Im Auftrag der Monopole
Abschaffung des 8-Stundentags – reaktionäre Wende voraus!
Der Koalitionsvertrag der neuen CDU/CSU-SPD-Regierung sieht vor, den 8-Stunden-Tag abzuschaffen. Stattdessen soll es eine wöchentliche Höchstarbeitszeit geben. Der Kern ist aber, dass die im Auftrag der Monopole auf einen 10-Stunden-Arbeitstag hinarbeiten.
Nach der Aussage von Kanzler Merz gleich in seiner ersten Regierungserklärung „Wir müssen in diesem Land wieder mehr und vor allem effizienter arbeiten“, legt jetzt der Generalsekretär der CDU, Carsten Linnemann, nach. Er beklagt: „Aber man hat manchmal den Eindruck, dass es nicht mehr um Work-Life-Balance geht, sondern um Life-Life-Balance.“
Der großen Masse der arbeitenden Bevölkerung bleibt ob dieser schieren Unverschämtheit die Spucke weg. Zu Recht fordert der erste Bevollmächtigte der IG Metall Mannheim, Thomas Hahl: „Ich empfehle dem Bundeskanzler Friedrich Merz, sich mal in drei Schichten ans Band bei John Deere oder beim Benz zu stellen oder in den Büros die Arbeit, mit fehlendem Personal auszuüben. Das sind Knochenjobs! Außerdem sind die regelmäßigen Schichtwechsel eine starke Belastung für die Beschäftigten.“ (1)
Und wenn man nach 8 Stunden Arbeit nach Hause kommt, ist da ja auch noch Haushalt, Kindererziehung, Versorgung kranker und älterer Angehöriger, nervenaufreibende Behördengänge, usw. Wo ist da die Life-Life-Balance? Wo ist überhaupt das „Life“? Teilzeit arbeiten die Leute nicht wegen zu wenig Arbeitsbereitschaft. Sondern entweder, um das sonstige Leben überhaupt organisieren zu können, insbesondere Alleinerziehende. Oder weil der Ausbeutungsgrad inzwischen so hoch ist, dass eine volle Arbeitszeit gesundheitlich nicht zu machen ist. Auch ein Problem ist, dass Alleinerziehende oft keinen Betreuungsplatz für Kinder erhalten, schon gleich gar nicht einen, der ihnen ein 8-Stunden Tag ermöglicht.
Der 8-Stunden-Tag war Anfang des 20. Jahrhunderts eine der ältesten Forderung der Arbeiterbewegung für bessere Arbeits- und Lebensbedingungen. Karl Marx begründete bereits 1867 die notwendige Verkürzung der Arbeitszeit: „Der Arbeiter braucht Zeit zur Befriedigung geistiger und sozialer Bedürfnisse, deren Umfang und Zahl durch den allgemeinen Kulturzustand bestimmt sind.“ Der Kampf um die Arbeitszeitverkürzung von 12-14 Stunden auf 8 Stunden täglich wurde über ein halbes Jahrhundert von der Arbeiterbewegung geführt. Erfolgreich durchgesetzt wurde der 8-Stunden-Tag erst mit der November-Revolution 1918, genauso wie das Frauenwahlrecht oder das Recht zur Bildung von Betriebsräten. Merz und Linnemann – offensichtlich im letzten Jahrhundert hängen geblieben? Man könnte die „Idee“ auch als „ewig gestrig“ bezeichnen.
Aber sie ist auch irrwitzig. So ist die Vernichtung von hunderttausenden Arbeitsplätzen in Planung und wird bereits vollzogen, aufgrund der sich verschärfenden Strukturkrise. Selbst eine Sprecherin des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales gibt aktuell an: die Wirtschaftskrise „führt dazu, dass die Chancen von Arbeitslosen, eine Beschäftigung aufzunehmen, sich aktuell auf einem historischen Tiefstand befinden.“ Und weiter: „Die Zahl der monatlich neu gemeldeten offenen Stellen ist so gering wie seit Jahrzehnten nicht mehr.“ (2)
Merz ruderte auf dem Tag der Bauindustrie etwas zurück, um zugleich einen Spaltkeil zwischen Jung und Alt zu treiben: „Aber wir haben in Deutschland Gruppen, vor allen Dingen unter den Jüngeren, die sehr, sehr viel arbeiten.“ Allerdings gingen die Arbeitsbereitschaft und Arbeitszeit mit zunehmendem Lebensalter zurück. Abschaffung des 8-Stunden Tags reicht also nicht. Auch die Lebensarbeitszeit soll verlängert werden. Dass nicht wenige Schichtarbeiter das Rentenalter überhaupt nicht erreichen, weil sie vorher an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung (z.B. Herzinfarkt) versterben, durch Studien belegt, wird einfach ignoriert.
Damit diese Attacke auf Arbeits- und Lebensbedingungen geschluckt wird, soll uns weisgemacht werden, dass Flexibilisierung der Arbeitszeit den Familien zugute käme. Aber erstens ist die Flexibilisierung der Arbeitszeit immer ausschließlich dadurch motiviert, Höchstprofite zu generieren, um im zum Handelskrieg verschärften Konkurrenzkampf die Pole-Position einzunehmen. Es geht bei Flexibilisierung der Arbeitszeit immer um die Steigerung der Ausbeutung, d. h., mehr aus der Ware Arbeitskraft herauszuholen.
Zweitens ist die Realität die, dass sich durch Flexibilisierung der Arbeitskraft die Krise der bürgerlichen Familienordnung verschärft. Als 1994 bei VW die 4-Tage-Woche ohne vollen Lohnausgleich in Verbindung mit extremer Flexibilisierung der Arbeitszeit eingeführt wurde, stieg die Zahl der Ehescheidungen in Wolfsburg bis 1996 um 60,2 % an.
Produktivitätssteigerung, Steigerung des Grads der Ausbeutung, geplante und in Gang gesetzte horrende Arbeitsplatzvernichtung, Gesundheit, Kulturniveau – im Interesse der Arbeiter und ihrer Familien liegt eine Arbeitszeitverkürzung.
Der KABD, die Vorläuferorganisation der MLPD, prognostizierte in den 1970er-Jahren treffend, dass die Rationalisierung, der Konzentrationsprozess in der Industrie, sowie der Kapitalexport zu einer Massenarbeitslosigkeit führen wird. Das war der hauptsächliche Grund, dass der KABD am 1. Mai 1974 erstmals die Forderung nach der 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich aufstellte. Sie wurde von vielen Kollegen in den Betrieben und Gewerkschaften aufgegriffen und auf dem Gewerkschaftstag der IG Metall 1977 gegen den Willen des Vorstandes beschlossen. Als gewerkschaftliche Forderung wurde die nach der 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich zum ersten Mal in der Tarifrunde der Stahlarbeiter 1978/79 aufgestellt. Der Streik dauerte sechs Wochen und wurde bei winterlichen Temperaturen mit aller Härte und Entschlossenheit geführt. Ohne den Streik der Stahlarbeiter und die Verarbeitung der Erfahrungen durch die Kollegen mit Hilfe des KABD und ab 1982 der MLPD, hätte der Kampf der Drucker und Metaller 1984 zur Durchsetzung der 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich in der Form nicht stattfinden können.
AbUnd heute? Abschaffung des 8-Stunden Tags – Einführung des 6-Stunden Tags! Für die 30-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich!