Leserzuschrift

Leserzuschrift

"Der Artikel aus der Kollegenzeitung ist problematisch"

Kürzlich dokumentierte Rote Fahne News einen Artikel aus der Kollegenzeitung "Scheinwerfer". Ein Leser kritisiert den kommentarlosen Abdruck dieses Artikels. In der Kollegenzeitung selbst steht er im Zusammenhang mit anderen Beiträgen; dieser Zusammenang war auf Rote Fahne News nicht gegeben.

Liebe Redaktion, Rote Fahne News dokumentierte am 27. Mai einen Artikel aus der Extra-Ausgabe des „Scheinwerfer“, Zeitung von Kollegen bei Ford, Köln und Saarlouis und angegliederten Betrieben, mit dem Titel: „Ist es illegal, selbständig zu streiken?“ Den Artikel einfach so und unkommentiert online zu stellen, erscheint mir problematisch.


So heißt es darin: „Wenn unsere Gewerkschaft den Kampf um jeden Arbeits- und Ausbildungsplatz nicht organisieren darf, dann müssen wir selbständig streiken". Das ist zweifellos richtig und angebracht. Doch dann heißt es weiter: „Das war beim Ford-Streit 1973 legitim und das ist es auch heute!“. Legitim ist ein solcher selbständiger Streik im Interesse der Ford-Arbeiter und -Arbeiterinnen auf jeden Fall. Doch nach Meinung des Klassengegners und ihrer Rechtsprechung wäre das ein „wilder“ Streik und damit rechtswidrig, sprich illegal. Auch beim Ford-Streik 1973 wurden im Verein von Konzernleitung, rechten Betriebsräten, Streikbrechern und Staatsapparat samt Verfassungsschutz gegen die selbständig Streikenden vorgegangen.


Hieraus müssen doch Lehren gezogen und m.E. muss in der Streikvorbereitung systematisch darüber aufgeklärt und für einen mit aller Härte geführten Kampf müssen entsprechende Maßnahmen getroffen werden. Bereits 1970 hatte der Gesamtverband der Metallindustriellen Arbeitgeberverbände e.V. „Richtlinien über die wilden Streiks“ herausgegeben, wie sie im Falle von selbständigen Streiks mit allen Mitteln einheitlich dagegen vorgehen. Diese sind im Buch „Gewerkschaften und Klassenkampf“ von Willi Dickhut, das im Verlag Neuer Weg erschienen ist, abgedruckt und diese wurden seither mit Sicherheit immer wieder weiterentwickelt.


Es ist sehr wichtig, genaue Kenntnis des gegnerischen „Kriegsplans“ zu haben, aber vor allem auch über die Erfahrungen der selbständigen Streiks der Stahlarbeiter in Rheinhausen, der Kumpel im Bergbau und der Opelaner in Bochum.


Der Artikel im Scheinwerfer ist problematisch, weil er die Belegschaft nicht auf die zu erwartende Härte des notwendigen selbständigen Streiks einstellt, sondern eher beruhigend wirkt. Die Kolleginnen und Kollegen müssen wissen, worauf sie sich einlassen und brauchen volle Klarheit für ihre Entscheidung zu einem selbständigen Streik mit demokratischen Strukturen und gewählter Streikleitung. Viel Erfolg dabei!

Dazu schreibt die Redaktion:

Lieber Leser, vielen Dank für deine Kritik. Du hast Recht damit, dass man nicht einfach verschweigen darf, dass die heute herrschende Rechtsprechung solche Streiks in der Regel als rechtswidrig behandelt. Umso wichtiger ist es aber, dass man sich dennoch das Recht nehmen muss. Oft trauen sich die Monopole heute nicht, dagegen vorzugehen. Streikende Arbeiter haben die Solidarität nicht nur von anderen Belegschaften, sondern aus der ganzen Bevölkerung, von Frauen, Jugendlichen, kleinen Gewerbetreibenden. Du zählst ja selbst wichtige selbständige Streiks auf, Rheinhausen, Bergarbeiterstreik, Streik der Bochumer Opelaner, wo die Monopole die Arbeiterinnen und Arbeiter hinters Licht führen mussten, um den Streik zu beenden. Natürlich kann sich die konkrete Strategie und Taktik der Monopole auch wieder ändern. Umso wichtiger, den Kampf auch um ein vollständiges und allseitiges gesetzliches Streikrecht zu führen.

 

Mit herzlichen Grüßen