Stahl
Durchregieren bei Thyssenkrupp - Teil 2
Eigentlich sollte es erst im September entschieden werden, doch der Aufsichtsrat von Thyssenkrupp hat auf seiner Sitzung am 20. Juni den Vertrag des Vorstandsvorsitzenden Miguel Lopez um weitere fünf Jahre verlängert. Die Rote Fahne Redaktion bringt diese Korrespondenz in zwei Teilen:
Hier gibt es den 1. Teil der Korrespondenz!
Erpresserische Verhandlungen bei Stahl
Für die Stahlsparte plant der Vorstand ein 50:50-Jointventure mit dem tschechischen Finanzinvestor Kretinsky.¹ Dazu will der Vorstand 11.000 der bislang 27.000 Arbeitsplätze vernichten. Im Juni hat er eine unverbindliche und vage Zusage gemacht, am Ziel des Verzichts „betriebsbedingte Kündigungen zu vermeiden“, festzuhalten und eine „unmittelbare“ Schließung des Standorts Eichen „zu vermeiden“. Daraufhin hat die IG Metall unter Führung ihres Bezirksleiters Knut Giesler die Verhandlungen über einen Sozialtarifvertrag aufgenommen.
Wie bei Ford streben beide eine schnelle Lösung noch bis zum Sommer an. Dahinter steckt wohl das Kalkül, dass die meisten Kolleginnen und Kollegen entweder im Urlaub sind oder die Ferien mit ihren Kindern genießen wollen.
Personalvorstand Dirk Schulte stellte zu Beginn der Verhandlungen unmissverständlich fest, worum es dabei geht: „die Zahl 11.000 steht“. Schulte fordert des Weiteren einen Lohnverzicht von 10 Prozent und ein Außerkraftsetzen mehrerer Tarifverträge. Um zusätzlich Druck auszuüben, droht der Vorstand offen mit der Gefahr einer Insolvenz 2026.1 Bis Ende des Jahres liegt ein weiteres „Sanierungsgutachten“ vor, das die „Kosten“ für den Sozialtarifvertrag mit einbeziehen soll. Nach dem Motto: Wenn ihr nicht bereit seid, die Pläne des Vorstands zu schlucken, verliert ihr bei einer Insolvenz alles.
Wie reagieren die Belegschaften?
Das ruft zunächst unterschiedliche Reaktionen bei den Kolleginnen und Kollegen hervor. „Die sollen mir nichts erzählen, von wegen ist kein Geld da. Wer weiß, wohin die alles verschieben“, meint ein Walzwerker aus Duisburg. Die Mehrheit wiederum hat eine zwiespältige Einstellung: „Verzichten? Auf keinen Fall! Wie oft haben wir schon zurückgesteckt und standen am Ende mit leeren Händen da. Auf der anderen Seite: Eine Insolvenz wäre ja kein Pappenstiel. Alle Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen könnten vom Insolvenzverwalter gekündigt werden“, meint eine Vertrauensfrau aus Dortmund. Nur eine Minderheit wäre zum Verzicht bereit, „damit wir wenigstens die Arbeit behalten.“ Die Frage ist doch aber, wie lange, und was ist mit der Jugend?
Anknüpfen an und Ausbauen der Erfahrungen des letzten Jahres
Die Kolleginnen und Kollegen können an die ausgiebigen gewerkschaftlichen Aktionen Ende letzten Jahres anknüpfen. Die waren oft verbunden mit selbständigen Initiativen der Straßen- und Torblockaden, Aufstellung von Streikposten. Die Forderung war klar: „Kampf um jeden Arbeitsplatz“.
Für den 22. Februar hatte die IG-Metall-Vertrauenskörperleitung von TKSE in Dortmund die Initiative für eine Arbeiterkundgebung und Demonstration ergriffen. Dort waren nicht nur Delegationen verschiedener TKSE-Standorte vertreten, sondern auch von anderen NRW-Belegschaften wie Ford, ZF usw. Und dort machten die Kolleginnen und Kollegen nicht die Erfahrung, dass, wenn sie sich nichts gefallen lassen, es sofort Solidarität aus anderen Betrieben und der Bevölkerung gab? Neu ist auch, dass sich Kollegen in die politische Entwicklung einmischen, mit Transparenten wie „Stahlarbeiter gegen Faschismus“.
Auch in anderen Konzernen wie Ford und Bosch brodelt es in den Belegschaften. Bei Bosch fanden konzernweit Aktionstage und gegenseitige Besuche statt. Das sind Bündnispartner der Stahlarbeiter!
Wenn die Verhandlungen über die Vernichtung von 11.000 Arbeitsplätzen unter der Drohkulisse einer Insolvenz stattfinden, was soll dabei anderes herauskommen als eine Kapitulation?
Deshalb gilt:
Geduldige Überzeugungsarbeit an allen Standorten über die Notwendigkeit eines selbständigen Streiks an allen Standorten, bis die Kaltschlagpläne von Lopez und Russwurm vom Tisch sind!
- Wir bleiben dabei: Für den Erhalt aller Arbeits- und Ausbildungsplätze durch eine Konzernvereinbarung über die 30-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich und Schaffung gleichwertiger Ersatzarbeitsplätze!
- Wir sind und bleiben eine Belegschaft und lassen uns nicht ausgliedern. Setzen wir ein Zeichen, wenn Fremdfirmen unsere Abteilungen inspizieren!
- Der Kampf gegen die Schließung von HKM und des Federnwerks in Hagen ist auch unser Kampf!
- Keine Maßregelung von Kolleginnen und Kollegen, für ein allseitiges und vollständiges gesetzliches Streikrecht!