Oldenburg

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Zehntausend bei Gedenkkundgebung für Lorenz

Am Freitagabend war die Oldenburger Innenstadt geprägt von einer überwältigenden Solidaritätskundgebung und Demonstration.

Von einer Korrespondentin

10.000 Menschen brachten ihre Anteilnahme, Trauer und Wut über die Ermordung von Lorenz Adje zum Ausdruck. Lorenz, 21 Jahre alt, Deutscher, "aber" schwarz, wurde in der Nacht zu Ostersonntag von der Polizei von hinten erschossen. Fünf Schüsse waren es, drei davon tödlich. Einer traf den Hinterkopf. "Das kommt einer Hinrichtung gleich", meinten manche.


Vorausgegangen war ein Streit vor einer Disco, wobei Lorenz Pfefferspray gesprüht haben soll. Er wurde dann von der Polizei durch einige dunkle Gassen regelrecht gejagt, bis ihn ein Polizist von hinten erschoss. Merkwürdigerweise waren alle Bodycams trotz der angeblichen Bedrohungslage ausgeschaltet.


Die Kundgebung hatte den Charakter einer würdigen Gedenk- und gleichzeitigen Protestveranstaltung. Überwiegend Jugendliche von einem "Bündnis Gerechtigkeit für Lorenz" hatten dies organisiert. Lorenz hatte einen großen Freundeskreis, war aktiv im Fußballverein und ein bekannter Basketballspieler. Sein Traum war es, Tischler zu werden.


Auf der großen Bühne wurden erschütternde und gleichzeitig kämpferische Beiträge gehalten. Eines wurde deutlich: Lorenz war kein Einzelfall! Aus etlichen Städten wie Bremen, Hamburg, Essen und Dortmund waren Vertreter anderer Initiativen angereist, die die Ermordung schwarzer Mitmenschen durch Polizisten anprangerten. So sprach auch ein Bruder von Mouhamed Dramé, der 2022 in Dortmund von einem Polizisten mit einer Maschinenpistole erschossen wurde.


Die Kundgebung war geprägt von großer Disziplin und Einigkeit. Lorenz' Mutter, die vor Kummer nicht schlafen, nicht essen und nicht aus dem Haus gehen konnte, schickte eine Botschaft. Sie bedankte sich für die große Anteilnahme und bat, dass die Kundgebung friedlich verlaufen sollte. Sehr bewegend war die Schweigeminute zum Gedenken aller Opfer tödlicher Polizeigewalt: 10.000 Menschen, und absolute Stille.

 

Kurz darauf waren aber auch einheitliche Sprechchöre wie: "No Justice – no Peace" oder: "Lorenz war Mord! Oury Jalloh – Mord! Quosay – Mord! Mouhamed – Mord! ..." zu hören. Sie galten allen bekannten Opfern des Rassismus innerhalb des Polizeiapparates.

 

Während AfD-Vertreter in den Medien posteten, man müsse sich grundsätzlich hinter die Polizei stellen, brachten die Kundgebungsteilnehmer die Entschlossenheit zum Ausdruck, in allen Fällen eine lückenlose Aufklärung und die Bestrafung der Täter durchzusetzen sowie dem Rassismus im Staatsapparat entgegenzutreten.


Bei der anschließenden machtvollen Demonstration wurden ununterbrochen Parolen gerufen, unter anderem: "Hoch die internationale Solidarität!".


Am nächsten Tag sprachen wir lange mit Passanten vor dem Blumenmeer an der Stelle, an der  Lorenz ermordet wurde. Einige ließen sich durch gezielte Falschmeldungen verunsichern. So wurde von einem "Messerangreifer" gesprochen oder davon, dass Lorenz vorbestraft gewesen sei. Beides musste dementiert werden!


Tatsache ist, dass die Zahl tödlicher Polizeischüsse im Jahr 2024 laut Statistik der Innenministerkonferenz auf einen Höchststand gestiegen ist. Und in diesem Jahr wurden schon jetzt elf Menschen durch die Polizei getötet. Auch die Polizeigewalt gegenüber fortschrittlichen friedlichen Demonstranten nimmt zu. Mit den neuen Polizeigesetzen bereitet sich der Staatsapparat auf eine revolutionäre Bewegung vor. Das ist Ausdruck der zunehmenden Faschisierung des Staatsapparates.


Aber die eindrucksvolle Kundgebung und Demo in Oldenburg und die gleichzeitigen Solidaritätskundgebungen in vielen anderen Städten zeigen: So leicht lassen sich die Menschen nicht einschüchtern und spalten!