Kriegsrecht in Halle?
Sprecher der MLPD Halle beim Verteilen rechtskonformer Anti-Kriegs-Flugblätter von einem Polizisten angegriffen
Handlungsort: Halle (Saale), Leipziger Straße/Boulevard, Platz der Montagskundgebung.
Die Akteure: Die Demonstranten, Passanten und Frank Oettler, Sprecher der MLPD auf der einen Seite.
Die Polizistin Frau Henze und der Polizeiobermeister Herr Schmidt von der Polizeiinspektion Halle sowie die beiden Damen Frau Sattler-Dunzel und Frau John vom Staatsschutz auf der anderen Seite.
Wie im ganzen Land gingen am Montag, den 23.06.2025 auch in Halle an der Saale Menschen zum Protest gegen den Krieg auf die Straße. Auch Mitglieder und Freunde der Marxistisch-Leninistischen Partei Deutschlands (MLPD), darunter ihr hallescher Sprecher Frank Oettler. Gesundheitlich angeschlagen, saß er gemeinsam mit einem Freund auf einem Stein im Boulevard am Kundgebungsplatz. Er hatte wohl deshalb heute auch nichts weiter vor, wie mit seinem Outfit und den Fahnen und dem Tuch die MLPD und die Solidarität mit dem Befreiungskampf mit dem palästinensischen Volk öffentlich sichtbar zu repräsentieren. Er hatte auch einen Stapel Flugblätter der MLPD mit dem Titel: „Der US-Angriff auf den Iran ist ein gefährlicher Schritt zum 3. Weltkrieg. Jetzt ist Zeit für aktiven Widerstand gegen die Kriegstreiber!“.
Das Verteilen übernahmen Freundinnen und Freunde. Auch ein Polizist holte sich so ein Blatt. Das machen sie öfter und wir gönnen es ihnen. Und sie waren ja auch nett und freundlich - die Polizistin und der Polizist. Bis jetzt jedenfalls. An ihrer Seite zwei junge Frauen, man hätte sie für Studentinnen halten können. Später wurden sie uns von dem Polizisten als „vom Staatsschutz“ vorgestellt. Als wir später ihre Namen einforderten, stellten sie sich als Polizistinnen vor. Ausweise hatte sie keine vorgezeigt. Ob ihre Angaben wahr sind, wir wissen es nicht.
Doch erstmal geht alles ganz friedlich vonstatten. Die Kundgebung begann, die ersten Rednerinnen und Redner traten ans Mikrophon. Die Flugblätter wurden verteilt, mit den Leuten geredet. Ein Flugblatt gegen den Krieg. Zum Lesen und Weitergeben. Die Menschen wollen keinen Krieg, das war schon deutlich zu spüren. Doch plötzlich treten die beiden Polizisten, hinter sich die sogenannten Staatsschützerinnen, an einen Flugblattverteiler heran und erklären ihm, er dürfe das nicht mehr, weil erst deren Inhalt geprüft werden müsse. Als er weiter verteilen will, will ihm der Polizist zurückhalten. Als Vertreter der MLPD, der die Flugblätter mitbrachte, kommt jetzt Frank Oettler ins „Spiel“. Er fragt, welche Probleme es denn gäbe und erfährt, dass die weitere Verteilung untersagt sei. Frank nimmt den Stapel in seine Hand, erklärt den Beamten, dass sie gern den Inhalt überprüfen können, jedoch in der Zwischenzeit weiter verteilt wird. Das Verteilen übernahm er ab jetzt selbst. Zuvor bat er noch die Beamten, ihre vorgesetzte Dienststelle zu kontaktieren, um Missverständnisse und weitere Auseinandersetzungen zu vermeiden (Schon einmal hatten Polizei und Staatsschutz in Halle eine für sie peinliche Niederlage erleiden müssen, als sie Frank seine Rede entrissen, Flyer und Zeitungen zu Boden geschmissen, beschmutzt und ihm Redeverbot erteilt hatten, obwohl seine Reden und Handlungen nicht gegen die immer noch gültigen Gesetze verstießen. Gleiches gilt auch für den Inhalt der Flugblätter der MLPD, die wir verteilten).
Polizeiobermeister Schmidt kannte wohl die erlittene Schmach seines Kollegen Polizeiführer Rohde noch nicht, vielleicht wollte er sich heute profilieren oder er war mit der Situation, dann auch noch im Beisein von drei Beamtinnen, einfach überfordert. Soviel dafür, dass wir sogar Verständnis für ihn, der Befehlen gehorchen muss, ohne dabei den eigenen Kopf gebrauchen zu können, haben, aber akzeptieren werden wir so etwas niemals. Nun versuchte der Beamte Frank die Flugblätter zu entreißen, angefeuert von der Polizistin Frau Henze und unter Beobachtung der beiden „Staatsschützerinnen“. Als wenn auf einmal Kriegsrecht herrschen würde. Dabei zerknüllte Schmidt die Flugblätter, während er Frank untergehakt hatte und versuchte, ihm die Hand schmerzhaft gegen den Unterarm zu drücken. Es gehört schon einige Courage dazu, sich als Angegriffener gegenüber einem solchen Beamten immer verhältnismäßig zu verhalten. Frank gelang das letztlich gut und er verteilte weiter.
Die zerknitterten Flugblätter zog er wieder einigermaßen gerade und lautstark, unterstützt vom Mikrophon und weiteren Kundgebungsteilnehmern, verteilte er weiter und weiter. Jeden Moment erwarteten wir das Verbot der Versammlung. Doch der Staatsapparat hatte anderes zu tun: Jagd auf Flugblätter. Groteske Szenen spielten sich ab. Frank übergab einen Passanten ein Flugblatt, die Polizei nahm es einigen von ihnen wieder weg, er gab ihnen ein neues und sie gingen weiter. Dabei immer wieder die Polizisten im Nacken, wobei Schmidt mehrmals handgreiflich wurde. Auch der Versuch von beiden Polizisten, Frank zum Polizeiauto zu bringen, schlug fehl. Passanten bleiben stehen und filmen und fotografieren die Szenerie, lassen sich aufklären, was hier los ist. Einige wundern sich nicht über das Verhalten der deutschen Polizei, doch die meisten schon. Videos und Bilder, die gemacht wurden, sollen ins Netz gestellt werden, versprechen mehrere. Über so etwas müssen die Menschen im ganzen Land informiert werden.
Nun erfährt die Handlung noch einmal eine Wende. Polizistin Frau Henze - die Beamten hatten telefonisch Rücksprache gehalten - kam auf Frank zu und übergab ihm die im Laufe des „Spiels“ den Leuten weggenommenen Flugblätter. Sie dürften nun doch verteilt werden. Das alles ohne ein Wort der Entschuldigung. Danach erklärte die Polizistin Frau Henze noch, dass sie doch zu unserem Schutz hier am Platz bereit stehen täten, weshalb sie sich doch in Zukunft da mehr Kooperation wünschen würden. Waren diese Worte reiner Unverfrorenheit ernst oder einfach Kaltschnäuzigkeit? Wir werden es wohl nie erfahren.
Kurz darauf wird die Hälfte von unserem „Schutz“ abgezogen. Zügig verlassen Schmidt und Henze in ihrem Polizei-Van den Platz. Wir hören noch, wie sich unsere Anmelderin nun auch die Namen der scheinbar teilnahmslosen „Staatsschützerinnen“ geben lässt, die nun auf wundersame Weise stotternd zu Polizistinnen „mutierten“. Ausweisen taten sie sich als solche nicht.
Unser gemeinsames, öffentlichkeitswirksames Auftreten, denn wir hatten gemeinsam mit den Beamten des Staates sicherlich einige hundert Menschen mehr erreicht, hat uns letztlich diesen konkreten Erfolg im Kampf um unsere bürgerlichen Rechte und Freiheiten erringen lassen. Erhobenen Hauptes und stolz verließen wir später den Platz. Nichtsdesto trotz war uns das zugleich eine Lehre für die Zukunft. Oder wie ein junger Genosse der MLPD am Abend dazu sagte: Holzauge bleib wachsam!
Darüber hinaus werden wir uns rechtliche Schritte gegen die Staatsbeamten Sattler-Dunzel, John sowie Henze und Schmidt vorbehalten.