Den Haag
Asymmetrischer Krieg gegen den internationalen Strafgerichtshof
Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH;) in Den Haag wurde 2002 installiert. Er hat einen zwiespältigen Charakter. Der Gedanke eines sanktionierten Völkerstrafrechts war einerseits eine Lehre aus den Nürnberger Prozessen nach dem Sieg über den Hitlerfaschismus,. Zugleich wurde er von westlichen imperialistischen Staaten instrumentalisiert.
China und Indien waren zum Beispiel niemals Unterstützer. Die USA, Russland und Israel sowie der Sudan zogen ihre Unterschrift, teils kurz nach der Gründung des Gerichtshofs, schon zurück. Unter dem faschistischen Präsidenten Donald J. Trump gehen die USA gegen den Gerichtshof mit Sanktionen vor. Die USA hatten die Entscheidung, gegen den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin „Bibi“ Netanyahu wegen der Kriegsverbrechen in Gaza einen Haftbefehl auszusprechen, zum Anlass genommen, nicht nur das Gericht sondern auch den Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs, Karim Khan, persönlich mit Sanktionen zu belegen.
Schmutzkampagne gegen Chefankläger
Gegen ihn wird außerdem eine Kampagne gefahren. Er soll eine Mitarbeiterin bei der Anklagebehörde sexuell belästigt haben. Das allerdings wurde "von einer dritten Person" behauptet: Das vermeintliche Opfer hatte den Angaben zufolge eine Untersuchung der Vertrauensstelle des Gerichts abgelehnt und sich nicht zu den Vorwürfen geäußert. Daraufhin war die Untersuchung eingestellt worden.
Kahn bestritt die Vorwürfe nicht nur, sondern setzte sie in einen direkten Zusammenhang mit seinem Vorgehen gegen die Kriegsverbrechen der zionistischen israelischen Regierung. "Dies ist ein Moment, in dem ich und der Internationale Strafgerichtshof Ziel von zahlreichen Angriffen und Drohungen sind." sagte er im November letzten Jahres. Zwischenzeitlich hatte die Präsidentin der Vertragsstaatenkonferenz, Päivi Kaukoranta, in Den Haag mitgeteilt, eine unabhängige Instanz werde Vorwürfe prüfen, um eine "unabhängiges, unparteiisches und faires Verfahren zu gewährleisten". Khan drängte selbst auf diese Untersuchung und legte Mitte Mai sein Amt bis zu deren Abschluss nieder.
Ziel ist die Untergrabung der Arbeitsfähigkeit des Gerichts
Am Donnerstag haben die USA ihre Angriffe ausgeweitet: Vier Richterinnen (Solomy Balungi Bossa aus Uganda, Luz del Carmen Ibanez Carranza aus Peru, Reine Alapini-Gansou aus Benin und Beti Hohler aus Slowenien), die am Internationalen Strafgerichtshof den Haftbefehl gegen Netanyahu mit ausgearbeitet haben und Ermittlungen zu mutmaßlichen Kriegsverbrechen von US-Soldaten in Afghanistan führen, sind von den Sanktionen betroffen. Ihre Vermögenswerte in den USA sind eingefroren und es wurde ein Einreiseverbot erlassen - außerdem wird US-Bürgern und -Firmen jede Geschäftsbeziehung zu den Richterinnen verboten.
US-amerikanische Staatsangehörige, die für den Strafgerichtshof arbeiten, drohen nun Haft- und Geldstrafen: 20 Jahre Gefängnis, oder 300 000 US-Dollar. Aber auch internationale Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International werden direkt bedroht, wenn sie, wie bisher, weiter mit dem Strafgerichtshof zusammen arbeiten. Einige dieser Organisationen sollen die Zusammenarbeit daraufhin mittlerweile eingestellt haben.
Das sind alles ganz konkrete Schritte, die darauf abzielen, die Arbeitsfähigkeit des Gerichts an sich zu untergraben. Darin besteht der wesentliche Unterschied zur früheren Politik der USA. Haben die Regierungen der letzten 23 Jahre den Gerichtshof weitgehend ignoriert und nur gelegentlich bedroht, wenn Ermittlungen gegen ihre Staatsbürger im Raum standen, wollen sie den Gerichtshof nun offensichtlich zu Fall bringen.
Mitgliedsstaaten untergraben die Autorität des Gerichts
Flankendeckung erhalten sie dabei unter anderem von Bundeskanzler Friedrich Merz, der schon vor seiner Wahl die Autorität des Internationalen Gerichtshofs in Frage stellte: Wenn er Kanzler werde, könne Netanyahu Deutschland sicher besuchen. Er kündigte damit nicht weniger an, als sich der Entscheidung des Strafgerichtshofs zu widersetzen - auf dessen Legitimität er sich andererseits stets beruft, wenn es um den Krieg zwischen Russland und der Ukraine geht, denn hier hat der Strafgerichtshof einen Haftbefehl gegen Putin ausgesprochen. Polen hat sich in gleicher Weise geäußert - und Ungarn hat jetzt sogar seinen Rückzug aus dem Abkommen beschlossen.
Diese Beliebigkeit prägt das Verhältnis der Imperialisten zu solchen Institutionen. Willkommen sind sie nur, wenn ihre Entscheidungen der eigenen Politik nutzen.