Verfassungsschutz vor Gericht

Verfassungsschutz vor Gericht

"Wir haben es nicht geschafft, auf Ihre Zahlen zu kommen"

Der Prozess, der am vergangenen Freitag von der 15. Kammer des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen verhandelt wurde, war ein wichtiger Erfolg gegen die Willkür des Verfassungsschutzes und die Kriminalisierung der Vertreterinnen und Vertreter der MLPD. In fast vierstündiger Verhandlung fanden sie durchaus Gehör. Die Vertreter des Verfassungsschutzes mussten sich dagegen einiges anhören.

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"Wir haben es nicht geschafft, auf Ihre Zahlen zu kommen"

Der vorsitzende Richter Dr. Kuznik führte den vom Gericht akribisch vorbereiteten Prozess gründlich und demokratisch. Natürlich: Auch dieses Gericht versuchte, einen so politischen Prozess wie diesen so unpolitisch wie möglich zu behandeln. Dr. Kuznik ließ aber den anwesenden Klägern, der MLPD-Parteivorsitzenden Gabi Fechtner und dem Rechtsanwalt Peter Weispfenning, als auch Frank Jasenski, dem Anwalt von Monika Gärtner-Engel erkennbar Raum. Er hörte aufmerksam und erkennbar interessiert zu, wie sie erklärten, was Bespitzelung und willkürliche Einordnung als "politisch motivierte Straftäter" sowohl grundsätzlich als auch für Gabi Fechtner persönlich bedeutete. Gabi Fechtner führte aus, dass mit so einer haltlosen Kriminalisierung - als Straftäterin links diffamiert zu werden, ohne je eine Straftat begangen zu haben - sie bei jeder zufälligen Kontrolle durch die Polizei ganz realer Gefahr aussetze.

 

Fest stand für den Richter, dass die dienstlichen Erklärungen des Verfassungsschutzes ausreichend zu sein hätten; auf Grund der Natur geheimdienstlicher Tätigkeit könne man nichts anderes verlangen. Allerdings, und das war ihm absolut ernst: Die müssten dann auch restlos überzeugend sein und für das Gericht keine Fragen offen lassen. "Und dann ist es schwierig, wenn die Auskunftsbescheide und die dienstlichen Erklärungen nicht zusammen passen", somit wandte er sich dem Verfassungsschutz zu. Das sei bei Gabi Fechtner und Monika Gärtner-Engel eindeutig nicht der Fall. "Wir haben es hier gestern bei der Vorbereitung des Verfahrens in zwei Stunden nicht geschafft, bei Frau Gärtner-Engel auf ihre Zahlen zu kommen." Langwierig wurde erörtert, dass egal, wie man auch rechnete: Die Angaben in den Bescheiden zur Anzahl der gespeicherten Einträge waren mit denen in den dienstlichen Erklärungen zu den Bescheiden nicht in Einklang zu bringen. Gerade weil diese dienstlichen Erklärungen das einzige Mittel des Gerichts seien, um die Tätigkeit des Verfassungsschutzes zu prüfen und das Recht der Kläger auf Auskunft einen hohen Stellenwert hätte, müssten diese mit großer Gewissenhaftigkeit behandelt werden.

Wenig zu sagen

Während der gesamten Verhandlung entsprach das Mitteilungsbedürfnis der Vertreter des Beklagten - also des Verfassungsschutzes NRW - seiner in den Unterlagen verschriftlichten Informationspolitik. Ministerialrat Müller, der die Behörde vertrat, sagte wenig und was er sagte, blieb vage. Er könne sich das auch nicht erklären, aber man habe so gut geantwortet, wie man es verantworten könnte.

 

Nach 3 Stunden und 40 Minuten beendete der vorsitzende Richter die Sitzung.  Um 15 Uhr kam die Nachricht: Die Bescheide an Gabi Fechtner und Monika Gärtner-Engel sind zurückgenommen. Der Verfassungsschutz muss neue Bescheide erarbeiten - und dieses Mal nach den Vorgaben des Gerichts im schriftlichen Urteil, das noch aussteht.

 

Siehe auch die Pressemitteilung: Wichtiger Erfolg gegen Inlandsgeheimdienst