Bergdorf zerstört, Flutwelle droht
Gebirgs- und Gletscherabbruch in den Schweizer Alpen
Das Schweizer Bergdorf Blatten wurde am 28. Mai durch einen Gebirgs- und Gletscherabbruch am Kleinen Nesthorn dem Erdboden gleichgemacht. Die Häuser von 300 Dorfbewohnern liegen jetzt unter einer bis zu 200 Meter dicken Geröll- und Schlammlawine. Durch diese Massen wird der Fluss Lonza jetzt aufgestaut, er könnte den Gerölldamm zum Einsturz bringen und eine verheerende Flutwelle auslösen, deswegen wurden die Ortschaften unterhalb des Katastrophendorfes ebenfalls evakuiert.
Dank moderner Messtechnik konnte das verheerende Ereignis rechtzeitig vorhergesagt werden, die Einwohner mussten innerhalb von 90 Minuten ihre Häuser räumen und das Dorf verlassen. So wurde eine große Zahl Todesopfer vermieden, nur ein 64-jähriger Dorfbewohner, der sich der Behördenanordnung widersetzte aus Sorge um seine Schafe, wird jetzt vermisst und ist wahrscheinlich tot. Drei Millionen Kubikmeter Fels, Geröll und Eis des Birchgletschers ließen über 130 Häuser von der Landkarte verschwinden.
Warum wird jetzt über die Ursachen so herumgeeiert?
Professor Michael Krautblatter vom Lehrstuhl für Hangbewegungen der Technischen Universität München sagt dazu: "Die Hangbewegung im Lötschental geht mit hoher Wahrscheinlichkeit auf Degradation zurück, also auf die Erwärmung von Permafrost". Permafrost ist eine ganzjährig gefrorene Mischung aus Sedimenten, Gestein oder Erde und unterschiedlichen Mengen Eis, die wie ein Kitt die Schichten zusammenhält. Solche Ereignisse habe man in den vergangenen Jahren einige gesehen. Vor zwei Jahren wurde zum Beispiel der Gipfel des Tiroler Fluchthorns weggerissen.
In den großen Medien wird aktuell aber dieser Zusammenhang völlig ausgeblendet und so getan, als wisse man noch nichts über die Ursachen der Tragödie. Krautblatter geht ebenso wie andere Wissenschaftler seiner Fachdisziplin davon aus, „ ... dass es in den nächsten 20, 30, 40 Jahren ganz vermehrt zu solchen großen Sturzereignissen kommt". Entdeckt wurde inzwischen, dass der Permafrost nicht nur von außen aufgetaut wird durch die höheren Temperaturen, sondern dass Wasser in Klüfte bis zu 60 Meter tief in das Gestein eindringt und dadurch ein viel schnelleres Auftauen des Permafrostes bewirkt wird. Nachdem die Umweltfrage aus dem Bundestagswahlkampf massiv verdrängt worden war, findet in Wirklichkeit ein massiver Rollback beim Umwelt- und Klimaschutz statt. Das steht auch im Zusammenhang mit der Tendenz zum Faschismus und reaktionärer Wende weltweit, wo alle Beschränkungen für die Verbrennung fossiler Rohstoffe, für die Atomwirtschaft und für die destruktive Ausplünderung des Planeten hinweggefegt werden sollen.
Das erwachende Umweltbewusstsein muss mit Klimaleugnern und der faschistischen Propaganda fertig werden
Ereignisse wie jetzt in der Schweiz oder die wieder verheeerenden Waldbrände in Kanada haben das Potenzial, dass das Umweltbewusstsein sich wieder entwickelt und international der Umweltkampf in Einheit von Arbeiter- und Umweltbewegung zum gesellschaftsverändernden Umweltkampf heranreift. Diesem Prozess dient auch der internationale Umweltratschlag, der für den Herbst 2026 vorbereitet wird. Wird den Menschen klar, dass es sich hier um die Wirkung kapitalistischer Gesetzmäßigkeiten handelt und dass die faschistischen Klimaleugner mit allen Mitteln die Herrschaft der internationalen Monopole erhalten sollen, dann bekommt der Kampf für den echten Sozialimus eine neue Quelle.
Klage des peruanischen Bauern Saúl Luciano Lliuya gegen RWE abgewiesen
In diesem Lichte betrachtet ist auch das Urteil des Oberlandesgerichtes Hamm interessant, welches – welch Zufall – am gleichen Tag wie der Schweizer Gletschersturz verkündet wurde: Die Klage des peruanischen Bauern Saúl Luciano Lliuya gegen RWE wurde abgewiesen. Er hatte gefordert, dass RWE sich in der Höhe des Anteils ihrer ausgestoßenen Treibhausgase an den weltweiten Emissionen am Schutz seiner Behausung vor dem drohenden Gebirgsabbruch und Überlaufen des Gletschersees oberhalb seines Anwesens beteiligen muss.
Zum ersten Mal folgte in der Urteilsbegründung ein deutsches Oberlandesgericht der Aussage, dass das Anliegen des peruanischen Bauern berechtigt ist und solche Ansprüche im Grundsatz bestehen. Er habe aber nicht konkret nachweisen können, dass er wirklich einen relevanten Schaden persönlich zu fürchten habe. Ein Gutachter brachte es zu der dreisten Aussage, der Kläger habe lediglich eine Überschwemmung seines Grundstückes von 20 Zentimetern zu fürchten. Man sollte diesem leider typischen Vertreter des deutschen Gutachterkartells jetzt wirklich eine Schüppe in die Hand drücken und ihn ins Lötschental zur Katastrophenhilfe schicken.
Es bleibt die Lehre: Nur im internationalen Kampf können die Existenzgrundlagen der Menschheit gerettet werden, im Rahmen dieses Kampfes kann und muss auch immer wieder der Rechtsweg beschritten werden.
Volle Entschädigung der betroffenen Bevölkerung in der Schweiz und auch bei anderen Umweltkatastrophen auf Kosten der verantwortlichen Konzerne und der G20!