Verkehrspolitik
Deutschlandticket versus Führerschein
Laut Koalitionsvertrag der Bundesregierung aus Union und SPD soll „das Deutschlandticket über 2025 hinaus fortgesetzt“ werden - und teurer soll es spätestens ab 2029 werden, wobei ein interner Vorschlag eine stufenweise "Anpassung" (woran?) ab 2027 vorsieht. "Sozialverträglich", natürlich - wie, obwohl viele Tausend Arbeitsplätze vernichtet werden und die Preise steigen? Während dem Deutschlandticket aus "Kostengründen" letztlich das Aus droht, sollen Führerscheine günstiger werden.
Mittlerweile nutzen über 14 Millionen Menschen das günstige Abo-Modell. Doch die Zukunft scheint Ungewiss. Berlins Regierender Bürgermeister, Kai Wegner (CDU), greift das Deutschlandticket offen und erklärte gegenüber dem „Handelsblatt“, das Ticket sei „gut gemeint, aber teuer für den Bund und die Länder.“ Denn um die Einnahmeausfälle bei Verkehrsbetrieben auszugleichen, zahlen dieser derzeit jeweils 1,5 Milliarden Euro pro Jahr. Die Bundesmittel sind aber bisher nur noch für dieses Jahr gesetzlich festgeschrieben.
Wegner stellt natürlich nicht in Frage, warum man eigentlich die "Einnahmeausfälle" (die ja, ihrer Natur nach, spekulativ sind) überhaupt den (teil)privatisierten Verkehrsbetrieben ersetzt. Stattdessen erklärt er: „Solche Wohltaten des Bundes (Anmerkung: er meint nicht gegenüber den Verkehrsbetrieben, sondern deren Fahrgästen), die dann zu einem großen Teil von den Ländern finanziert werden müssen, können wir uns nicht mehr leisten.“ Natürlich sagt das ein Typus Mensch, der in seinem Leben wahrscheinlich noch nie wirklich auf einen Bus angewiesen war.
Sein Parteikollege, Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder, will derweil dafür sorgen, das Führerscheine günstiger werden. Das an sich wäre ganz unmittelbar schon wünschenswert, denn mit laut ADAC mittlerweile 4 500 Euro sind neue Führerscheine für durchschnittliche junge Menschen kaum mehr bezahlbar. Trotzdem sind sie im ländlichen Raum - wegen des schlecht ausgebauten öffentlichen Nahverkehrs - oft darauf angewiesen. Und so bedingt dann wieder das Eine das Andere. Dass es so bleibt, nützt bloß der mächtigsten Branche in Deutschland, die gerade allgemein mit äußerster Brutalität um die Steigerung ihrer Profite kämpft: Der Automobilindustrie.
Was wir tatsächlich brauchen, ist ein flächendeckend ausgebauter kostenloser öffentlicher Nahverkehr, denn dann bräuchten junge Menschen den Führerschein nicht einmal mehr unbedingt. Und das ist möglich - auf Kosten der Konzernprofite. Und sein wir mal ehrlich: Bei der Debatte um die Rentabilität des öffentlichen Nahverkehrs wird nie berücksichtigt, welchen Realwert es eigentlich hat, dass Millionen von Menschen jeden Tag zur Arbeit kommen.