Glosse
Friedrich, der Steuer-Mann
Im Jahre 2003 verkündete ein ehrgeiziger Mann mit großen Ambitionen: Dank seiner Ideen zur Vereinfachung des Steuersystems werde künftig die Größe eines Bierdeckels für eine Steuererklärung reichen. (1)
Na dann, prost! Ob heutzutage auf unsere Einkommensteuererklärungen, wenn sie in Papierform vorliegen, gleich quadratmeterweise Bierdeckel passen, weil niemand auf den guten Mann gehört hat?
Von wem wir sprechen? Von Friedrich Merz, Jahrgang 1955, Bundesvorsitzender der CDU und seit dem 6. Mai 2025 Bundeskanzler. Ein Politiker mit Wirtschaftskompetenz, meint er selbst und meinen seine Anhänger. Diese "Kompetenz " hat er sich nach seinem Jurastudium hart erarbeitet: als Rechtsanwalt beim Verband der Chemischen Industrie, als Rechtsvertreter der RAG Aktiengesellschaft, als Mitglied von 13 Aufsichtsräten, Beiräten und Verwaltungsräten wie der Commerzbank, der BASF Antwerpen, des AXA - Konzerns und weiteren. Und als Aufsichtsratsvorsitzender bei der BlackRock Asset Management Deutschland 2016 - 2020. Herr Merz ist allseits geschätzt und gefragt in den Vorständen internationaler Monopole und Monopolverbände.
Zurück zum Bierdeckel. Es ging das Gerücht, Herr Merz wolle vor allem Besserverdienende begünstigen. So ist es. Kaum am Regierungssteuer beschenkt er die Konzerne mit dem Abbau staatlicher Vorschriften und Normen, Bürokratieabbau und Steuersenkungen. Fragt man sich: Reicht anstelle des Bierdeckels nicht auch eine Briefmarke?
Gegenfinanzieren will der neue Bundeskanzler die Entlastung seiner Unternehmerfreunde u.a. mit Streichungen beim Bürgergeld und der Migrationspolitik. BlackRock Asset Management Deutschland ist eine Tochter des internationalen Finanzkonzerns BlackRock, auf Vermögensverwaltung spezialisiert und eine der Schaltzentralen des internationalen Finanzkapitals. BlackRock setzte im Jahr 2024 mit mehr als 20000 Beschäftigten weltweit rund 20 Mrd. US-Dollar um und verwaltete ein Vermögen von etwa zehn Billionen (!) US-Dollar. Zu den Investments in Deutschland gehören oder gehörten Rheinmetall, Vonovia, Bayer, RWE und andere. Passend, wenn einer der früheren Manager nun Bundeskanzler ist.
Der Ökonom Ceyhun Elgin von der Bogazici-Universität in Istanbul enthüllt mit einer Studie, dass BlackRock mit legalen Steuervermeidungspraktiken die Europäische Union 2017 - 2023 zwischen 500 Mio und 1 Mrd € gekostet hätte. (2) Alleine Deutschland entgingen jährlich so 50 Mio €. BlackRock berechnet seinen Landesgesellschaften in sog. Hochsteuerländern hohe Lizenzgebühren, die in diesen Ländern die steuerpflichtigen Gewinne mindern. Die Einnahmen fließen in die Steuerparadiese Irland oder Luxemburg. Das muss der Aufsichtsratsvorsitzende Merz gewusst und abgesegnet haben. Seine Karriere in Kürze: vom Manager internationaler Konzerne zu ihrem obersten Dienstleister als Regierungschef. Aber Steuern tun andere.