Aus dem Hause Dobrindt

Aus dem Hause Dobrindt

Verfassungsschutzbericht attackiert Palästinasolidarität

Vorgestern präsentierte Innenminister Alexander Dobrindt (CSU) den neuesten Bericht des deutschen Inlandsgeheimdiensts, genannt Verfassungsschutz. Er befasst sich mit dem Jahr 2024.

Von gis
Verfassungsschutzbericht attackiert Palästinasolidarität
Ziel der Attacken des Verfassungsschutzes: Solidaritätsdemonstrationen für das palästinensische Volk wie hier in Düsseldorf

Die Zahl faschistischer Gewalttaten um 11,6 Prozent gestiegen

Die Autoren des Berichts konstatieren ein gewachsenes "rechtsextremistisches Personenpotenzial", wie sie Leute mit einer faschistoiden oder faschistischen Gesinnung nennen, die Völkerhetze und Demagogie verbreiten und vor Mord und Totschlag nicht zurückschrecken. Im Jahr 2023 waren es offiziell 40.600, letztes Jahr 50.250. Die Zahl der Straftaten mit faschistischem, mindestens faschistoiden Hintergrund ist im vergangenen Jahr von 25.660 auf 37.835. Darunter waren mindestens 1280 Gewalttaten, besonders gegen Asylbewerber und Migranten. Die Zahl der offenen Faschisten in der AfD hat sich laut Bericht auf 20.000 verdoppelt, die Zahl der Mitglieder ist auf 50.000 gestiegen.

 

Der Verfassungsschutz hat der AfD ja kürzlich zugesagt, sie entgegen seinem eigenen Gutachten wieder als "rechtsextremistischen Verdachtsfall" zu führen, bis die Qualifizierung "gesichert rechtsextremistisch" durch ein Gerichtsurteil bestätigt ist. Den Begriff Faschismus nimmt der Bericht nicht in den Mund.

 

Auffassungen der AfD werden sogar als "solidarisch-patriotische Positionen" bezeichnet. Da hilft es auch nicht, wenn Faschist Höcke wörtlich zitiert wird, dass eine "Umvolkung" stattfinde, also Verdrängung der "richtigen" Deutschen durch Migranten. Wenn diese faschistische Hetze dann als "solidarisch-patriotische Position" durchgeht, übernimmt der Verfassungsschutzbericht an dieser Stelle die Demagogie des modernen Faschismus. Ein Kommentator in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) schreibt, Dobrindt habe Recht, wenn er keine direkte Linie zwischen der AfD und der faschistischen Gefahr ziehen will: "Aber die indirekte Linie ist so dick wie das Zündholz eines Brandstifters". Nein, Dobrindt hat sicher nicht Recht und die Linie ist auch nicht nur "indirekt". Die AfD ist eine "gesichert faschistische" Partei und muss nach dem Potsdamer Abkommen sofort verboten werden!

Sonderkapitel Nahost

Das Sonderkapitel Nahost ist neu und hat den Zweck, die erstarkende Palästinasolidarität zu diffamieren. Der Bericht übernimmt die angebliche deutsche Staatsräson, wonach die Unterstützung Israels bedingungslos richtig ist, allenfalls versehen mit einigen Anmerkungen, dass die Netanjahu-Regierung bei der angeblichen Selbstverteidigung die palästinensische Zivilbevölkerung mehr schützen müsse. Kein Wort vom bestialischen Vernichtungsfeldzug, den das imperialistische Israel gnadenlos gegen die Palästinenserinnen und Palästinenser im Gazastreifen durchzieht. Demonstrationen und Kundgebungen, die den palästinensischen Befreiungskampf unterstützen, seien zwar nicht per se atnisemitisch. Sie würden es aber durch israelfeindliche Parolen wie "From the river to the sea - Palestine will be free" oder "Kindermörder Israel". Was ist es anderes als Kindermord, wenn durch den Hunger als Kriegswaffe palästinensische Kinder verhungern?

 

Selbst nach der regierungsamtlichen Defintion von Antisemitismus kann man Slogan "Palestine will bei free" keinen Antisemitsmus anhängen, denn Antisemitismus enthält auf jeden Fall Hass gegenüber Juden. BDS-Bewegung, Palästina spricht, die Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost - Trägerin des renommierten Göttinger Friedenspreises - und das Kufiya-Netzwerk fallen unter das Verdikt des "israelvezogenen Antisemitismus". Das Kufiya-Netzwerk sei nicht per se antiemitisch. Aber es werde dort mit sogenannten "Brückennarrativen" operiert. Was das sein soll? Wer mit Rückgrat Internationalist ist und für den palästinensischen Befreiungskampf eintritt, erkennt zunehmend den Imperialismus als Ursache für Großisraelpläne. Und engagiert sich antiimperialistisch. So ist "propalästinensisch" laut Verfassungsschutz ein "Brückennarrativ" zu antiimperialistisch. Und antiimperialistisch ist des Teufels, denn von da ist es nicht weit zum Kommunismus. Die fortschrittliche türkische Band Grup Yorum, die vor wenigen Tagen auf dem Rebellischen Musikfestival begeisterte, muss nach dem Willen der Autoren vom Verfassungsschutz beobachtet werden, weil sie antiimperialistisch sei. Ja, ist sie. Und daran ist nichts Schlechtes. 

Antikommunistisch bis auf die Knochen

Antikommunismus war schon immer die Leitlinie der Verfassungsschutzberichte und ist es auch heuer. Angesichts von wachsender Kapitalismuskritik in der Bevölkerung und besonders der Jugend wird nicht so dick aufgetragen wie früher. Dem "linksextremistischen Personenpotenzial" werden 5827 Straftaten angedichtet, wobei es sich hauptsächlich um "Propagandadelikte" handle. Dazu gehört das Rufen antifaschistischer Parolen! Gewalttaten aus diesem Spektrum seien allerdings um 27 Prozent zurückgegangen. Eine linke Straftat ist "Outing". Das ist, wenn man Vertreterinnen oder Vertreter der "als 'faschistisch' aus gemachten AfD" beim Namen nennt und als Faschisten bezeichnet. Bekanntlich haben Internationalistisches Bündnis und MLPD das Recht auf das "Outing" des Faschisten Höcke gerichtlich erstritten und die antifaschistische Bewegung wird sich dieses Recht vom Inlandsgeheimdienst nicht nehmen lassen. 

 

Der Verfassungsschutzbericht erklärt die in allen fortschrittlichen Bewegungen wachsende Kapitalismuskritik zum Vergehen, die Gewalttaten nach sich ziehe. So heißt es zur Umweltbewegung: "Wirtschaftsunternehmen werfen sie skrupellose Profitorientiertheit und 'Greenwashing' beim Klimaschutz vor. ... Fernziel von Linksextremisten bleibt dabei immer die Überwindung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung." So wird der Umweltkampf, der die Verursacher beim Namen nennt, verleumdet.

 

Der MLPD ist ein relativ kurzer Abschnitt des Berichts gewidmet, mit einer Abbildung des Wahlplakats "Make Socialismus great again" (S.176). Richtig erkennt der Inlandsgeheimdienst, dass sie die revolutionäre Überwindung des Kapitalismus und den Aufbau einer sozialistischen Gesellschaft anstrebt. Besonders ihre Bündnis- und ihre Jugendarbeit werden hervorgehoben. Dass der Inlandsgeheimdienst führende Repräsentanten der MLPD als "Gefährder" verfolgt und die MLPD-Vorsitzende mit einem Eintrag "politische Straftäterin links" verunglimpft, obwohl ihr nicht eine einzige Straftat vorgeworden werden kann, erwähnt der Bericht nicht.

 

Hier kann das umfangreiche antikommunistische Pamphlet gelesen werden