sozialdemokratische Positionen aufgegeben und indirekt seiner früheren Co-Vorsitzenden Saskia Esken die Verantwortung für die Wahlniederlage zugeschoben hatte.

 

Die aus einer Arbeiterfamilie stammende Bärbel Bas erhielt demgegenüber 95 % der Stimmen. Der neue 33-jährige Generalsekretär Tim Klüssendorf will 2027 die SPD mit einem neuen Grundsatzprogramm zu einer „Fortschrittspartei“ machen. Die Krise der SPD wird auch dann nicht zu lösen sein. „Wenn eine vormalige Arbeiterpartei die Ziele der Arbeiterbewegung als veraltet diffamiert, die Arbeiter abschreibt und ihr Heil in offener Gefolgschaft für die herrschenden Monopole sucht, braucht sich nicht zu wundern, wenn ihr Organisationsleben abstirbt und die Arbeiter sich enttäuscht abwenden.“²

 

Wer sich ehrlich für sozialen Fortschritt, Solidarität und Frieden einsetzen will, ist in der SPD fehl am Platz. Ein positiver, wenn auch inkonsequenter Ansatz dieses Parteitages ist der einstimmige Beschluss der 600 Delegierten, ein Verbotsverfahrens gegen die AfD zu prüfen. Auf antifaschischer Grundlage ergeben sich Möglichkeiten der Zusammenarbeit mit SPD-Mitgliedern.