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Spekulationen auf dünnem Eis

Die Kurse der weltweit größten Börsen schlugen in den letzten Monate wilde Kapriolen. Nach massiven Zollerhöhungen des US-Präsidenten Trump am 2. April stürzten weltweit alle bedeutenden Börsenindizes¹ in wenigen Tagen um minus 16 bis minus 21 Prozent in die Tiefe. Nach dem Aussetzen von Trumps Zollplänen am 10. April erholten sie sich aber bis Ende Mai weitgehend wieder und erklommen neue Höchststände.

Von ba
Spekulationen auf dünnem Eis
Das Wirrwarr der Börse spiegelt auch die Instabilität des imperialistischen Weltsystems wider. (Bild: Anne Nygård, Bildlizenz: Unsplash)

Nach längerem Hin und Her kündigte Trump Ende Mai aber wieder hohe „Straf“zölle an. Ein Gericht hob sie dann wieder auf, ein anderes setzte sie wieder in Kraft. In einem parallel dazu verlaufenden nervösen Auf und Ab schrumpfen seit Ende Mai alle großen Börsenindizes der Welt wieder, bisher um 1 – 3 Prozent.

 

Tatsächlich verschärft die Zollpolitik Trumps die Krise der Neuorganisation der internationalen Produktion² erheblich. Im Zuge des Ukraine-Kriegs wurde der bisherige weitgehend einheitliche Weltmarkt aufgelöst.  Bestehende Produktionsverbünde der internationalen Monopole wurden auseinandergerissen und neu strukturiert. Die Einschränkung oder gar das Abschneiden von bisher offenen Absatzmärkten durch erhöhe Zölle erschwert den Absatz der gesteigerten Massenproduktion dieser Monopole enorm. Trumps Zollpolitik ließ weltweit die Gewinnerwartungen der Spekulanten einbrechen, die Börsenkurse krachten erst einmal zusammen.

 

In kürzester Zeit gingen den sieben führenden Technologie-Giganten mehrere Billionen US-Dollar Börsenwert flöten. Teslas Kurs halbierte sich. Anleger stießen auch massiv US-Staatsanleihen ab – die bisher immer als sicherer Parkplatz für Spekulationskapital galten.

 

Dabei waren die Kurse vorher in irrwitzige Höhen geklettert und gerieten in immer schärferen Gegensatz zur Entwicklung der Industrieproduktion. Weltweit beträgt zurzeit die Marktkapitalisierung, d.h. die Summe der Preise aller an der Börse notierten Aktien, 116 Billionen US-Dollar. Seit 2018 ist sie um 37 Prozent gestiegen. Das ist das Dreifache der Steigerung der weltweiten Industrieproduktion in dieser Zeit.

Zwischen Hoffen und Bangen

Der Einbruch an den Börsen- und Anleihemärkten sorgten für Panik in einigen Konzernzentralen.  Hedgefonds-Manager Bill Ackman, der Trump zuvor noch als „brillant“ gelobt hatte, warnte vor einem „ökonomischen nuklearen Winter“. Trump musste zugeben: „Einigen Leuten wurde etwas mulmig.“ Kein Wunder, führt doch das Abstoßen von US-Staatsanleihen dazu, dass der Staat die Zinsen für die Ausgabe neuer Anleihen - als stärkerer Anreiz für Spekulanten - deutlich erhöhen müsste. Mit der seit Jahren beschleunigt auf über 37 Billionen US-Dollar angewachsenen Staatsverschuldung³ werden riesige Subventionen an US-Monopole und Programme zur Ankurbelung der Konjunktur finanziert.  Seit 2022 hat sich dadurch die Zinslast des US-Staates von 426 Milliarden auf 1126 Milliarden US-Dollar in 2024 fast verdreifacht. Das sind 14 Prozent des gesamten Staatshaushaltes. Eine beschleunigt steigende Zinsbelastung würde daher die Gefahr eines offenen Staatsbankrotts herauf beschwören. Am 10. April setzt auch deshalb Trump einen Großteil der Zölle vorläufig wieder aus.

 

Zwar stiegen die Kurse nach Trumps Wende wieder, aber seit Ende Mai dreht Trump erneut an der Zollschraube. Vor allem die US-Tech-Monopole können ohne Eroberung neuer Weltmarktanteile ihre führende Position in der Welt nicht behaupten. „Ein maßgeblicher Teil der Monopole in den USA und zunehmend auch anderswo setzt auf Abschottung, offenen Wirtschaftskrieg und internationale Vernichtungsschlacht. Das treibt den zwischenimperialistischen Konkurrenzkampf auf die Spitze. Gleichzeitig kann niemand die Internationalisierung der kapitalistischen Produktion rückgängig machen.“ (Gabi Fechtner, Vorsitzende der MLPD) Daher schwanken die Spekulanten in den Chefetagen der Monopolen und Banken sowie die Finanzjongleure zwischen Hoffen und Bangen. Sie fürchten nach wie vor einen Einbruch der Weltwirtschaft durch die weitere Verschärfung der gegenseitige Vernichtungsschlacht der Monopole, erhoffen sich aber gleichzeitig noch von der weltweit umfassenden Hochrüstung und dem Einsatz neuer Technologien wie der „Künstlichen Intelligenz“ einen neuen Gewinn-Schub. Selbst ein weitgehendes Aussetzen der Zölle würde jedoch das tiefer zugrundliegende Problem für die überhietzte Spekulation nicht lösen – das Auseinanderklaffen von Industrieproduktion und Börsenkursen.