Betriebsversammlung VW Braunschweig
VW-Familie beerdigt!? Der Verarbeitungsprozess geht weiter!
Ich habe noch nie eine Betriebsversammlung mit so wenig Applaus erlebt.
Vor allem die Kollegen applaudierten fast gar nicht! Nicht einmal bei der Investitionszusage von 800 Mio. Euro, die durch den Werksleiter verkündet worden war. Nach der Talkrunde (ähnlich wie bei Caren Miosga) verließen viele Kollegen den Versammlungsort.
Die IG-Metall-Führung versuchte unter dem Motto: „Mehr war nicht drin“ Akzeptanz für die Entgelteinschnitte bei den Kollegen zu erzeugen. Das zog nicht!
Es gibt einen richtigen Loslösungsprozess von der Gewerkschaftsführung, bei dem aber nicht entschieden ist, in welche Richtung er gehen soll. Es findet bei allen Kollegen ein intensiver Kampf um die Denkweise statt: Gehen wir den Weg als Arbeiterklasse oder finde ich mein Heil in einem anderen, mir eigenen Ausweg!
Jede Produktzusage seitens VW gilt nur unter dem Vorbehalt des Renditeziels von 6,5 Prozent. Braunschweig ist gerade bei 2,5 Prozent. Damit erodiert auch das Vertrauen in die Beschäftigungssicherung. Dem VW-Vorstand traut ebenfalls keiner mehr.
Die Kollegen sind vor allem deshalb sauer, weil alle Einsparungen nur zu unseren Lasten gehen: egal ob es der Wegfall einer bezahlten Pause ist, im indirekten Bereich, das neue flexible 15-Schichten-Modell, das vor allem den Wünschen des VW-Konzerns entspricht oder die Jagd auf Kranke, die jetzt zunimmt. Allein in den Monaten Januar bis April hat der Konzern 200 Kollegen aus gesundheitlichen Gründen entlassen.
Es geht dabei nicht nur um die entlassenen Kollegen, damit wird ein Massenmobbing im Konzern organisiert, um den Druck auf alle zu erhöhen. Einige Kollegen überlegen schon, das sinkende Schiff zu verlassen. Hier ist es wichtig, dass man die Gesamtentwicklung beachtet. Überall kommen die Kapitalisten mit neuen Entlassungsplänen auf uns Arbeiter zu. Als Alternative bieten sie dir an, in die Rüstungsindustrie zu gehen. Aber wenn das 5-Prozent-Ziel der Bundesregierung und der AfD in Rüstung gesteckt wird, müssen Sozialleistungen gekürzt werden und es wird damit auf Kriegswirtschaft umgestellt. Wir Kollegen wollen aber keinen Krieg!
Es kommen spannende Zeiten auf uns zu. Wie ein Redner in der freien Aussprache sagte: „Wir saßen im Dezember in der Kabine, hatten schon Schuhe und Trikot an. Und dann kam der Trainer rein und sagte: ‚Ich hab das Spiel 5:1 abgeschenkt!‘ “. Diesem Satz folgten Applaus und ein Zwischenruf: „Genau so!“ Am Ende sagte der Kollege dann: „Wir werden aber neue Gelegenheiten bekommen, zu spielen, und ich weiß, wir werden dann zusammenstehen!“
In diesem Sinne werden wir auch weiter um Entscheidungen ringen müssen, welchen Weg wir als VW-Kollegen gehen wollen. Auch die Konferenz der Internationalen Automobilarbeiterkoordinierung in Pune / Indien und die Spendengala, die Ende Juni in Braunschweig dafür stattfinden wird, wurden beworben. Sie sind auch ein Gegenprogramm zum VW-Kurs unter dem Motto: „Arbeitereinheit statt Standortspaltung!“