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Skandal im Sperr-Bezirk: Alle Sachverständigen von Chemieindustrie gekauft!

Was würde wohl geschehen, wenn Bayern München für sein nächstes Heimspiel selber einen Schiedsrichter auswählen dürfte, und ihm nach dem – für München erfolgreichen Spiel – ein fettes (Erfolgs-)Honorar zahlen würde? Ein Aufschrei ginge durch die Republik, den noch die Eisbären am Nordpol hören könnten: Korruption, Bestechung, Betrug!

Von gos
Skandal im Sperr-Bezirk:  Alle Sachverständigen von Chemieindustrie gekauft!
Bild vom Brand vor vier Jahren

Mit Recht. Aber genau das passiert in einem anderen Bereich unserer Gesellschaft täglich. Wir dokumentieren einen Antrag, den die Bürgerinitiative „Gute Luft für Leverkusen – Schluss mit der Giftmüllverbrennung!“ jetzt beim zuständigen Regierungspräsidenten in Köln gestellt hat.

 

Doch zuerst zur Vorgeschichte: Im Dezember 2021 riss die Explosion eines Giftmülltanks der Firma Currenta (ehemals Bayer) in Leverkusen sieben Kollegen in den Tod und 31 weitere erlitten teils schwerste Brandverletzungen. Der WDR machte dazu ein Jahr später eine Live-Sendung in einem Saal. Zum Entsetzen der anwesenden Leverkusener erklärte dort der technische Leiter von Currenta, Hans Gennen: Im Moment verbrenne erst einer von vier Öfen wieder Gifte; das sei aber unrentabel, man werde deshalb so bald wie möglich alle wieder in Betrieb nehmen! Ein Stöhnen ging durch den Saal. Kein einziger vertraute in der folgenden Diskussion Currenta, alle machten sich größte Sorgen. Auch nach der Katastrophe produzierten die Currenta-Chefs einen kriminellen Akt nach dem anderen – hier nur die krassesten:

 

  • Direkt nach dem Brand erklärte Currenta, man habe das ganze mit den Giften aus sieben geborstenen Tanks vermischte Löschwasser - 5.000 Tonnen - sicher in anderen Tanks aufgefangen; tatsächlich aber waren es 30.000 Tonnen
  • schon 34 Stunden nach dem Brand ließ Currenta 10.000 Tonnen dieser Giftbrühe in den Rhein einleiten – ohne Genehmigung, geheim
  • Monatelang schwor Currenta, man habe ehrlich keine Ahnung, woher das Insektengift komme – erst im Dezember gab Currenta dem WDR zu, dass das Gift aus dem explodierten Tank stammt
  • Dann gab es ein weiteres Unglück mit Natronlauge bei Currenta in Dormagen: ein Toter, fünf Schwerverletzte.

 

Die Bürgerinitiative „Gute Luft für Leverkusen – Schluss mit der Giftmüllverbrennung!“ stellte jetzt den „Antrag, den Betrieb der Giftmüllverbrennugsanlage von Currenta in Leverkusen-Bürrig nach § 20 und § 21 des Bundesimmissions-Schutzgesetzes (BimSchG) sofort zu untersagen ...

 

Begründung:

 

Wie wir schon in unserem Schreiben vom 6.6.25 ausgeführt haben: Alle Genehmigungen der Bezirksregierung beruhen auf Gutachten von Sachverständigen, die als solche von der obersten Landesbehörde bestätigt und in einer Liste (ReSyMeSa - mit bundesweit gegenwärtig 269 Sachverständigen) aufgeführt sind. Aber:

 

  • Dass solche Gutachten von Currenta bezahlt werden, erscheint auf den ersten Blick noch einleuchtend – wozu Steuergelder dafür aufwenden? Aber: Allein Currenta – wie alle anderen Unternehmen auch - und nicht etwa die Bezirksregierung sucht die Sachverständigen aus!
  • Wir haben alle Gutachter aus dieser Liste einzeln genau überprüft. Alle (!) sind nicht etwa finanziell unabhängig, wie es etwa Angestellte einer Technischen Hochschule, eines gemeinnützigen Vereins, einer Stiftung usw. wären. Nein: Die allermeisten sind angestellt in einer gewinnorientierten GmbH oder AG, eine Minderheit in einem eigenen selbständigen Betrieb. Diese sind also alle finanziell völlig davon abhängig, dass sie Aufträge von Currenta und anderen Industrie-Betrieben erhalten – das ist ihre Existenzgrundlage! Und das erst recht bei einem weiteren kleinen Teil der Gutachter, die als abhängige Angestellte direkt bei Currenta. Bayer, Siemens usw. ihr Geld verdienen.
  • Man kann sich leicht vorstellen, was mit diesen Sachverständigen passiert, wenn sie nicht genau die Gutachten abliefern, die Currenta & Co haben wollen: Sie bekommen keine Aufträge mehr und gehen pleite!
  • Das kann sogar so weit gehen: Falls ein Sachverständiger ein Gutachten schreibt, das Currenta nicht passt, kann es Currenta im Papierkorb verschwinden lassen und ein neues Gutachten bei jemand anderem in Auftrag geben! Und erst wenn es passt, wird es an die Bezirksregierung weitergegeben!
  • Die meisten Gutachter für Currenta kommen vom „TÜV SÜD Chemie Service GmbH“, Kaiser-Wilhelm-Allee, Currenta, Gebäude B 407. Diese GmbH rühmt sich, dass ihre Sachverständigen „langjährige Erfahrung als Bereichs-, Betriebs- und Projektingenieur in der Chemie- und Prozessindustrie“ haben; sie waren also lange für Chemieunternehmen tätig, wurden von ihnen bezahlt, bekommen Betriebsrenten, sind jetzt auf Aufträge angewiesen - warum sollten gerade sie auf einmal unabhängig sein? ...

 

Auf diesen Kernpunkt unseres Schreibens vom 6.6.25 gehen Sie überhaupt nicht ein. Sie sagen uns nur lapidar: „Sie üben grundsätzliche Kritik an einer bundesweit jahrzehntelang geübten Praxis.“ Aber ein so schwerwiegender Fehler wird doch nicht beseitigt oder sogar gerechtfertigt dadurch, dass er schon jahrzehntelang praktiziert wurde! ... 

 

3) Noch zielführender heißt es im BimSchG:

 

„§ 21 Widerruf der Genehmigung

 

Eine nach diesem Gesetz erteilte rechtmäßige Genehmigung darf, auch nachdem sie unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft nur widerrufen werden, ...

 

wenn die Genehmigungsbehörde aufgrund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt wäre, die Genehmigung nicht zu erteilen, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde; ...

 

um schwere Nachteile für das Gemeinwohl zu verhüten oder zu beseitigen.

 

Erhält die Genehmigungsbehörde von Tatsachen Kenntnis, welche den Widerruf einer Genehmigung rechtfertigen, so ist der Widerruf nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig.“

 

"Sie haben jetzt von uns Kenntnisse von Tatsachen erhalten, - die finanzielle Abhängigkeit der Sachverständigen betreffend, - die eine Weiterführung der Anlage nicht dulden. Eine Widerrufung der Genehmigung ist notwendig, um eine erneute Katastrophe zu vermeiden; sieben Tote, über 30 Verletzte und noch nicht erfasste weitere Gesundheitsschäden waren schon zu viel. ... Deshalb ist ein sofortiger Widerruf der Genehmigung unbedingt erforderlich!“

 

Hier sieht man knallhart, wie die Monopole sich „den Staatsapparat untergeordnet (haben) und … mit den Organen des Staatsapparats verschmolzen“ sind (Programm der MLPD). Die Sicherheit am Arbeitsplatz von Hunderttausenden Beschäftigten in der Chemieindustrie, von Millionen Menschen, die deren Abgase in der Luft einatmen und mit den Gifteinleitungen in Flüssen leben müssen, sind von solchen Gutachtern abhängig. Der Protest in Leverkusen gegen die Giftmüllverbrennung wird weiter gehen!

 

Übrigens: Warum flog dieser Schwindel nicht früher auf? Ein Grund: Ein Bürgermeister wird vom Gemeinde- oder Stadtrat geäwhlt, der Ministerpräsident vom Landtag, da gibt es eine gewisse öffentliche Kontrolle. Aber der Regierungspräsident eines z.B. von fünf Regierungsbezirken in NRW wird allein vom Ministerpräsidenten eingesetzt! Auf Bezirksebene gibt es kein parlamentarisches Kontrollorgan! Das wurde so schon 1815 vom preussischen König beschlossen und bis heute icht geändert!