Oberlandesgericht Stuttgart

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Kurdischer Aktivist wegen Mitgliedschaft in der PKK verurteilt!

Am selben Tag, an dem die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) ihren Beschluss zur Selbstauflösung öffentlich bekannt macht, verurteilt das OLG Stuttgart den kurdischen Aktivisten Emin Bayman wegen Mitgliedschaft in der Organisation zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten.

Pressemitteilung des Rechtshilfefonds AZADÎ e.V. | Köln, 12. Mai 2025

Der 6. Strafsenat sah es als erwiesen an, dass Emin Bayman von Januar 2015 bis Mai 2021 zunächst den „PKK-Raum Crailsheim“ und anschließend den „zusammengelegten PKK-Raum Sinsheim / Crailsheim“ als Mitglied der PKK geleitet habe. Deshalb verurteilte er den 70-Jährigen wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer „terroristischen“ Vereinigung im Ausland nach §§ 129a, 129b StGB.


Konkret warf ihm die Generalstaatsanwaltschaft Stuttgart vor, er habe nach Weisung des ihm übergeordneten „PKK-Gebietsverantwortlichen“ unter anderem Veranstaltungen und Demonstrationen organisiert, Spendensammlungen koordiniert, Zeitschriften an Kurd:innen verkauft und eingenommene Gelder an höherrangige PKK-Funktionäre weitergeleitet. Eine individuelle Straftat wurde ihm – wie in den allermeisten Verfahren wegen PKK-Mitgliedschaft – nicht zulasten gelegt. Möglich war das Strafverfahren, weil das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz (BMJV) 2019 eine für die Verfolgung nach § 129b StGB erforderliche Einzelermächtigung erteilt hatte.
 

Emin Baymans Verteidigung kündigte an, Revision gegen das Urteil einzulegen. In Untersuchungshaft befindet er sich nicht.

 

Der Rechtshilfefonds AZADÎ kritisiert das Verfahren vor dem OLG Stuttgart: Der Zeitraum, aufgrund dessen Emin Bayman heute verurteilt wurde, begann vor mehr als zehn Jahren. Wenn sein Verhalten so gefährlich gewesen sein soll, dass man ihn schließlich als „Terroristen“ verurteilt, warum haben ihn die Sicherheitsbehörden dann über sechs Jahre gewähren lassen? Seitdem sind weitere vier Jahre vergangen und demnächst soll ein 70-Jähriger für ein Jahr und zehn Monate ins Gefängnis gehen, weil er Mitglied einer Organisation gewesen sein soll, die heute ihre Selbstauflösung angekündigt hat? Die komplette Strafverfolgung der PKK durch Bundesanwaltschaft und Generalstaatsanwaltschaften, die Urteile des BGH und der OLG in diesen Verfahren, die Verfolgungsermächtigungen des BMJV – all das sind Hindernisse für einen Friedensprozess in Kurdistan und eine gesellschaftliche Partizipation der kurdischen Community in der BRD. Auch hier braucht es ein mutiges Umdenken der politischen Entscheidungsträgerinnen, Entscheidungsträger und der Justiz, wollen sie nicht reaktionärer als das AKP-Regime im Umgang mit der kurdischen Frage sein.

 

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