Köln

Köln

Prozesse gegen elf Studierende wegen ihrer Palästinasolidarität

Für Rote Fahne News führte Gottfried Schweitzer aus Leverkusen ein Interview mit den Studentinnen Lea und Laura, die sich beim "Camp for Palestine Köln" engagieren.

Von gos
Prozesse gegen elf Studierende wegen ihrer Palästinasolidarität
Polizeieinsatz an der Uni Köln gegen Palästinasolidarität

Rote Fahne News: Hallo Lea und Laura! Ihr seid Studierende und aktiv bei “Camp for Palestine Köln”; jetzt stehen elf von euch vor Gericht: Der Rektor der Uni hat euch wegen Hausfriedensbruch angeklagt. Könnt ihr euch bitte kurz vorstellen?

 

Lea: Ich bin 21 und war schon 2019 bei Fridays for Future aktiv, hab mich da aber nicht wohl gefühlt. Ich bin Muslima, meine Mutter kommt aus Nordafrika, und ich habe schon an meiner Schule eine Arbeitsgruppe gegen Rassismus gegründet und geleitet. Mich regt auf, dass die BRD-Regierung nichts gegen den Genozid macht, sondern immer noch nur Israel unterstützt!

 

Laura: Ich bin 26, war auch bei FFF. Da hatte ich die Kritik, dass sie nicht sehen, wie die Sachen zusammenhängen, sondern sich nur auf eine Frage beschränken, sie sind liberal und haben keine Perspektive. Ich war bei der Seebrücke aktiv, und habe dann über Instagram von dem Camp erfahren und da mitgemacht.

 

Rote Fahne News: Wie begann das denn?

 

Lea: Anfang 2024 hat die Uni den israelischen Botschafter eingeladen, als Gast der "Kölner Gespräche zu Recht und Staat" durfte er zwei Stunden lang den Völkermord in Gaza vertuschen! Palästinensiche Studierende und andere stellten danach Forderungen an die Uni - ...

 

Laura: ... - die Uni soll den Genozid beim Namen nennen, sich am Wiederaufbau in Gaza beteiligen, palästinensische Studierende unterstützen – die Uni reagierte mit keiner Silbe. Daraufhin veranstalteten viele ein Protestcamp, - den ganzen Juni über zelteten wir vor der Mensa – das war städtisches Gelände. Machten Infostände, Veranstaltungen.

 

Lea: Zu dem Zeitpunkt lief der Genozid bereits seit über zehn Monaten, weit über 40.000 ermordete Menschen, über 100.000 schwerverletzte Menschen, die fast vollständige Zerstörung der Infrastruktur, des Gesundheits- und des Bildungssystems, kein Zugang zu humanitärer Versorgung, und unzählige völkerrechtliche Verbrechen. Der Rektor bot ein Gespräch mit zwei von uns hinter verschlossenen Türen an - er glaubte anscheinend, er könnte uns in 30 Minuten stilllegen.

 

Laura: Am 4. Juli 2024 blockierten dann rund elf Studierende den Haupteingang der Universität symbolisch; sie setzten sich auf den Boden. Um sie herum: Blaue Zelte und Banner mit den Aufschriften “Decolonize Academia” und “All Universities bombed in Gaza”. Es begann um 7.35 Uhr und endete gegen 10.30 Uhr. Der Rektor rief die Polizei. Aber die Kölner Polizei griff nicht ein. Sie wartete ab, bis eine Hundertschaft Bereitschaftspolizei aus Aachen kam; die trugen dann die elf weg.

 

Lea: Und danach stellte der Rektor Anzeige wegen Hausfriedensbruch. Schon früher hatte die Uni versucht, Studierende mit Kuffiyehs nicht ins Hauptgebäude zu lassen, oder aufgefordert, propalästinensische Sticker von Rucksäcken zu entfernen.

 

Laura: Dass die Unis mit Staatsgewalt reagieren, wird immer häufiger, so in Berlin oder Duisburg, wo eine Soligruppe von Studierenden mit Gaza einfach verboten wurde. Das “Camp for Palestine Köln” hat das auf unserer Instagramseite so qualifiziert : “Dies sind keine Einzelfälle, sondern Teil einer breiten Kriminalisierung palästinasolidarischer Stimmen in Deutschland und weltweit.”

 

Rote Fahne News: Wie ist denn die Stimmung unter den Studierenden zu euren Aktionen?

 

Lea: Aufgeschlossen, interessiert, aber oft noch nicht engagiert. Viele stellen Studium – Karriere – Job an die erste Stelle. Auch im Studierenden-Parlament hält sich die Mehrheit der „Unabhängigen“ ganz aus dieser Frage raus.

 

Laura: Vor zwei Wochen, als Rechtsanwalt Roland Meister im Hörsaal einen propalästinensischen Vortrag hielt, waren unter den 50 Zuhörern ja auch zehn Zionisten. Aber der Vortrag war fachlich so kompetent, dass sie keinen Mucks wagten. Einige von denen sind eigentlich gegen Faschismus – ich verstehe nicht, wo die falsch abgebogen sind.

 

Rote Fahne News: Wie gehts jetzt weiter?

 

Laura: Am 12. Mai ist wieder ein Prozess vor dem Amtsgericht gegen einen von den elf Angeklagten. Einer wurde schon verurteilt: 75 Tage Gefängnis, falls er nicht eine Geldstrafe von 1075 Euro zahlt. Wir wollen uns mit Flyern und Infoständen noch einmal an die breite Menge der Studierenden wenden.

 

Lea: Und vor dem Prozess, der um 11.30 Uhr beginnt, wollen wir eine Kundgebung vor dem Amtsgericht machen. Das nehmen wir nicht hin, dass selbst nach 19 Monaten Genozid Palästinasolidarität von der Uni und der Justiz härter verurteilt wird als die Gräueltaten des Staates Israel selbst!

 

Rote Fahne News: Viel Erfolg – und vielen Dank für das Interview!

 

Lea & Laura: Nein – wir danken dir, dass du uns interviewt hast!