Hitze
„Todesursache Klimastress“
„Todesursache Klimastress“, so lautet die Überschrift eines sehr aufschlussreichen Artikels in der Ärztezeitschrift „Hausärztliche Praxis“ 05/2025. Zu Wort kommen Professor Dr. med. Michael Kreuter, Direktor des Lungenzentrums der Universität Mainz, und Professor Dr. med. Thomas Münzel, Seniorprofessor Kardiologie an der Universitätsmedizin Mainz. Er blickt auf 15 Jahre Umweltforschung zurück.¹
„Inzwischen ist es eigentlich schon nicht mehr fünf Minuten vor, sondern eher fünf Minuten nach zwölf“, sagte er in seinem Vortrag in der Reihe „Visions for Climate” der Universität Mainz. Jährlich kommt es global zu 5 Millionen temperaturbedingten Todesfällen, was in etwa 10 Prozent aller Todesfälle entspricht. Neun von zehn Fällen sind aktuell noch durch extreme Kälte verursacht, einer von zehn durch extreme Hitze. Münzel erwartet hier eine Umkehrung der Häufigkeit: Die globale Durchschnittstemperatur steige um 0,2 Grad pro Jahr, ein Anstieg der Referenztemperatur um 1 Grad gehe mit einem Anstieg der Sterblichkeit an Herz-Kreislauf-Erkrankungen um 2,1 Prozent einher. Die WHO² prognostiziert rund 250.000 Todesfälle jährlich aufgrund von Hitzeeinwirkungen in den kommenden Jahren.
8,1 Millionen Menschen starben 2021 an den Folgen der Luftverschmutzung. 20 Prozent der Todesfälle an Herz-Kreislaufkrankheiten seien umweltbedingt. Als Faktoren nennt er hier Luft- und Lichtverschmutzung, hohe Temperaturen durch Klimaveränderungen, Verkehrslärm und schlechte Stadtplanung. Professor Kreuter stellt heraus, dass weltweit bis zu 50 Prozent der COPD³-Erkrankungen durch Luftschadstoffe verschlechtert oder mitverursacht werden.
Herausforderung für Umweltkampf, Medizin und Kommunalpolitik!
Professor Münzel spitzt zu: „In zehn Jahren wird es keinen mehr interessieren, ob das LDL⁴ bei 30 oder 40 mg/dl liegt oder der Blutdruck bei 140 oder 130 mmHg systolisch⁵. Stattdessen werden Temperatur, Lärmpegel und Feinstaubbelastung in den Fokus rücken. Wir brauchen Klima-Kardiologen!“ Begrünung könne Leben retten, denn 4 Prozent der Sommersterblichkeit in den Städten seien Hitzeinseln über versiegelten Flächen zuzuordnen. Münzel fordert, über 30 Prozent der Stadtflächen zu begrünen; damit könnte man die Temperatur um bis zu 1,3 Grad reduzieren und ein Drittel dieser Todesfälle verhindern.
Die von der WHO geforderten Grenzwerte für Feinstaub liegen bei 5 µg/m³ ⁶. Abweichend davon ist das Limit in Europa bei 25 µg/m³, erst 2030 soll es auf 10 µg/m³ abgesenkt werden. Bei der gegenwärtigen von den Automobilmonopolen betriebenen Propaganda gegen das Verbrenner-Aus ab 2035 und der von der Merz-Klingbeil-Regierung betriebenen Offensive für fossile Kraftwerke und Gasheizungen wird sich auch dieses Ziel nicht erreichen lassen. Münzel klärt auf: „In einer großen Studie in 150 europäischen Städten hat man belegen können, dass bei konstanter Temperatur eine höhere Feinstaubkonzentration die Sterblichkeit dramatisch ansteigen lässt. Hochgerechnet auf die ganze Welt verkürzt der Feinstaub unser Leben um durchschnittlich 2,9 Jahre.“ Unter den Risikofaktoren für einen frühen Tod stehe mittlerweile der Feinstaub nach hohem Blutdruck und vor Tabakkonsum an zweiter Stelle. Bei Limitierung des Verkehrslärms unter 55 Dezibel könnten weitere 110.000 Menschenleben im Jahr gerettet werden. Das zeigt deutlich: Kämpferischer Umweltschutz und fortschrittliche Kommunalpolitik müssen sich zusammenschließen und energisch für den Schutz der Menschen kämpfen. Dazu gehört auch der Kampf für bessere medizinische Versorgung, stationär wie ambulant – gegen Krankenhausschließungen, Praxissterben und profitgetriebene Privatisierungsmaßnahmen.
Umweltkampf muss gesellschaftsverändernd sein!
Professor Münzel bezeichnete die letzte Weltklimakonferenz COP29 letzten November als „absolute Katastrophe“ und kritisiert scharf Äußerungen wie die des gastgebenden aserbaidschanischen Präsidenten Alijew, fossile Brennstoffe seien „ein Geschenk Gottes“. Auch der faschistische US-Präsident Trump und sein Slogan „Drill, Baby, Drill“ werden als Betreiber dieser verheerenden Richtung herausgestellt. Es erhebt sich also in der Tat die Frage, wie verhindert werden soll, dass die Menschheit im Inferno der kapitalistischen Gesetzmäßigkeiten und der weltweiten faschistischen Tendenz untergeht.
Die Vorbereitung für einen internationalen Umweltratschlag 2026⁷ ist hier eine wichtige Initiative und ein gewaltiger Schritt in der Umweltstrategiediskussion und hin zum kämpferischen Zusammenschluss. Eine unerlässliche Hilfe im Kampf um die Rettung der menschlichen Existenzgrundlagen ist das Buch von Stefan Engel „Die globale Umweltkatastrophe hat begonnen – was tun gegen die mutwillige Zerstörung der Einheit von Mensch und Natur“. Zu den dort entwickelten Leitlinien eines Sofort- und Schutzprogramms wird herausgearbeitet, dass sie nur im entschlossenen Kampf durchgesetzt werden können. „Er muss als Schule des Klassenkampfs, um eine gesellschaftsverändernde Umweltbewegung, um die Einheit von Arbeiter- und Umweltbewegung geführt werden. Dieser Kampf darf nicht in reformistische und revisionistische Illusionen abgleiten. Die Einheit von Umwelt- und Klassenkampf macht ihn auch zur Schule der internationalen sozialistischen Revolution und des sozialistischen Aufbaus.“⁹