Bergkamen

Bergkamen

Bezirksregierung zu Gast – bei Freunden?

Gleich am Eingang zum Bergkamener Ratstrakt müsste den drei Herren von der Bezirksregierung klar gewesen sein: Beim Thema Grubenwassereinleitung durch die RAG wird sie einen schweren Stand haben. Wurden sie doch von Mitgliedern des „Arbeitskreises Grubenwasser“ und von BergAUF (überparteiliches Kommunalwahlbündnis in Bergkamen, Anm. d. Red.) mit Schildern empfangen wie: “Stoppt das Grubenwasserkonzept der RAG“ oder: „Keine Bergbaugifte in die Natur“.

Von Korrespondenz

In der Sitzung des Ausschusses für Bauen und Verkehr am 20. Mai war der mündliche Bericht der Bezirksregierung Arnsberg zu diesem heiklen Thema der erste Tagesordnungspunkt. Der Bericht mit zahlreichen Folien hätte genauso gut von der RAG sein können, und dieses Verhältnis zwischen Konzern und Aufsichtsbehörde wurde tatsächlich überdeutlich.


Obwohl das Ausschussmitglied von BergAUF, Werner Engelhardt, der auch Sprecher des Arbeitskreises Grubenwasser ist, sich erkennbar als Erster meldete, erhielt zunächst der CDU-Vertreter das Wort. Er fand klare Worte und warf den Regierungsvertretern vor, sie würden sich aufgrund der von der RAG vorgegebenen Fristen von der RAG an der Nase herumführen lassen. Ein guter Auftakt. Zwar wird eine „Aufbereitungsanlage“ bereits – ohne Genehmigung – gebaut. Sollte sie aber nicht bis Mitte 2026 fertig sein, würde das Grubenwasser die bisher genehmigte Höhe von -600 m NHN (Normalhöhennull) unaufhaltsam übersteigen, auch ohne Genehmigung der Bezirksregierung. 

 

Der Vertreter von BergAUF unterstützte dies, meinte aber, es ginge weiter als „auf der Nase rumtanzen“.


Er wies nach: Die Herren aus Arnsberg bringen genau die gleichen hohlen Argumente wie die RAG, wenn es um die Gefahr durch das PCB im Grubenwasser geht: PCB sinke in die Tiefe je höher das Grubenwasser ansteige; PCB sei in so geringen Mengen kaum messbar; PCB hafte vor allem an Eisen an, deshalb nun der Bau einer Enteisenungs-Anlage. Engelhardt zerpflückte diese Argumente sachkundig Punkt für Punkt, was viel Beifall auf der gut besetzten Tribüne und teils auch im Saal fand.

 

Der Hauptredner, Herr Wolfgang Dronia, wusste sich nicht mehr anders zu helfen und sagte, sie könnten der RAG halt nichts vorschreiben, nur an sie appellieren. Was sofort die Frage aufwarf: „Wenn Sie als Bezirksregierung nur ‚appellieren' können, ja wer regiert denn dann? Sie machen doch hier den Handlanger der RAG!“.


Die ganze Diskussion über ca. 90 Minuten zeigte, dass noch viele Rechnungen mit der RAG offen sind. Ein Kollege der grünen Fraktion, selbst einst Bergmann, ging auf das Risiko der Hebungen ein: wieder schiefe Häuser, kaputte Kanäle und Straßen, davon hätten die Menschen hier absolut die Schnauze voll. Am Ende stellte Engelhardt den Herrn Dronia: Stimmt es, dass PCB sehr gefährlich ist? Antwort Bezirksregierung: Ja. Und es gibt keine Zweifel, dass PCB in der Tiefe schlummert und also auch im Grubenwasser ist? Antwort: Ja. Stimmt es, dass es verboten ist, PCB irgendwie in die Natur einzubringen? Antwort: Ja.


Okay! Was hält die Bezirksregierung dann davon ab, der RAG sofort vorzuschreiben, an allen Grubenwassereinleitungsstellen auf jeden Fall hochwirksame PCB-Eliminierungsanlagen zu bauen, wie sie vom Ingenieurbüro Spiekermann konzipiert wurden? Jetzt musste Herr Dronia die Katze aus dem Sack lassen: Man müsse dies eben immer auch unter dem Aspekt der Verhältnismäßigkeit sehen, so etwas würde ja viel kosten!


Das machte Frau Kestermann (Grüne) vollends wütend. Sie erinnerte die Bezirksregierung daran, wofür sie eigentlich da sei: Unter anderem, um für das Wohl der Bevölkerung zu sorgen und alle, die dies gefährden, in die Schranken zu weisen. Stattdessen mache sie sich zum Erfüllungsgehilfen der RAG. Warum sie angesichts dieser treffenden Erkenntnis dennoch appellierte, die drei Herren mögen die RAG von ihren verbrecherischen Methoden abhalten, bleibt ihr Geheimnis. Gegen solche Illusionen gilt es, die kämpferische Richtung des Arbeitskreises Grubenwasser und von BergAUF zu stärken: Stoppt die Grubenwasserpläne der RAG! Keine Bergbaugifte in die Natur! Sofortiger Bau von PCB-Eliminierungsanlagen auf Kosten der RAG an allen Einleitungsstellen von Grubenwasser! Bergung des Giftmülls unter Tage, soweit das technisch möglich ist!

 

Haftet PCB vor allem an Eisen an? Nein, PCB haftet überhaupt an Schwebstoffen an, dem Gift ist es gleich an welchem. PCB sinkt auch nicht in die Tiefe, je höher das Grubenwasser steigt. Im Gegenteil! Es gibt einen sehr großen Temperaturunterschied des Grubenwassers zwischen unten und oben. Da warmes Wasser nach oben steigt, entsteht eine starke Verwirbelung, die Schwebstoff samt PCB mit nach oben reißt.


Kann man PCB kaum nachweisen? Bei einer Tagung in Kassel leitete der RAG-Experte für Grubenwasser, Dr. Drobniewski, sogar selbst eine Arbeitsgruppe, die dies als falsch entlarvte: Forscher berichteten über ihre Ergebnisse, wonach PCB selbst in winzigen Proben und in sehr geringer Konzentration nachweisbar ist.


Der Bericht des „Hellweger Anzeiger“ vom 22. Mai verzerrt völlig die Kräfteverhältnisse. Obwohl der Vertreter von BergAUF die ganze Diskussion ganz klar dominierte, wird er im Bericht nur beiläufig erwähnt. Das hat inzwischen Methode. Über die Beiträge von BergAUF in Rat und Ausschüssen wird kaum berichtet. Nur bei der diesmal gut besetzten Tribüne ließ sich das nicht gänzlich verschweigen.