Für Beteiligung Dritter öffnen
Thyssenkrupp: Ein neuer Versuch zur Konzernzerschlagung
Miguel Lopez, Vorstandsvorsitzender von ThyssenKrupp, hat große Pläne. Diesmal setzt er die Zerschlagung des ganzen Konzerns auf die Tagesordnung. Alle Bereiche sollen eigenständig aufgestellt, der Konzern in eine Finanzholding umgewandelt werden. Lopez will „schrittweise alle Geschäftsbereiche von Thyssenkrupp verselbständigen und für die Beteiligung Dritter öffnen.“ (Frankfurtter Allgemeine Zeitung 26. Mai).
Pläne zur Zerschlagung des Konzerns hatte auch schon die geschasste Vorstandsvorsitzende Martina Merz. Ihre Pläne wurden unter dem Slogan „Group of Companys“ geführt. Sie sind damals schon am Widerstand der Konzernbelegschaft gescheitert. Dem internationalen Finanzkapital gingen sie nicht weit genug.
Jetzt soll aber alles besser werden, laut Lopez. Mit Ausnahme des Stahlgeschäftes (1) will Thyssenkrupp an allen Sparten die Mehrheit behalten. Für die einzelnen Sparten soll Geld eingespielt werden, verbunden mit der spekulativen Hoffnung, dass dadurch der Börsenwert und die Spekulationsgewinne durch die Decken gehen - in der Pressemitteilung des Vorstands vom 28.5. blumig als „Wertkristallisation“ umschrieben. Das ist der Versuch des TK-Vorstands, in der Weltwirtschafts- und Finanzkrise durch eine Verselbständigung und damit größere Flexibilität der einzelnen Sparten den Maximalprofit zu steigern, was im jetzigen schwerfälligen Konzerngeflecht nur schwer gelingt.
Folgen für die Beschäftigten
Was das für die betroffenen 98 000 Beschäftigten heißt, dazu schweigt sich der Vorstand wohlweislich noch aus. Doch klar ist bereits, dass in der Zentrale von derzeit 500 Arbeitsplätzen 400 und in der Verwaltung 1000 vernichtet werden sollen. Bekannt ist auch, dass ein Teil der Sparte Automotive Technology - Stabilisatoren und Federn - geschlossen bzw. verkauft werden soll, als erstes das Federnwerk in Hagen-Hohenlimburg mit 300 Arbeitsplätzen. Die bisherigen Erfahrungen der Arbeiterinnen und Arbeiter mit Verkäufen, Ausgliederungen usw. zeigen, dass dies meist mit massiver Arbeitsplatzvernichtung, Lohnsenkungen und Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen verbunden ist.
Von den bürgerlichen Politikern ist nichts zu erwarten
In der bürgerlichen Politik wird gejammert. Dennis Radtke (CDU), CDA-Bundesvorsitzender: „Das Verhalten, das Herr Lopez in den letzten Monaten gegenüber den Betriebsräten und der IG Metall an den Tag gelegt hat, ist nicht das, was meine Erwartungshaltung ist an Montanmitbestimmung, und das kann und muss Politik auch artikulieren.“ Radtke kritisiert nicht die Pläne, sondern dass Lopez sich knallhart über bestimmte bisherige Gepflogenheiten der Politik der Klassenzusammenarbeit hinwegsetzt. Radtke ist aber wohl für Montanmitbestimmung, mit deren Hilfe Hunderttausende Stahlarbeitsplätze vernichtet und der ganze untertägige Steinkohlebergbau im Ruhrgebiet platt gemacht wurden.
Und NRW Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (Grüne) meint: „Die nun angekündigte strategische Neuaufstellung des Konzerns kann eine Chance sein, wenn sie mit Augenmaß, sozialer Verantwortung und klarem Bekenntnis zu den industriellen Standorten in NRW umgesetzt wird." (2) Was Lopez unter „sozialer Verantwortung“ versteht, davon können die von Stilllegungen und Arbeitsplatzvernichtung und Ausgliederung betroffenen Stahlkolleginnen und Kollegen ein Lied singen! Und die SPD? Sie kritisiert lediglich NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst, weil das Land nicht in den Konzern eingestiegen sei.
Jetzt sind Konzernbelegschaften gefragt
Lopez will seine Pläne im September vom Aufsichtsrat bestätigen lassen. Wie die Konzerne sich aufstellen, ist ihre Sache. Ob aber die Konzernbelegschaften diese Pläne mitmachen, steht auf einem anderen Blatt. Denn schließlich bedeuten diese Pläne eine Spaltung und laufen darauf hinaus, dass jede Belegschaft für sich alleine kämpft.
Schon jetzt sprechen Wirtschaftsfachleute von einem neuen Rohrkrepierer von Thyssenkrupp. Tatsächlich mussten die stets wechselnden Vorstände aus Angst vor dem Widerstand der Konzernbelegschaft, aber auch der Konkurrenz in den letzten Jahren ihre Pläne immer wieder über den Haufen werfen.
Das Verhalten und die Pläne von Lopez sind eine Provokation gegenüber der Konzernbelegschaft. Die muss jetzt Lopez die passende Antwort geben. Jetzt gilt es, den konzernweiten gemeinsamen Kampf der Sparten und Belegschaften, zu entwickeln wie dies auf der Demonstration in Essen zur Aufsichtsratssitzung am 23. Mai 2024 der Fall war. Nicht nur die Beschäftigten bei ThyssenKrupp Stahl sind herausgefordert, gegen die geplante Stilllegung von HKM konkrete Pläne zur Ausgliederung, gegen die geplante Stilllegung des Federnwerks in Hagen-Hohenlimburg und Stilllegung von Anlagen in Duisburg Hamborn mit gewerkschaftlichen und selbständigen Streiks gemeinsam vorzugehen.
Im ganzen Konzern muss jetzt gelten:
- Kampf um jeden Arbeits- und Ausbildungsplatz!
- Keine Stilllegung von Betrieben!
- Kein Verzicht!
- Für die 30-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich und Schaffung gleichwertiger Arbeitsplätze!
- Für ein allseitiges und vollständiges gesetzliches Streikrecht!
- Gegen die Spaltung durch AfD und andere Faschisten – für die antifaschistische Arbeitereinheit!
Die Sparten von ThyssenKrupp
- Automotive Technology: 7,9 Mrd € Umsatz, 31 689 Beschäftigte
- Decarbon Technology: 3,0 Mrd.€ Umsatz, 12 700 Beschäftigte
- Materials Services: 12,1 Mrd. € Umsatz, 16 000 Beschäftigte
- thyssenkrupp steel Europe: 10,7 Mrd. € Umsatz, 27 500 Beschäftigte
- Marine Systems: 2,1 Mrd. € Umsatz, 8 000 Beschäftigte