Rabenschwarz eingefärbt
"Spahn hat systematisch gelogen"
Es gab viele dunkle Maskengeschäfte. Bei weitem nicht nur Gestalten, die schon aus der Ferne nach mafiösen Strukturen aussahen, zig bürgerliche Politiker und Politikerinnen schlugen Kapital aus der Corona-Pandemie. Nur eine wurde bisher wegen einer diesbezüglichen Straftat rechtskräftig verurteilt: Andrea Tandler, die Tochter eines früheren bayerischen Finanzministers.
Verurteilt wurde sie jedoch nicht wegen Betrugs und millionenfacher Bereicherung, sondern wegen Steuerhinterziehung. Sie hatte die im Verein mit anderen Größen rund um die bayerische CSU - darunter Straußtochter Monika Hohlmeier - ergaunerten Millionen nicht ordnungsgemäß versteuert.
Jetzt gerät ein führender CDU-Politiker ins Rampenlicht wegen unlauterer Masken-Deals: Jens Spahn, einstmals Gesundheitsminister, jetzt allen Ernstes Fraktionsvorsitzender der CDU-/CSU-Bundestagsfraktion. Als solcher gebärdet er sich als ultrareaktionärer Scharfmacher - für Militarisierung, für die Abschiebung von Flüchtlingen und Migranten, als Hetzer gegen Linke.
Karl Lauterbach (SPD), ebenfalls Ex-Gesundheitsminister, hat im Sommer 2024 bei der Juristin Margaretha Sudhof (SPD) einen Bericht in Auftrag gegeben über die Maskenbeschaffung durch Jens Spahn. Es waren sehr viele, sehr teure Masken beschafft worden. Das Gesundheitsministerium unter Jens Spahn hat Masken für 749 Millionen Euro bei der Schweizer Firma Emix gekauft, der Preis pro FFP2-Maske lag dabei im Schnitt bei 5,58 Euro. Teilweise kassierte Emix sogar sieben Euro vom Bund. Der Bericht von Margaretha Sudhof sollte diese ministerielle Beschaffungspraxis untersuchen und Schlussfolgerungen ziehen für künftige derartige Käufe.
Die jetzige Gesundheitsministerin, Nina Warken (CDU), hat letzte Woche selbigen Bericht dem Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages übergeben. Er umfasst 168 Seiten. Sieben Seiten sind großflächig geschwärzt, fünf sogar ganz, dazu Dutzende Fußnoten und Hunderte einzelne Wörter. Das diene laut Bundesgesundheitsministerium "berechtigten Schutzinteressen". Schutz von wem und vor was, fragt man sich.
Jetzt kam eine ungeschwärzte Version des Sudhof-Berichts in Umlauf, vielmehr in die Hände von Süddeutscher Zeitung, NDR und WDR. Klar vergleichen die Journalisten dieses Recherche-Netzwerks jetzt minutiös die schwarzen Stellen mit dem Original. Und siehe da, wer hätte es vemutet, schwarz eingefärbt waren zahlreiche Belege dafür, wie sehr Spahn persönlich in die betrügerischen Maskengeschäfte verstrickt war. Wie weiland Rupert Stadler von Audi, der vom Abgasbetrug nichts gewusst hat, weil seine Ingenieure ihn einfach nicht informierten, argumentiert auch Jens Spahn. E-Mails seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, in denen diese nachfragten, ob man das wirklich so machen solle, seien häufig "bei mir persönlich" nicht angekommen.
Die Süddeutsche Zeitung enthüllt in ihrer heutigen Ausgabe: "Der Haushaltsbeauftragte des BMG wollte sich bei einer heiklen Entscheidung Spahns lieber noch einmal absichern. In einer Vorlage hielt er fest: 'Weisung Min(ister), dass Beschaffung eingeleitet wird, bevor eine formale Haushaltsermächtigung vorliegt. … Keine Abwägung der vorliegenden Angebote gegeneinander; es wird parallel gekauft, was angeboten wird.' Den Beleg, dass die Vorlage am 9. März 2020 um 11.50 Uhr direkt per Mail an Spahn ging, ließ Warken schwärzen. Eine Seite weiter beschreibt Sudhof, wie ein Beamter versucht, 'den damaligen Bundesminister dazu zu bewegen', bei der Maskenbeschaffung weiterhin die Expertise im Verteidigungsministerium zu nutzen. Die ungeschwärzte Fußnote enthüllt, dass auch hier eine entsprechende Vorlage über seinen Staatssekretär an Spahn ging. Warken ließ das ebenfalls unkenntlich machen, genau wie den Beleg dafür, dass Spahn teilweise von seinem Bundestags-Mailaccount kommunizierte – als 'Mitarbeiter 07'. ... Insgesamt verbergen sich hinter den geschwärzten Passagen zwölf Mails von oder an Spahn sowie Leitungsvorlagen an den Minister, die belegen, dass Bedenken und Warnungen seinen Schreibtisch oder sein Mailpostfach zumindest erreicht haben." Was die Kommunikation als Mitarbeiter 07 vom Bundestags-Mail-Account aus betrifft, ist es so: Im Unterschied zur E-Mail-Kommunikation vom Ministerium aus muss die vom Bundestag aus nämlich vom Ministerium nicht "veraktet" werden ...
Der Grünen-Gesundheitspolitiker Janosch Dahmen sagt: „Der ungeschwärzte Bericht zeigt schwarz auf weiß: Spahn hat systematisch gelogen“. In der geschwärzten Version kann man auf den Seiten 45 bis 48 kein Wort mehr lesen. Hier geht es um Verträge mit der Schweizer Firma Emix, gegen die in der Schweiz im Zusammenhang mit Maskenverkäufen wegen Wucher ermittelt wird. Um Masken an die deutsche Regierung zu verkaufen, nutzte Emix seine Kontakte zur bereits genannten Andrea Tandler, deren Firma mehr als 48 Millionen Euro Provision kassierte - unter anderem dafür, dass sie ihre Kontakte zu Spahn spielen ließ.
Die Firma Areal Invest gehört Niels Korte, einem Parteifreund von Jens Spahn und Nina Warken. Sie bekam einen Vorschuss von 18 Millionen Euro. „Eine entsprechende Gegenleistung oder Rechtsgrundlage erschließt sich nicht“, schreibt Sudhof auf einer geschwärzten Seite. Spahn lässt mitteilen, er habe als Minister weder mit Abgeltungsbeträgen noch Lieferfristen etwas zu tun gehabt.
Ein besonders dreistes Geflecht von Korruption, Vetternwirtschaft, Bereicherung, schamloser Gier im staatsmonopolistischen Kapitalismus unter der volksfeindlichen Diktatur der Monopole. Der Rücktritt von Jens Spahn von allen seinen politischen Ämtern ist überfällig! Mit seinem Privatvermögen muss er für den Schaden aufkommen. Der ungeschwärzte Sudhof-Bericht ist schon mal eine gute Grundlage für ein ungeschöntes Gerichtsverfahren.