Stellungnahme der GGUA

Stellungnahme der GGUA

44 Sozialgerichte erklären Leistungsausschlüsse in Dublin-Fällen für rechtswidrig

Entgegen der Urteile: Der Städte- und Gemeindebund empfiehlt seinen Mitgliedskommunen, das zu ignorieren und rechtswidrig zu handeln. Immer häufiger streichen Sozialämter in Dublin-Fällen die AsylbLG-Leistungen gem. §1 Abs.4 Nr.2 AsylbLG vollständig. Die Leistungsstreichungen dürften sowohl verfassungswidrig als auch unionsrechtswidrig sein. In vielen Fällen sind auch die formalen Voraussetzungen (Anhörung, Begründung) nicht erfüllt.

Gemeinmnützige Gesellschaft zur Unterstützung Asylsuchender e.V. (GGUA)

Die freiwillige und selbstbestimmte Ausreisemöglichkeit in Dublinverfahren besteht nicht. Daher sollte ausnahmslos in jedem Fall einer Leistungsstreichung gem. §1 Abs.4 Nr.2 AsylbLG Widerspruch eingelegt und ein Eilantrag an das Sozialgericht gestellt werden.

 

Es gibt mittlerweile mindestens 44 Beschlüsse von Sozialgerichten, die die Streichung für unzulässig erklärt haben. Darunter ist auch eine positive obergerichtliche Entscheidung des LSG Niedersachsen-Bremen. Hier gibt es eine Übersicht der bekannten positiven Gerichtsentscheidungen zu diesem Thema.

 

Trotz dieser eindeutigen Tendenz in der Rechtsprechung hat übrigens der Deutsche Städte- und Gemeindebund seinen Mitgliedskommunen empfohlen, die sozialgerichtliche Rechtsprechung zur Unzulässigkeit eines Leistungsausschlusses nach §1 Abs.4 AsylbLG „zur Kenntnis zu nehmen, aber Widersprüchen nicht abzuhelfen“. Der DStGB begründet dies mit einer Stellungnahme des BMI. Darin sagt das BMI, es gebe bislang nur „vereinzelte erstinstanzliche Beschlüsse“ gegen den Leistungsausschluss. Wie man rund vier Dutzend eindeutige Gerichtsentscheidungen als „vereinzelt“ einstufen kann, bleibt das Geheimnis des BMI.

 

Zum anderen argumentiert das BMI damit, dass Art.21 der neuen Aufnahmerichtlinie in Deutschland schon vorzeitig umgesetzt worden sei und daher unionsrechtskonform nur im zuständigen Mitgliedsstaat Leistungen bezogen werden könnten. Dass die AMM-VO, auf die Art.21 der neuen Aufnahmerichtlinie Bezug nimmt und die insofern die Grundlage für die Zuständigkeitsklärung darstellt, hingegen noch nicht in Kraft ist, verschweigt das BMI dabei. Auf die verfassungsrechtliche Problematik geht das BMI natürlich auch mit keinem Wort ein, und auch nicht auf die Frage, wie mit einem vollständigen Leistungsausschluss die Vorgaben der EMRK eingehalten werden sollen. Es verweist vielmehr „im Übrigen“ auf das für AsylbLG zuständige BMAS.

 

Hoch bedenklich ist, dass der Städte- und Gemeindebund mit dem Schreiben seinen Mitgliedskommunen empfiehlt, sehenden Auges rechtswidrig zu handeln. Die Kommunen sollten bei ihrem Spitzenverband mal kritisch hinterfragen, ob das eigentlich in ihrem Sinne sein kann.

 

Anmerkung der Redaktion: Die GGUA bittet bei bekanntwerden um die Zusendung weiterer Urteile. Kontaktinformationen findet man sowohl hier, als auch im Originalbericht (s. Quellen).