Reisebericht
10.000 am 1. Mai in Porto / Portugal
Auch im Urlaub ist uns der internationale Kampftag der Arbeiterklasse wichtig.
Den Kundgebungsplatz des Gewerkschaftsverbandes CGTP fanden wir fast leer vor. Ein paar Häuser weiter war die Aufstellung der Gewerkschaft des Einzelhandels. Wir hissen die MLPD / ICOR – Fahne. Eine junge Verkäuferin schaut fragend. Kurz erklärt – sagt sie „We join us“. So halten wir auch ihr Transparent und marschieren gemeinsam zum Kundgebungsplatz, der sich immer mehr füllt.
Die meist gerufene Parole war „CGTP vereinigte Gewerkschaft“. Das Lied der Nelken-Revolution wird gespielt – Rede des Gewerkschaftssekretärs – zwei Verse der „Internationale“ – unmittelbar danach die portugiesische Nationalhymne.
Währenddessen hat die Aufstellung zur gemeinsamen Demonstration schon begonnen. Diese füllt die Straßen Portos. Wir schätzen: „Mindestens 10.000 Menschen“. Die Parole „35-Stunden-Woche, jetzt!“ war eine der wichtigsten. Wir hörten Parolen gegen den Faschismus. Auch „1150 Euro Mindestlohn“ wurde gefordert. Ein Kollege mit „Palästinensertuch“ am Transparent „Mindestlohn“ freut sich, dass wir aus Deutschland dabei sind.
Wir marschieren dahinter durch die Einkaufstraßen und zwischen den historischen Gebäuden Portos. Passanten am Straßenrand riefen die Parolen mit, andere klatschten. So geht es zurück zum Kundgebungsplatz, der zum Familienfest wurde. Auch wenn wir uns nur im „Hauptschulenglisch“ verständigen konnten, so wurden wir uns in vielem einig. Gegen die faschistische Tendenz in Portugal und die akute faschistische Gefahr in Deutschland, die Kriegsgefahr und die Umweltzerstörung, die in Portugal auch mit dem Lithiumabbau auf Widerstand stößt.
Eine Gruppe hatte eine riesige Palästinenserfahne, auch einzelne waren zu sehen. Wenige rote / schwarze Fahnen der Anarchisten bzw. Anarchosyndikalisten waren dabei. Parteifahnen – außer unserer - aber nicht. Wir wurden immer wieder auf unsere Parteifahne angesprochen, kamen so ins Gespräch. Sie freuten sich, dass wir teilnehmen. Es entstand eine große Verbundenheit über Ländergrenzen hinweg. Wir sprachen mit Mitgliedern der PCP (Euro-Kommunisten), die sich selbst als Marxisten-Leninisten bezeichneten. In der Einschätzung der Krisenhaftigkeit des Kapitalismus waren wir uns einig. Ein deutschsprachiges Mitglied der PCP meinte trotzdem, dass Portugal ein bisschen sozialistisch wäre und dass sie selbst den revolutionären Kampf um die Arbeitermacht aufgegeben hätte.
Anders verschiedene Menschen, die sich angesichts unserer Fahne auch als Marxisten-Leninisten ausgaben und für den Kampf um den echten Sozialismus eintraten.
Junge Leute: „Ja, wir kennen euch – Kameraden – schön, dass ihr hier seid.“ Das Partei-Programm der MLPD und der Flyer zum Rebellischen Musikfestival werden da gerne genommen. Mit einem Kollegen sind wir uns einig, dass auf dem 20. Parteitag der KPDSU der Sozialismus verraten wurde. Mit einem anderen, der sich auch als Marxist-Leninist bekannte, eine Umarmung und Foto mit unserer Fahne. Zum Ende winkt uns eine Gruppe Männer, denen man auch die Spuren der Arbeit ansah, zu sich. Sofort das instinktive Gefühl der gemeinsamen Klassenzusammengehörigkeit.