Unter der Taliban-Herrschaft
Afghanistan: Katastrophale Lage für Frauen und Mädchen
Die UN-Beauftragte für Afghanistan, Allison Davidian, schlägt Alarm: „Wir sind Zeugen eines Moments, in dem eine wachsende Zahl von Frauen und Mädchen unter den gegenwärtigen Umständen den Tod dem Leben vorzieht.“
Die Situation der Frauen und Mädchen in Afghanistan ist weitgehend aus den Nachrichten verschwunden außer mal ein Aufschrei über neueste Einschränkung im Leben der Frauen. Im Mittelpunkt steht die Hetze gegen „messerstechende junge Männer“, um die Aushöhlung jeglichen Asylrechts zu rechtfertigen.
Wo ist der „Kampf gegen Terror“, der „Einsatz für Frauenrechte“ hin, den Regierungen wie der USA und Deutschlands als Rechtfertigung für ihren Überfall 2001 in Afghanistan vorschoben? Laut der Revolutionary Association of the Women of Afghanistan - RAWA (1) - war „von Anfang an zu erkennen, dass sie hier in Afghanistan ihre eigenen schmutzigen geopolitischen Pläne und Interessen durchsetzen wollten. Außerdem kümmerten sie sich nicht um unser Volk, insbesondere nicht um die Frauen, sonst hätten sie nicht das frauenfeindlichste Element an die Macht gebracht: die Nordallianz und die heutigen Taliban.“ Die „Friedensverhandlungen“ mit den Taliban waren ein krasser Verrat an der afghanischen Bevölkerung, besonderes den Frauen und Mädchen.
Nach fast vier Jahren Talibanherrschaft ist das Ausmaß von Menschenverachtung und Frauenfeindlichkeit des fundamentalistisch-faschistischen Regimes deutlich. Jegliche Rechte von Frauen und Mädchen sind eingeschränkt bis abgeschafft. Armut, Gewalt, Zwangsheirat, Polygamie, Ausschluss von Bildung und Beteiligung am öffentlichen Leben beherrschen ihren Alltag. Rund 64 Prozent der Bevölkerung leben laut UN in Armut. Etwa die Hälfte der 41,5 Millionen Afghaninnen und Afghanen ist auf humanitäre Hilfe angewiesen, um zu überleben. 14 Millionen Menschen leiden unter akutem Hunger. Jetzt, wo die Bevölkerung in Afghanistan die Solidarität und Unterstützung dringend braucht, beschließen Trump und Merz, jegliche Flüchtlingsaufnahme aus Afghanistan zu stoppen.
HealthNet TPO, eine der größten medizinischen NGOs des Landes, berichtet 2023 von einer regelrechten „Epidemie psychischer Krankheiten“. 79% Frauen zeigen bei einer Befragung depressive Symptome. Stefan Engel hebt die gesamtgesellschaftlichen Gründe hervor: „In den letzten Jahren haben die krankmachenden Veränderungen der Umwelt und der Gesellschaft in zahlreichen Ländern zu einer epidemieartigen Zunahme psychischer Krankheiten geführt. Vor allem Depressionen, und Erschöpfungszustände, aber auch Angstzustände und Persönlichkeitsstörungen und Suchtkrankheiten belasten immer mehr Menschen. Die Krisenhaftigkeit des kapitalistischen Systems bildet die materielle Grundlage, auf der Umweltvergiftung, Dauerstress, Überausbeutung und soziale Unsicherheit Ängste auslöst“. (2)
Verschärfend wirken der rapide Verfall des Gesundheitssystems und die Wissenschaftsfeindlichkeit der Taliban. Sie verbieten z.B. Impfungen wie gegen Kinderlähmung (Polio). Afghanistan ist eines der beiden Länder der Welt, in denen das Polio-Wildvirus nicht ausgerottet ist. 3 Millionen Kinder sind ohne Impfung hoch gefährdet. (3) Frauen haben kaum Zugang zur Gesundheitsversorgung, Medikamente sind unbezahlbar, männliche Mitarbeiter dürfen keine Frauen behandeln. Mitarbeiterinnen gibt es kaum, Kenntnisse über psychische Krankheiten sind gering.
2019 war in Afghanistan wie in den meisten Ländern der Welt die Suizidrate von Männern doppelt so hoch wie bei Frauen. Inzwischen stieg die Rate der Suizidversuche von Frauen auf 80%, die Dunkelziffer ist hoch. „Afghanistan befindet sich inmitten einer Krise der psychischen Gesundheit, die durch eine Krise der Frauenrechte ausgelöst wurde“, sagt Alison Davidian, UN-Beauftragte für Frauen in Afghanistan. (4)
Aus wirtschaftlicher Not verkaufen manche Familien eine Tochter an einen Taliban, um vom dem Geld wenigsten den Rest der Familie ernähren zu können. Eine steigende Zahl dieser jungen Mädchen töten sich aus Verzweiflung, um diesem Elend zu entgehen. Doch das Außenministerium der Taliban behauptet gegenüber der Menschenrechtsbeauftragten der UNO vor seiner Machtübernahme habe es viele Fälle von Selbstmord von Frauen gegeben "aber durch die Gnade Allahs haben wir jetzt keine solchen Fälle." Suizid wird als unislamisch und beschämend angesehen und daher vertuscht.
Die Frauen von RAWA lassen sich nicht entmutigen. Ihr Slogan ist „Um die Frauen zu befreien, muss zuerst das Heimatland befreit werden". „Unser Kampf und unsere Opfer könnten die ersten Samen für eine Massenbewegung gegen Tyrannei, Kolonialismus und radikale Fanatiker von morgen sein.“ (5)
Die MLPD unterstützt von ganzem Herzen die mutigen Frauen in ihrem Kampf, die sich trotz brutaler Unterdrückung, Morddrohungen und Folter nicht von ihrem Kampf im Untergrund, aber immer wieder auch auf der Straße abhalten lassen. Wir hoffen, dass sich immer mehr Männer anschließen. Die afghanischen Frauen brauchen die volle Solidarität der Frauenbewegung und wir können von ihrem Mut und ihrem Optimismus lernen.
Wir fordern Aufnahme von afghanischen Flüchtlingen auf antifaschistischer Grundlage. Und einen Stopp von Abschiebungen nach Afghanistan.