Bundesregierung seit Mitte Mai im Amt

Bundesregierung seit Mitte Mai im Amt

Kann man heute noch von einer offenen politischen Krise sprechen?

Verschiedene Leser und Leserinnen wandten sich an die Rote Fahne, ob man angesichts des Amtsantritts der Merz-/Klingbeil-Regierung am 14. Mai 2025 heute noch von einer offenen politischen Krise in Deutschland sprechen kann.

Von pw

Die offene politische Krise in Deutschland war mit den Landtagswahlen in Thüringen und Brandenburg im Herbst 2024 ausgebrochen. Eine offene politische Krise ist eine Situation, in der die Massen nicht mehr in der alten Weise regiert werden wollen und die Herrschenden selbst nicht mehr regieren können wie bisher. Sie erreichte mit dem Rücktritt der Ampel-Regierung im November 2024 einen Höhepunkt und sie hielt bis in den Mai 2025 hinein an. Das war die längste offene politische Krise in der Geschichte der Bundesrepublik, aufs Engste verbunden mit einer tiefen Vertrauenskrise der Massen in die bürgerliche Politik.

 

Nach dem Eklat um die Nichtwahl von Friedrich Merz zum Kanzler im ersten Wahlgang am 6. Mai 2025 nahm die Merz-/Klingbeil-Regierung am 14. Mai ihre Arbeit auf und brachte die ersten Gesetze oder auch den Haushaltsentwurf in Gang. Ihre reaktionäre Politik findet das Wohlgefallen der Monopolverbände. Aber auch in den Meinungsumfragen konnte sich die Regierung etwas stabilisieren. Erstmals seit seinem Amtsantritt überwiegen bei Merz im Politbarometer die zustimmenden Rückmeldungen. Die CDU konnte auf 28-29 % in den bürgerlichen Meinungsumfragen zulegen. Unter den Massen gibt es weiter eine große Skepsis in die bürgerliche Politik, aber auch die Meinung, man müsse die Regierung jetzt erst einmal ihre Arbeit machen lassen.

 

Die offene politische Krise hat sich in eine latente politische Krise umgewandelt. Allerdings ist die Vertrauenskrise in die bürgerliche Politik damit nicht verschwunden. Die Lage ist aber labil und die politische Krise kann auch schnell wieder offen ausbrechen. So sieht man an der Abstrafung des rechten SPD-Manns und Vizekanzlers Klingbeil beim SPD-Parteitag, dass es massive Widersprüche auch in der Basis der Regierungsparteien zum reaktionären Regierungskurs gibt.

 

Mittlerweile nimmt die reaktionäre Politik der neuen Regierung zunehmend Konturen an. Militärisch setzt sie auf Kriegsvorbereitung und Hochrüstung, im Sozialen will sie das Bürgergeld in der bisherigen Form abschaffen, die Arbeitszeit heraufsetzen und auch sonst die Krisenlasten verstärkt auf die Massen abwälzen. Sie subventioniert ganz gezielt die Großkonzerne – nur für sie sollte die Stromsteuer gesenkt werden, ausdrücklich nicht für die Massen und die nichtmonopolistische Bourgeoisie.

 

Sie ergreift politisch reaktionäre Maßnahmen: Streichung der Gelder für zivile Seenotrettung im Mittelmeer, eine insgesamt reaktionäre bis faschistische Flüchtlingspolitik und Ähnliches. Das alles wird mit dem System der kleinbürgerlichen Denkweise gerechtfertigt. Angeblich würde dadurch „unser großartiges Land die herausfordernde Zeit aus eigener Kraft verstehen und daraus etwas Gutes machen“, wie Merz es in seiner Regierungserklärung versprach.

 

Die Massen haben erst damit begonnen, die neue Regierung im Amt zu verarbeiten. Es ist wichtig, eine gründliche Überzeugungsarbeit über ihren reaktionären Charakter zu machen und dass auch sie die Gesetzmäßigkeiten des Kapitalismus nicht ändern kann. Fördern wir Arbeiterkämpfe und Streiks, Volksproteste gegen Monopole und Regierung.

 

Und propagieren wir unsere grundsätzliche Alternative „Make socialism great again!“.