„König“ in den Kerker

„König“ in den Kerker

Innenminister verbietet Reichsbürger-Vereinigung „Königreich Deutschland“

Das "Königreich Deutschland" (KRD) ist wahrscheinlich ein Archetyp der "Selbstverwalter"- beziehungsweise "Reichsbürger"-Strukturen. Dahinter steckt eine Mischung aus teils antisemitischen Verschwörungstheorien, striktem Antikommunismus, pseudo-religiösem Mystizismus, "Naturheilkunde" - es war eine okkult geprägte, faschistische Weltanschauung. Dennoch konnte die Gruppe 16 Jahre trotz mehrfacher Durchsuchungen und Verfahren mehr oder minder unbehindert arbeiten und Strukturen aufbauen.

Von fu
Innenminister verbietet Reichsbürger-Vereinigung „Königreich Deutschland“

Ökonomisch war es immer schon eine klassisch anmutende, aber extrem detaillierte und weitreichende Betrugsmasche. Das Königreich betrieb und finanzierte sich durch eine eigene Bank, ein Versicherungsunternehmen, verkaufte Visa, Kfz-Kennzeichen, "exportierte" landwirtschaftliche Produkte und, und und - alles unter dem Deckmantel der Eigenstaatlichkeit und natürlich nichts davon mit einer Genehmigung. Das selbsterklärte "Königreich" - in Persona der "König" - besaßen unter anderem auch ein Schloß und ein Landgut. Mit den Geldern der Mitglieder und "Anleger" der Gruppe finanzierte deren Anführer, Peter Fitzek, den Ankauf von weiteren Ländereien, die er dann zum Gebiet des "Königreichs Deutschland" rechnete. Sogar eine eigene Währung gab die Gruppe heraus: Wer Produkte oder Dienstleistungen aus dem "Königreich" in Anspruch nahm, der musste sein Geld nach einem willkürlich festgelegten Wert in die so genannten "Engel" tauschen. Der Name der Währung war sowohl eine Anlehnung an den kruden Spiritismus der Gruppe, die sich aus wirklich jeder Religion nach belieben bediente, als auch eine Abkürzung für „Ein Neues Geld Erweckt Liebe“.

 

2010, ein Jahr nach der Gründung des Vereins "NeuDeutschland" und der "Reichsgründung" vorausgehend, wollte Fitzek eine eigene Krankenkasse, die NeuDeutsche Gesundheitskasse (NDGK) gründen, was die Finanzdienstleistungsaufsicht unterband - stattdessen wurde die NDGK dann als Unterstützerkasse betrieben. Hier zeigte sich wieder der spiritistische Zug der Gruppe: Im Leistungsumfang war der Besuch ausgewählter Heilpraktiker vorgesehen. Ziel des Vereins "NeuDeutschland" war übrigens die Herstellung Deutschlands in den Grenzen vom 31. Dezember 1937, als in den Grenzen von vor dem 2. Weltkrieg inklusive heute polnischer und russischer Gebiete.

Klar faschistische Weltanschauung mit dem Antikommunismus als Kern

Aber auch in seinen Aussagen war Fitzek stets sehr deutlich. Den Ukrainekrieg ordnete er als Teil einer jüdisch-satanistischen Weltverschwörung ein, die die Endzeit herbei führen wolle, und der sowohl Putin, als auch Selenskyj angehören würden. Was Weidel erst im Gespräch mit Musk offen erklärte, dass wusste Fitzek schon immer: Für ihn ist klar, die Hitler-Diktatur war linksextremistisch! Die AfD war Fitzek wiederum nicht gut genug: Wer (in der Bundesrepublik Deutschland) politisch aktiv sein wollte, dem empfahl der die offen faschistischen "Freien Sachsen".

 

Trotz dieser vorgeblichen Abgrenzung zeigt das Wappen des Königreichs - heraldisch übrigens unzulässig in weiß und gold ausgeführt - eine Algiz-Rune über einer strahlenden Erdhalbkugel. Die Algiz-Rune war im Hitlerfaschismus ein gängiges Symbol, vor allem bekannt durch den "Lebensborn e. V.", eines von der SS getragenen Vereins, der sich der "Rassenhygiene" und der Förderung der Geburtenraten verschrieben hatte - natürlich auch mit der Verhinderung von Abtreibungen. Auch für die Verschleppung von "arischen" Kindern aus eroberten Gebieten war dieser Verein verantwortlich. Die Algiz-Rune war auch ein Zeichen der Abgrenzung gegen das Christentum - obwohl sich Fitzek als von Gott erwählter Souverän auf Lebenszeit bezeichnet. Seine Flagge war übrigens Gold, Rot und Schwarz - also die auf dem Kopf stehende Flagge der Bundesrepublik. Mit dem Aufbau der „Neuen Deutschen Garde“, in der sich ehemalige Kampfsportler organisierten, wollte sich das Königreich sogar eine eigene Polizei schaffen.

 

Zuletzt war das KRD die mitgliederstärkste Organisation aus der Reichsbürger-Szene. Etwa 6 000 Anhänger soll die Gruppe gehabt haben, deren Liegenschaften heute durchsucht wurden. Dabei wurden aber nur vier Mitglieder der Gruppe festgenommen, darunter auch der "König" Fitzek, oder auch "Peter I". Der war übrigens früher Koch und Kampfsportler. Die Durchsuchungen fanden in insgesamt sieben Bundesländern statt, darunter auch im brandenburgischen Landkreis Oder-Spree.

Menschen organisierten sich gegen das Königreich mit Erfolg

Dort hatten sich die Anwohner gegen die Eingliederung in das Reich ab 2023 gewehrt. Fitzek wollte 44 ha Land von einer Genossenschaft kaufen, aber die Rotenberger organisierten sich, bildeten das DemokratieBündnis Rutenberg e.V. und hingen Dutzende von Schildern auf: "Rutenberg braucht keinen König!" So konnten sie den Verkauf immer wieder hinauszögern und letztlich verhindern. Mit dem Verbot sehen sie ihre Ziele erstmal erreicht: "Mit einer schöneren Nachricht hätte der Tag nicht beginnen können", sagte Anja Rund, die Vorsitzende des Vereins, dem Nordkurier.

 

In der Erklärung des Bundesinnenministers Alexander Dobrindt heißt es unter anderem: "Das Verbot des "Königreich Deutschland" verdeutlicht, dass der demokratische Rechtsstaat es nicht hinnimmt, wenn sich Gruppierungen außerhalb von Recht und Gesetz verorten" - er verbietet die Gruppe, weil sie "außerhalb von Recht und Gesetz" stünde, aber nicht wegen ihres faschistischen Charakters. Kein Wort dazu! Und bedenkt man, dass das "Königreich" trotz seiner offenkundigen Mischung aus Faschismus, groß angelegtem Betrug und sonstiger illegaler Aktivitäten insgesamt 12 Jahre ihr Unwesen treiben konnte und ihre Strukturen erst jetzt angegriffen werden, ist auch diese Begründung eher Heuchelei.

 

Vor allen Dingen täuscht Dobrindt Aktivität vor, indem er gegen diese eine Gruppe vorgeht, gegen faschistische Gruppen insgesamt aber weiter nichts unternimmt, während wieder Zehntausende auf den Straßen für ein Verbot der faschistischen AfD demonstrieren. Notwendig ist nicht weniger als das sofortige Verbot aller faschistischen Organisationen wie auch der AfD und ihrer Propaganda - nach dem Potsdamer Abkommen wäre sie möglich, und zwar nicht minder schnell als das Verbot des "Königreichs Deutschland".