Trotz Gerichtsbeschluss
Dobrindt führt weiter illegale Zurückweisungen von Asylsuchenden durch
Das Verwaltungsgericht Berlin hat gestern in einem Eilbeschluss entschieden, dass die Zurückweisung von drei Asylsuchenden aus Somalia an der deutschen Grenze und ihre sofortige Abschiebung nach Polen rechtswidrig gewesen ist.
Die Anweisung an die Bundespolizei, an den Grenzen auch Menschen zurückzuweisen, die ausdrücklich um Asyl nachsuchen, war eine der ersten Amtshandlungen von Alexander Dobrindt nach seiner Ernennung zum Bundesinnenminister Anfang Mai 2025. Die reaktionäre Hetze gegen Asylsuchende ist einer der Kernpunkte der von der Merz-Regierung propagierten „Wende in der Migrationspolitik“. Völlig zu Recht wurde die Maßnahme von vornherein als Verstoß gegen die Genfer Flüchtlingskonvention und europarechtliche Vorgaben kritisiert bis hinein in Kreise bürgerlicher Juristen. So regelt z.B. selbst das Schengener Abkommen, gewiss kein Ausbund einer fortschrittlichen Migrationspolitik, dass Asylsuchende erst dann in einen anderen EU-Staat zurückgeschickt werden dürfen, wenn in einem gesonderten Verfahren geklärt ist, dass dieser EU-Staat auch für die Durchführung eines ordnungsgemäßen Asylverfahrens zuständig Solange ist ihr Aufenthalt in der BRD legal.
Das alles interessiert jedoch Merz und Dobrindt nicht. Scheinheilig behaupten sie u.a. unter Berufung auf Art. 72 eines entsprechenden EU-Vertrags (AEUV) eine angebliche „Notlage“ – die weder begründet noch formell festgestellt werden muss – da angeblich die „Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und der Schutz der inneren Sicherheit“ dies gebiete. Selbst das bürgerliche Gericht stellt zu der Behauptung der Bundesregierung fest: Es sei „weder vorgetragen noch sonst ersichtlich“, dass eine Situation bestehe, „die für die deutschen Behörden nicht zu bewältigen wäre und auf Grund derer die Funktionsfähigkeit staatlicher Systeme und Einrichtungen akut gefährdet wäre“.
Auch andere EU-Staaten hatten sich bereits auf eine angebliche Notlage berufen, in allen Fällen hat aber der Europäische Gerichtshof festgestellt, dass sich die Staaten zu Unrecht darauf berufen hatten. Das ist der Bundesregierung bekannt. Sie kennt auch die Entscheidung des Gerichts in Berlin, in der auch allen anderen „Argumente“ der Bundesregierung widerlegt werden. Trotzdem stellt sich Dobrindt hin und sagt, er werde an der Praxis der illegalen Zurückweisung von Flüchtlingen festhalten. Das zeigt zu einen, wie wichtig der breite gesellschaftliche Protest gegen die reaktionäre „Wende in der Migrationspolitik“ als einem der Kernpunkte der Rechtsentwicklung und zugleich „Einstiegsdroge“ in den weiteren Abbau bürgerlich demokratischer Rechte und Freiheiten ist. Es gilt, das uneingeschränkte Asylrecht für alle Demokraten, Antifaschisten und Marxisten-Leninisten entschlossen zu verteidigen.
Das Vorgehen von Merz und Dobrindt zeigt aber noch etwas anderes: Es ist eines der Merkmale der reaktionären Wende, sich als Regierung über Gesetze und Gerichtsurteile hinwegzusetzen, wenn es zur Durchsetzung der Interessen der Monopole und ihrer Politik notwendig erscheint. So stellte sich Trump in einem Tweet des „Weißen Hauses“ unter Berufung auf ein angebliches Napoleon-Zitat einen Freibrief aus, wenn er schreibt „Wer sein Land verteidigt, begeht keine Straftaten“. Und Friedrich Merz erklärt öffentlich, man werde schon einen Weg finden, Netanjahu bei einem Besuch in der BRD nicht verhaften zu müssen, obwohl die BRD nach den Regeln des „Internationalen Strafgerichtshofs“ verpflichtet wäre, den gegen Netanjahu bestehenden Haftbefehl des Gerichts zu vollstrecken. In diese Reihe gehört auch das Vorgehen Dobrindts gegen Asylsuchende an den deutschen Grenzen.
Diese Entwicklung in Richtung eines modernen Faschismus stellt aber auch ganz offen die Lebenslüge vom „demokratischen Rechtsstaat“ in Frage. Doch auch dagegen regt sich bereits Protest bis hinein in den Staatsapparat. So wenden sich der „Republikanische Anwaltsverein“ (RAV), die „Vereinigung Demokratischer Juristen“ die „Neue Richtervereinigung“ und drei weitere demokratische Organisationen in einer gemeinsamen Erklärung vom 19.02.2025 (Homepage des RAV) entschieden gegen diese Entwicklung der Missachtung bestehender Gesetze und Gerichtsurteilen, die – noch etwas verharmlosend – als „exekutiver Ungehorsam“ bezeichnet wird. Es zeigt sich, welche Möglichkeiten für ein breites Bündnis im Kampf gegen die gewachsene faschistische Gefahr bestehen, die unbedingt genutzt werden müssen. Sie zeigt aber auch die Verantwortung der Marxisten-Leninisten im Kampf um Erhalt und Erweiterung bürgerlich-demokratischer Rechte und Freiheiten und gegen den modernen Faschismus. So hat bereits Max Reimann, der damalige Vorsitzende der KPD, bei der Verabschiedung es Grundgesetzes prophezeit, dass es einmal die Kommunisten sein werden, die die im Grundgesetz als Lehre aus dem Faschismus enthaltenen bürgerlich-demokratischen Rechte und Freiheiten am entschiedensten verteidigen werden.